Interpharm online 2021

Testen, testen, testen – was ist zu beachten?

Viele Möglichkeiten, aber auch bürokratische Hürden für Corona-Tests durch Apotheken

ks | Seit Ende Januar können Apotheken nach der Coronavirus-Testverordnung mit der Durchführung von Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 betraut werden. Nachdem im März der sogenannte Bürgertest eingeführt wurde, steigt die Zahl der Apotheken, die diese Testungen anbieten. Doch die Regelungen rund ums Testen sind nicht so präzise und eindeutig, wie man es sich wünschen würde – das machte der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser beim diesjährigen ApothekenRechtTag online deutlich.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Timo Kieser

Die Corona-Testverordnung gibt gesetzlich Krankenversicherten ebenso wie privat- und nichtversicherten Personen einen Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2. ­Bezahlt werden diese PCR-Tests und PoC-Antigentests aus Bundesmitteln. Ein Anspruch nach der Testverordnung besteht jedoch nicht, wenn es einen anderweitigen Anspruch gibt, für den andere Kostenträger aufkommen müssen. Und hier tun sich die ersten Probleme auf – auch für Apotheken, die beauftragt sind, Tests durchzuführen. So gibt es Unternehmen oder auch Schulen, die selbst Tests anbieten müssen, aber gerne auf die in § 4a Testverordnung geregelten Bürger­testungen zurückgreifen würden.

Doch Kieser mahnte: Die SARS-CoV-2-­Arbeitschutzverordnung vom 21. April 2021 bestimmt, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern, die nicht im Homeoffice sind, zwei Mal pro Woche einen Test anbieten müssen. § 5 Abs. 2 der Verordnung besagt: „Nachweise über die Beschaffung von Tests nach Absatz 1 oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten sind vom Arbeitgeber bis zum 30. Juni 2021 aufzubewahren.“ Demnach können Unternehmen also durchaus Dritte, d. h. fachkundige Personen oder Institutionen, mit Testungen beauftragen – und somit auch Apotheken. Aber: Dies sind dann keine Bürgertests nach § 4a Testverordnung, die über die Kassenärzt­lichen Vereinigungen abgerechnet werden können. „Da muss man genau schauen und mit dem Unternehmen eine separate Vergütungsvereinbarung treffen“, betonte Kieser. Die Pflichten der Unternehmen dürften hier nicht auf einen anderen Kostenträger abgewälzt werden.

Ähnlich ist es bei Schulen: Nach den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (§ 28b Abs. 3 IfSG) ist Präsenzunterricht nur zulässig, wenn Schüler und Lehrer zwei Mal pro Woche getestet werden. Und diese Tests sind von den Schulträgern zu stellen und zu bezahlen. Zwar ist es auch hier grundsätzlich möglich, die Schüler von Apotheken testen zu lassen – sei es in oder außerhalb der Schule. Aber dies geht ebenfalls nur mit einer separaten Vergütungsvereinbarung und einer Bezahlung aus dem Schulhaushalt.

Bürgertest: Jetzt für alle

Kieser wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass es mit Blick auf den Bürgertest in der vergangenen Woche eine Änderung der Testverordnung gab: Es bleibt dabei, dass asymptomatische Personen mindestens einmal pro Woche einen solchen Test in Anspruch nehmen können – aber sie müssen nun nicht mehr gegenüber dem Leistungserbringer darlegen, dass sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Getestet werden kann jetzt also jeder, mag er in Deutschland auch nur auf Durchreise sein. Die Apotheke hat hier keine Prüfpflichten. Die unveränderte Formulierung „mindestens einmal wöchentlich“ ist für die Apotheken ebenfalls nicht von Belang. Sie müssen nicht überprüfen, wie oft sich jemand testen lässt. Auf keinen Fall sollten Apotheken Personalien der zu testenden Personen erheben, um die Häufigkeit der Tests zu dokumentieren – anderenfalls würden Datenschützer schnell hellhörig, so Kieser. Eine Vorlage des Ausweises ist nur nötig, um sicherzustellen, dass die zu testende Person auch die ist, die sich angemeldet hat, sodass am Ende die Testbescheinigung auf den richtigen Namen ausgestellt werden kann.

Was die Verordnung noch regelt, ist die Vergütung und die Finanzierung der Tests. Irritierend ist die Ungleichbehandlung bei der Vergütung: Apotheken erhalten nur 12 Euro, während die Mediziner 15 Euro für die Durchführung eines Tests bekommen (eine Ausnahme gilt in Bayern, das die drei Euro aufstockt). Für den Test selbst erhalten die Apotheken die tatsächlichen Beschaffungskosten bis zu einer maximalen Höhe von 6 Euro. Diese Tests sind umsatzsteuerfrei – allerdings ist eine gesonderte Verbuchung nötig.

Wo darf getestet werden?

Doch trotz aller Regelungen in den Verordnungen: „Der Teufel steckt im Detail und in der unterschiedlichen Herangehensweise der Behörden“, betonte Kieser. So zum Beispiel bei der Frage, wo die Testungen durchgeführt werden dürfen. Unproblematisch ist dies, solange in Räumlichkeiten getestet wird, die von der Apothekenbetriebserlaubnis und dem Grundsatz der Raumeinheit umfasst sind, und die Arzneimittelversorgung nicht beeinträchtigt wird. Die Abgabe von Arzneimitteln muss also ungestört weiter möglich sein. Deshalb – und aus Infektionsschutzgründen – bietet sich eine Trennung vom normalen Apothekenbetrieb an: Wenn möglich, sollte es einen getrennten Zugang geben, ggf. kann ein Beratungszimmer oder eine Kosmetikkabine genutzt werden.

