Die Seite 3

Schwierig, aber machbar

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Bis Ende Juni soll sich die Selbstverwaltung über die neuen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen einigen. Doch aus den Verhandlungen sickert nichts heraus. Will die ABDA alle mit einem großartigen Konzept überraschen? Oder soll die jahrelange Geheimhaltung verbergen, dass die ABDA immer noch kein ­Konzept für die neuen Leistungen hat? Je näher der Termin rückt, umso mehr wachsen die Befürchtungen.

Die Aufgabe für die Verhandlungen erscheint zwar schwierig, aber machbar. Zuerst geht es um die Auswahl der Leistungen. Mit etwa 100 Optionen, die in der Bundesapothekerkammer diskutiert worden sein sollen, dürfte das eher die Qual der Wahl sein. Die Medikationsanalyse als Einstieg in die künftige systematische pharmazeutische Betreuung gilt vielen als gesetzt. Da die personellen und finanziellen Mittel begrenzt sind, können solche Analysen nur bei besonderem Bedarf stattfinden. Um das neue Konzept bei den Patienten und in den Apotheken zu etablieren, muss es daneben auch häufigere und damit zwangsläufig „kleinere“ Leistungen geben. Für abgabebegleitende Vorgänge, die bisher ohne Honorar stattfinden, dürfte eine neue Honorierung kaum durchzusetzen sein. Dieses Problem entsteht immer, wenn die normative Kraft der Versorgungsrealität dazu zwingt, in Vorleistung zu gehen. Stattdessen sollte es um Leistungen bei zusätzlichen Patientenkontakten gehen. Follow-up-Telefonate nach Erstverordnungen und Überprüfungen der Inhalationstechnik bei Dosieraerosolen liegen daher nahe. Gut für Patienten und Apotheken ist alles, was mehr pharmazeutische Expertise in die Versorgung bringt. Gefährlich ist dagegen alles, was die Apotheken zu Lückenbüßern der ärztlichen Versorgung macht. Für die Krankenkassen liegt es nahe, die Apotheken einzusetzen, um bei den Ärzten zu sparen. Beispiele aus Ländern mit weniger Ärzten weisen in diese Richtung. Kurzfristig würde das Ärger mit den Ärzten bringen. Langfristig würde damit für Zeiten des zunehmenden Ärztemangels ein problematischer Weg eingeschlagen, bei dem kein Platz mehr für innovative pharmazeutische Angebote bliebe. Doch um die geht es. Darum sollten auch Impfungen – also delegierte ärztliche Aufgaben – nicht aus den Mitteln für pharmazeutische Dienstleistungen bezahlt werden.

Das „neue“ Geld ist für Neues aus der Pharmazie gedacht. Der Gesetzgeber hat die Finanzierung gesichert, aber die Selbstverwaltung muss eine Honorierung finden, die bei den Apotheken ankommt. Dabei muss ein begrenztes Budget auf eine prinzipiell unbegrenzte Zahl von Leistungen verteilt werden. Je besser die Leistungen ankommen, umso eher droht den Apotheken der Hamsterradeffekt. Auch das erscheint schwierig, aber machbar. Dies zeigt der Vorschlag auf Seite 20. Das dort beschriebene zweistufige Konzept sollte die Fehlanreize beseitigen und tragfähige Honorare sichern. Vielleicht beschleunigt diese neue Idee das Gelingen, denn die ABDA hat auch dazu bisher nichts präsentiert. Die Zeit drängt und die Sorgen nehmen zu. Der VdPP warnt in einem Positionspapier bereits davor, die Chancen für die Apotheker zu verspielen (siehe Seite 16). Letztlich sollten sich alle Beteiligten bewusst machen: Ab dem 15. Dezember sind die neuen Zuschläge auf Rx-Packungen vorgeschrieben. Die Frage ist nicht, ob die Krankenkassen zahlen müssen, sondern welche Leistungen die Patienten für das Geld erhalten werden.

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

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