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Mit Supplementen schneller ans Ziel?

Welche Nahrungsergänzungsmittel im Breitensport sinnvoll sind

Im Frühjahr zieht es uns wieder vermehrt ins Freie. Nach monatelangem Lockdown mit Bewegungsmangel und Gewichtszunahme beginnen Couchpotatoes plötzlich zu joggen, zu wandern oder Rad zu fahren. Manch einer möchte seine sportlichen Bemühungen mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln unterstützen. Entsprechende Präparate gibt es viele. Wo liegen ihre Chancen und wo ihre Grenzen?

Studien zufolge hat während der Corona-Pandemie rund die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung Gewicht zugenommen. In den meisten Fällen ist dies auf veränderte Essgewohnheiten und verminderte körperliche Aktivität zurückzuführen [1]. So gaben circa zwei Drittel der Erwachsenen an, sich seit der Corona-Pandemie weniger zu bewegen. Mit Beginn des Frühlings lockt es jedoch viele wieder nach draußen, oft mit dem Ziel, die Corona-Pfunde wieder loszuwerden. Häufig wird hierbei zu Nahrungsergänzungsmitteln gegriffen, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern oder sportliche „Nebenwirkungen“ abzumildern.

Foto: Alliance – stock.adobe.com

Nach Lockdown mit zu wenig Bewegung und zu viel Essen wollen viele plötzlich sportlich aktiv werden.

Magnesium

Zu den umsatzstärksten Nahrungsergänzungsmitteln zählten 2018 in Deutschland mit Abstand Magnesiumpräparate [2]. Sie werden von angehenden Hobby-Sportlern gerne nachgefragt, weil sie sich davon weniger Muskelkater oder Muskelkrämpfe versprechen. Magnesium ist ein essenzieller Mineralstoff und Cofaktor in zahlreichen enzymatischen Reaktionen im Körper. Als zweiwertiges Kation Mg2+ bildet es mit Adenosintriphosphat einen Mg-ATP-Komplex, der als Energiequelle in der Muskulatur fungiert. Der D-A-CH-Referenzwert – ein gemeinsamer Referenzwert der drei Länder Deutschland (D), Österreich(A) und Schweiz (CH) – für Ma­gnesium liegt bei 300 mg bis 350 mg/Tag (Frauen) bzw. 350 mg bis 400 mg/Tag (Männer) [3]. Ein Magnesium-Mangel geht vor allem bei Ausdauertraining mit einer verminderten Leistungs­fähigkeit einher und sollte daher gegebenenfalls ausgeglichen werden. Zur Frage, ob sich durch die Einnahme von Magnesium abseits von einem Mangel eine Leistungs­steigerung erzielen lässt, gibt es allerdings nur wenige randomisiert-­kontrollierte Studien [4]. Als obere Grenze für die Supplementierung gelten 250 mg Magnesium pro Tag für Erwachsene. Diese Menge wird als sicher angesehen, vor allem wenn sie aufgeteilt auf zwei oder mehr Portionen eingenommen wird. Bei höheren Dosierungen besteht die Gefahr, dass leichte Durchfälle auftreten [5]. Zu Magnesium und zahlreichen weiteren Vitaminen und Mineralstoffen hat kürzlich das Bundesinstitut für Risikobewertung aktuelle Höchstmengenvorschläge für Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel veröffentlicht (siehe Tab.).