Etwas schwieriger wird es bei Räumen, die zwar von der Betriebserlaubnis erfasst sind, aber eine Ausnahme von der Raumeinheit bilden. Diese sieht die Apothekenbetriebsordnung etwa für Lager- und Versandräume vor, wenn sie in „angemessener Nähe“ zu den übrigen Betriebsräumen liegen. Testräume werden in der Apothekenbetriebsordnung nicht als mögliche Ausnahme von der Raumeinheit genannt. Für Kieser spricht aus Infektionsschutzgesichtspunkten aber nichts dagegen, zum Beispiel in Versand- oder Lagerräumen Tests anzubieten. Die allermeisten Behörden, so der Anwalt, legten den Apotheken hier auch keine Steine in den Weg.

Kritischer wird es, wenn außerhalb der von der Betriebserlaubnis erfassten Räumlichkeiten getestet werden soll, etwa in Zelten, extra angemieteten Räumen oder in Betrieben, Schulen oder Kindergärten (wobei bei Letzteren klar sein muss, dass dort keine „Bürgertestungen“ durchgeführt werden). Hier gibt es für Apothekenleiter zwei Möglichkeiten: Entweder sie melden ein separates Gewerbe an oder sie unterbreiten ihr Angebot als Apotheke. Entscheidet man sich für Ersteres, benötigt man zunächst fachkundiges Personal; wer als Apothekenleiter selbst tätig werden will, muss eine Nebentätigkeit anzeigen (§ 2 Abs. 3 ApBetrO). In solchen Fällen fragen die Behörden regelmäßig kritisch nach und möchten nähere Details wissen. Zudem ist eine separate Steuererklärung nötig. Auch muss eine Ermächtigung nicht als „Apotheke“ sondern als „Anbieter, der eine ordnungsgemäße Durchführung garantiert“, eingeholt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 TestVO). Wichtig ist auch: Man darf nicht als Apotheke auftreten (z. B. „Testzentrum der X-Apotheke“), denn das wäre irreführend.

Wer als Apotheke Angebote außerhalb seiner Betriebsräume machen will, muss – je nach Bundesland – mit einem gewissen Gegenwind rechnen. Mancherorts wird hier auf die Raumbindung verwiesen. Kieser meint allerdings: Die Raumbindung gelte nur für „monopolisierte Tätigkeiten“, also solche, die nur die Apotheke anbieten könne – und das sei beim Testangebot gerade nicht der Fall. Argumentieren könne man hier mit der Rechtsprechung, z. B. mit dem bereits vor 25 Jahren ergangenen „Schütten-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 16.10.1996, Az.: 1 BvR 922/94), wonach freiverkäufliche Arzneimittel und apothekenübliche Waren von Apotheken auch außerhalb der Apothekenbetriebsräume angeboten werden dürfen. Das Verwaltungsgericht Köln befand es in einem Beschluss vom 7. Juni 2002 überdies für zulässig, dass ein Apotheker auf einer Gesundheitsmesse unter dem Logo seiner Apotheke Körperwertmessungen durchführt (Az.: 9 L 1355/02). Letztlich, so Kieser, gebe es nur wenige Argumente, einem Apotheker zu verbieten, Tests unter dem Logo seiner Apotheke außerhalb der Betriebsräume anzubieten – also etwa auf einem Parkplatz, in einem Einkaufszentrum oder auch in Unternehmen. Nach seiner Wahrnehmung, setze sich in den Regionen „zunehmend die Vernunft durch“.

SARS-CoV-2-AMVersVO eröffnet Behörden Spielräume

Dazu trage wohl auch eine Bestimmung in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung bei: Bereits seit Ende März vergangenen Jahres lässt diese in § 2 zu, dass Behörden von den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung (z. B. zum Personaleinsatz und Räumlichkeiten) abweichen können, soweit dies zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren erforderlich ist. Das Problem sei auch hier der Föderalismus, so Kieser. Während es mancherorts großzügige Allgemeinverfügungen gibt, sehen andere Behörden die Sache eng. Möglicherweise ist nicht allen die Existenz dieser Regelung bewusst. Kiesers Botschaft an die Apotheken lautet hier: Auch wenn die Behörde erst einmal nein sagt, sollten Apotheken nicht so schnell aufgeben. Möglicherweise gebe es doch einen Weg zueinander zu finden.

Ist der Test vollbracht, müssen Apotheken ein negatives Ergebnis schriftlich oder elektronisch bescheinigen. Fällt der Test positiv aus, ist zudem eine ­unverzügliche Meldung ans Gesundheitsamt nötig (wenn die Meldung später als 24 Stunden später erfolgt, ist dies eine Ordnungswidrigkeit!). Die Testperson ist auf die Quarantänepflichten hinzuweisen, ebenso auf die Durchführung eines PCR-Tests, für den die Apotheke die Probe entnehmen kann. Keinesfalls, so Kieser, dürfe ein positiver Test negativ bescheinigt werden. |

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