Pandemie Spezial

Medikamentöse Prophylaxe wenig erfolgreich

Kein überzeugender Nutzen von Hydroxychloroquin und Ivermectin

Impfungen und das Einhalten von Abstands- und Hygieneregeln sind wirksame Bausteine zur Prävention von COVID-19-Erkrankungen. Wie effektiv pharmakotherapeutische Maßnahmen in der Prävention sind, wurde mithilfe eines systematischen Reviews und einer Metaanalyse untersucht.

Strategien einer Prä- oder Post-Expositionsprophylaxe sind nicht neu, man denke nur an die medikamentöse Prophylaxe des humanen Immundefizienzvirus (HIV) oder Hepatitis B. Angesichts weltweit steigender SARS-CoV-2-Infektionen und dem begrenzten Zugang zu Impfstoffen wird nach weiteren Möglichkeiten der Prävention gesucht. Ob die derzeit hierfür eingesetzten Wirkstoffe den gewünschten Erfolg haben, wurde in einem systematischen Review und einer darauf basierenden Metaanalyse untersucht. Die erforderlichen Daten wurden der „World Health Organization covid-19 database“ und mehreren chinesischen Datenbanken entnommen. In Betracht kamen randomisierte Studien, in denen Probanden mit einem hohen Risiko für eine COVID-19-Erkrankung eine medikamentöse Prophylaxe oder ein Placebo erhalten hatten. Ausgewertet wurden neun Studien:

  • in sechs Studien mit 6059 Probanden wurde Hydroxychloroquin eingesetzt,
  • in zwei Studien Ivermectin (n = 540) und
  • in einer Studie (n = 234) die Kombination aus Ivermectin und Iota-­Carrageen, einem aus Rotalgen gewonnenen Gemisch langkettiger, sulfatierter Galactose-Polymere.

Für die Beurteilung weiterer Substanzen, die in Studien prophylaktisch gegen SARS-CoV-2-Infektionen eingesetzt werden, ist die Probandenzahl zu gering, um eine Aussage treffen zu können.

Wenig überzeugende Ergebnisse

Die Wirksamkeit der prophylaktisch eingesetzten Wirkstoffe wurde unter verschiedenen Aspekten beurteilt, wobei auch die Evidenz der Aussage eingestuft wurde (s. Abb.). Für Hydroxychloroquin wurden folgende Aussagen getroffen: Der Einfluss einer präventiven Hydroxychloroquin-Einnahme auf die Notwendigkeit einer Krankenhauseinweisung und auf die Mortalität (jeweils ein Fall weniger pro 1000 Patienten) wird als marginal bis nicht vorliegend eingestuft; die Evidenz für diese Aussage ist hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hydroxy­chloroquin das Risiko für eine laborbestätigte SARS-CoV-2-Infektion senkt, ist ebenfalls gering (zwei Fälle mehr pro 1000 Personen; moderate Evidenz). Hingegen erhöhen unerwünschte Wirkungen unter Hydroxychloroquin die Häufigkeit eines Therapieabbruchs (19 Abbrüche pro Patienten; moderate Evidenz).

Abb.: Präventive Wirkungen von Hydroxychloroquin, Ivermectin und Ivermectin plus Iota-Carrageen im Vergleich zur Standard­behandlung. Die Zahlen geben die geschätzten Risikounterschiede (95%-Konfidenzintervall) pro 1000 Studienteilnehmern an. leere Zellen: keine Evidenz für die spezifische Intervention verfügbar; *erwartetes Risiko jedes Ereignisses unter Standardbehandlung; **geschätzter Effekt

Die Ergebnisse von Studien, in denen Ivermectin als Monosubstanz oder in Kombination mit Iota-Carrageen eingesetzt wurden, sind den Autoren ­zufolge aufgrund einer hohen Bias und gravierenden Ungenauigkeiten schwierig zu deuten. Aus den Studien gehe eine Abnahme labormedizinisch bestätigter SARS-CoV-2-Infektionen sowohl unter Ivermectin als auch unter Ivermectin plus Iota-Carrageen hervor (50 bzw. 52 weniger auf 1000 Fälle); die Evidenz hierfür wird aber als sehr gering eingestuft. Bis weitere Ergebnisse vorliegen, zweifeln die Autoren am Präventionspotenzial von Ivermectin. Sie betonen, dass die derzeitige Einstufung der präventiven Wirkung von Hydroxychloroquin und Ivermectin (als Monosubstanz oder in Kombination) nur den jetzigen Kenntnisstand widerspiegelt. |

Literatur

Bartoszko J et al. Prophylaxis against covid-19: living systematic review and network meta-analysis. BMJ 2021;373, doi: 10.1136/bmj.n949

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

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