Tab.: Ausgewählte Höchstmengenvorschläge für Mineralstoffe und Spurenelemente des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Eine vollständige Übersicht findet sich unter www.bfr.bund.de
Lebensmittelkategorie
Höchstmengen
Anmerkung
Calcium
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
500 mg
bei Zusätzen von mehr als 250 mg Calcium pro Tagesverzehrmenge zu einem einzelnen NEM wird der Hinweis empfohlen, auf den Verzehr eines weiteren Calcium-haltigen NEM zu verzichten
Produkte, die als Ersatz für sonstige ­Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs, die natürlicherweise Calcium-reich sind, konsumiert werden (z. B. Ersatzprodukte für Milch und Milcherzeugnisse)
in Höhe der Konzentration des natürlichen „Pendants“ 120 mg
Chlorid
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrmenge eines Produkts)
kein Zusatz*
*zu ernährungsphysiologischen Zwecken
sonstige Lebensmittel des allgemeinen ­Verzehrs (pro 100 g)
kein Zusatz*
* zu ernährungsphysiologischen Zwecken
Eisen
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
6 mg
auf Eisen-haltigen NEM soll ein Warnhinweis angebracht werden, dass Männer, postmenopausale Frauen und Schwangere Eisen nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen sollten
Iod
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
100 µg
für schwangere und stillende Frauen (pro Tagesverzehrempfehlung eines Produkts)
150 µg
Salz (pro 100 g)
2500 µg
sonstige Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs (pro 100 g)
kein Zusatz
Kalium
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
500 mg
Magnesium
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
250 mg
sonstige angereicherte feste Lebensmittel (pro 100 g)
31 mg
Getränke (pro 100 ml)
8 mg
Natrium
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
kein Zusatz*
* zu ernährungsphysiologischen Zwecken
sonstige Lebensmittel des allgemeinen ­Verzehrs (pro 100 g)
kein Zusatz*
* zu ernährungsphysiologischen Zwecken
spezielle Getränke zum Ausgleich von erhöhten Natriumverlusten (pro l)
1150 mg (Mindestmenge: 460 mg)
Phosphat
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
kein Zusatz*
* zu ernährungsphysiologischen Zwecken
sonstige Lebensmittel des allgemeinen ­Verzehrs (pro 100 g)
kein Zusatz*
* zu ernährungsphysiologischen Zwecken
Selen
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
45 µg
Zink
Nahrungsergänzungsmittel (pro Tages­verzehrempfehlung eines Produkts)
6,5 mg
sonstige Lebensmittel des allgemeinen ­Verzehrs (pro 100 g) kein
kein Zusatz

Coffein

Coffein verbessert die Leistungsfähigkeit sowohl beim Ausdauertraining als auch bei kurzen Sprints. Als Adenosin-­Rezeptorantagonist erhöht Coffein die Aufmerksamkeit und die Endorphin-Freisetzung. Die körper­liche Aktivität wird als weniger anstrengend wahrgenommen. Zur Leistungssteigerung werden 3 bis 6 mg Coffein pro kg Körpergewicht circa 60 Minuten vor der Aktivität in Tablettenform eingenommen. Höhere Coffein-Dosen sollten vermieden werden, da sonst das Risiko für Übelkeit, Ängstlichkeit und Ruhelosigkeit steigt [6].

Kreatin

Kreatin kann das Leistungsvermögen sowohl bei hochintensiven Sportarten (z. B. Fußball) als auch bei Kraft- und Intervalltraining verbessern. Es reichert sich im Muskel an und zögert die Ermüdung bei kurzzeitigen, intensiven Belastungen hinaus. Als adäquate Dosierung werden für fünf bis sieben Tage circa 20 g Kreatin pro Tag aufgeteilt auf vier Portionen und anschließend 3 g bis 5 g pro Tag als Einzeldosis beschrieben. Zu beachten ist, dass es durch die Kreatin-Einnahme zu einer Gewichtszunahme kommen kann. Die dauerhafte Einnahme über vier Jahre zeigte bei Beachten der adäquaten Dosierung ansonsten keine negativen Effekte. Bei bestehenden Nierenerkrankungen sollte jedoch sicherheitshalber von einer Einnahme abgeraten werden [6].

Nitrat

Nitrate zeigen vor allem bei Ausdauerbelastungen eine leistungssteigernde Wirkung. Durch die Aufnahme von Nitraten wird Stickstoffmonoxid freigesetzt, das die Durchblutung der Muskulatur verbessert. Zwei bis drei Stunden nach der Nitrataufnahme (310 mg bis 560 mg) kann die Ausdauer um 4 bis 25% steigen. Von den Sportlern wird meist Natriumnitrat oder Rote-Beete-Konzentrat nachgefragt. Empfindliche Personen reagieren allerdings auf die hohe Nitrat-­Zufuhr mit gastrointestinalen Beschwerden. So ist es empfehlenswert, insbesondere in der Woche vor einem Wettkampf ­Nitrat-reiches Gemüse wie Spinat, Rote Beete oder Sellerie täglich zu verzehren. Eine zu hohe Nitrat-Aufnahme sollte vermieden werden, da sonst vermehrt Methämo­globin gebildet wird. Dies würde zu ­Sauerstoffmangel und somit zu Leistungseinbußen führen [6].

