Prisma

(Problematische) Bisphenole

Neue Erkenntnisse zur Genexpression

Foto: monticellllo/AdobeStock

Auch Bisphenol F kann die Expression bestimmter Gene beeinflussen – zumindest bei Mädchen scheint das die kognitive Leistung nicht zu beeinträchtigen.

us | Bisphenol A (BPA) kommt in vielen Kunststoffen vor und hat einen schlechten Ruf. Die Substanz hat eine hormonähnliche Wirkung auf den Menschen. Manche Hersteller werben daher auf ihren Produkten mit dem Slogan „BPA-frei“. Aber auch andere Bisphenole, die möglicherweise als Ersatzstoffe infrage kämen, sind nicht unkritisch. In einer umfangreichen Studie haben schwedische Toxikologen nachvollzogen, welche Auswirkungen die Exposition gegenüber Bisphenol F (BPF) im Mutterleib auf die kognitive Entwicklung der Kinder hat. In frü­heren Tierstudien zeigte sich bereits, dass eine Bisphenol-A-Exposition bei Ratten epigenetische Veränderungen im Hippocampus hervorruft, die die Genexpression beeinflussen. Um ähnliche Effekte beim Menschen zu untersuchen, analysierten die Wissenschaftler zunächst Urinproben schwangerer Frauen und bestimmten die Konzentration an Bisphenol F. Nach der Geburt nahmen sie DNA-Proben des Nachwuchses mittels eines Wangenabstrichs. Psychologen untersuchten schließlich die Intelligenz und kognitive Leistungsfähigkeit bei 799 der Kinder im Alter von sieben Jahren. Bei den Auswertungen lag der Fokus auf dem Gen GRIN2B, dass für einen Teil des NMDA-Rezeptors codiert. Demnach war eine pränatal erhöhte Konzentration an Bisphenol F mit einer verstärkten Methylierung eines Bereichs dieses Gens assoziiert. Die Methylierung eines Gens hat meist eine Veränderung der Transkription zur Folge. Die Methylierung des GRIN2B-Gens wiederum war invers assoziiert mit der kognitiven Leistung der Kinder. Statistisch signifikant war dieser Zusammenhang jedoch nur bei Jungen. Mädchen, die im Mutterleib erhöhten Konzentrationen an Bisphenol F ausgesetzt waren und epigenetische Modifizierungen am GRIN2B-Gen aufwiesen, zeigten kaum kognitive Ein­bußen. Der genaue Mechanismus, der hinter dieser beunruhigenden Wirkung steckt, ist noch ungeklärt. Die Studie zeigt jedoch die Gefahr für die Gesundheit einer Gesellschaft, die vom großflächigen Eintrag endokriner Disruptoren in die Umwelt ausgeht. |

Literatur

Engdahl E et al. DNA methylation at GRIN2B partially mediates the association between prenatal bisphenol F exposure and cognitive functions in 7-year-old children in the SELMA study. Environ Int 2021;156:106617, doi: 10.1016/j.envint.2021.106617

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