Aus der Hochschule

Frankfurter Pharmazie geht neue Wege

Beatrice Bachmeier folgt dem Ruf auf Stiftungsprofessur für Arzneimittel-Versorgungsforschung

Seit 1. Juli 2021 ist die „Dr.-Willmar-Schwabe-Stiftungsprofessur für Arzneimittel-Versorgungsforschung – Schwerpunkt Phytotherapie“ mit Beatrice Bachmeier besetzt. Die Frankfurter Pharmazie geht damit neue Wege und schließt die wissenschaftliche Lücke zwischen der Grundlagenforschung an pflanz­lichen Arzneistoffen in der Pharmazeutischen Biologie und der praxisorientierten Forschung zur Arzneimittelanwendung am Patienten in der Klinischen Pharmazie. Dadurch wird auch eine Brücke in die Medizin geschlagen.

Die Arzneimittel-Versorgungsforschung ist ein junges, interdisziplinäres Fach und beschäftigt sich mit der Anwendung von Arzneimitteln in der realen Welt der Patientenversorgung – also jenseits der großen klinischen Phase-III-Studien, die aus Sicht des therapeutischen Alltags doch recht ­artifiziell sind. Das Thema ist noch so jung, dass es noch nicht in alle Bereiche unseres Arzneimittelschatzes vorgedrungen ist: In der Phytotherapie gibt es bisher keine Versorgungsforschung!

Foto: Privat

Prof. Dr. Beatrice Bachmeier soll den wirkungsvollen Einsatz von Phytotherapeutika voranbringen.

Pflanzliche Arzneimittel spielen eine wichtige Rolle im therapeutischen Alltag und finden zunehmend Eingang in medizinische Leitlinien. Dem enormen Erkenntnisgewinn in der Phytochemie und Phytopharmakologie während der letzten Jahrzehnte steht eine eklatante Wissenslücke in zentralen Fragen der Versorgungsforschung gegenüber: Wie sieht die derzeitige Versorgungssituation mit pflanzlichen Arzneimitteln in Deutschland aus und welche Wirkungserwartungen gibt es in der Bevölkerung? Welchen Beitrag leisten Phytopharmaka in der evidenzbasierten apothekerlichen und ärztlichen Versorgung und wie werden die Leit­linienempfehlungen umgesetzt? Diese und etliche weitere Fragestellungen sind nicht nur in der Forschung interessant, sondern auch für die Lehre und in der Fort- und Weiterbildung relevant – in der Pharmazie wie in der Medizin. Daraus ergibt sich zwanglos ein Brückenschlag für gemeinsame (Lehr-)Veranstaltungen für Pharmazeuten und Mediziner. Neben einer wissenschaftlichen Aufarbeitung ­müssen die Forschungsergebnisse ­aktiv kommuniziert und einer breiten Öffentlichkeit laienverständlich kommuniziert werden.

Um das alles umzusetzen, ist eine solide finanzierte Professur unerlässlich. Das ohnehin schon recht limitierte Budget einer Universität oder eines Fachbereichs reicht hierfür nicht aus. Wir freuen uns sehr, dass die Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG die Mittel für die Professur für sieben Jahre bereitstellt und Forschung und Lehre in diesem besonderen Themen-Bereich ermöglicht, der sicherlich nicht im Mainstream der pharmazeutischen Wissenschaften liegt. Dieses große finanzielle Engagement zeigt den Mut und Weitblick des Unternehmens, den neuen Weg zu gehen. Selbstverständlich hatte die Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG – gemäß dem Stifterkodex der Goethe-Universität Frankfurt und dem Gebot der Wahrung wissenschaftlicher Unabhängigkeit – keinerlei Einfluss auf die Auswahl der zu berufenden Person und darf auch keine Vorgaben hinsichtlich Forschungsrichtung und Lehre machen.

Das Frankfurter Kollegium freut sich sehr, dass Beatrice Bachmeier den Ruf auf diese ganz besondere Professur angenommen hat. Frau Bachmeier vereint in idealer Weise Erfahrungen aus den molekularen Lebenswissenschaften mit Expertise in der Versorgungsforschung. Begonnen hat Frau Bachmeier ihre wissenschaftliche Laufbahn mit einem Diplom in Chemie und einer Diplomarbeit an der Medizinischen Fakultät der Universität Regensburg im Fach Virologie. Nach ihrer Promotion an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitierte sie sich schließlich im Fach Onkologie und molekulare Pathobiochemie und widmete sich dabei auch dem Einsatz pflanzlicher Arzneimittel in der therapeutischen Intervention.

In den letzten Jahren beschäftigte sie sich intensiv mit Prävention, Komplementärmedizin und Versorgungsforschung. Ihre Forschung umfasst die Datenerhebung zu Gesundheitsstatus, Beschwerden, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Interventionsmaßnahmen und Interventionserfolgen/-misserfolgen. Im Gesundheitsportal VITERIO, das derzeit an der Goethe-Universität etabliert wird, werden Patientendaten bei verschiedenen Indikationen, wie zum Beispiel chronische und Stoffwechsel-Erkrankungen erfasst. Diese werden im Laufe eines Therapiekonzepts als Patient-Reported Outcomes (PRO) und Real World Evidence (RWE) erfasst und ausgewertet und dienen als Informationspool für Interventionsstrategien und die Versorgungsforschung. Hauptziel der Forschung von Frau Bachmeier wird es sein, Phytotherapeutika in innovativen Therapie- und Präventionsstrategien nutzbringend – also wirkungsvoll und nebenwirkungsarm – in der Bevölkerung einsetzbar zu machen.

Wir freuen uns sehr, dass wir Frau Bachmeier als neues Mitglied der Frankfurter Pharmazie begrüßen können, und wünschen unserer neuen Kollegin einen ­guten Start, viel Erfolg und alles Gute! |

Im Namen der Frankfurter Pharmazie-Professorinnen und -Professoren

Prof. Dr. Robert Fürst

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