Beta-Alanin

Die Supplementierung von Beta-­Alanin erhöht die intrazelluläre Puffer­kapazität. Dies hat möglicherweise positive Effekte bei hochintensiven Trainingseinheiten, da Ermüdungserscheinungen vermindert werden. Die tägliche Einnahme von Beta-Alanin über einen längeren Zeitraum erhöht den Carnosin-Spiegel in den Muskelzellen. Hierfür müssen täglich circa 65 mg Beta-Alanin pro Kilogramm Körpergewicht aufgeteilt auf vier bis fünf Portionen über zehn bis zwölf Wochen eingenommen werden. Der leistungssteigernde Effekt von Beta-Alanin beträgt allerdings durchschnittlich nur 0,2 bis 3%, sodass man keine überzogenen Erwartungen an die Supplementierung stellen sollte. Als Nebenwirkungen kann es zu Hautausschlägen und Kribbeln kommen [6].

Natriumhydrogencarbonat

Natriumhydrogencarbonat erhöht die extrazelluläre Pufferkapazität. Dadurch entsteht ein pH-Gradient zwischen intra- und extrazellulärem Milieu, der den Abtransport von Protonen auf der Muskulatur unterstützt. Dies soll ebenfalls Ermüdungserscheinungen der Muskulatur vermindern. Empfohlen wird die Einnahme von 0,2 g bis 0,4 g pro kg Körpergewicht 60 bis 150 Minuten vor der körperlichen Aktivität. Allerdings sind die Effekte marginal und liegen bei nur circa 2% Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig geht die Aufnahme von Natriumhydrogencarbonat oftmals mit gastrointestinalen Beschwerden einher [6]. Neben diesen Sport-spezifischen Nahrungsergänzungsmitteln werden vor allem Antioxidanzien, ­Vitamin D, Eisen und Präparate zur Steigerung der Infektabwehr von Hobby-Sportlern nachgefragt.

Antioxidanzien

Körperliche Aktivität führt zu einer vermehrten Bildung reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies. Allerdings erhöht sich durch regelmäßige Bewegung auch die endogene antioxidative Enzymaktivität. Eine Supplementierung ist daher bei ausgewogener Ernährung normalerweise für den Hobby-Sportler nicht notwendig. Wenn dieser ein Nahrungsergänzungsmittel wünscht, sollte darauf geachtet werden, dass 250 mg Vitamin C und 30 mg Vitamin E pro Tag nicht überschritten werden [7].

Vitamin D

Jahreszeitabhängig ist die Vitamin-D-Versorgung in der Bevölkerung vor allem im Herbst und Winter nicht ausreichend. Zu einer saisonalen Supplementierung von 1000 IE Vitamin D pro Tag kann daher geraten werden. Bei einem Vitamin-D-Defizit kann damit das Risiko für Infekte der oberen Atemwege möglicherweise verringert werden [6, 7].

Eisen

Vor allem Ausdauersportlerinnen und Vegetarier sind häufiger von einem Eisen-Mangel betroffen. Dieser wirkt sich negativ auf die körperliche Leistungsfähigkeit aus, da der Sauerstofftransport zu den Muskeln vermindert ist. Der Eisen-Bedarf von Sportlerinnen wird außerdem 70% höher eingeschätzt als der von inaktiven Frauen. Möglicherweise wirkt sich bereits ein nichtanämischer Eisen-Mangel negativ auf die körperliche Leistungsfähigkeit aus. Eine Eisen-Supplementation sollte jedoch stets nur ärztlich begleitet erfolgen, da eine erhöhte Eisenzufuhr zu gesundheitlichen Risiken führen kann (z. B. gastrointestinale Beschwerden, Risiko von Krebserkrankungen bei Eisenüberladung) [7].

Präparate zur Immunabwehr

Seit Beginn der Corona-Pandemie werden vermehrt Präparate zur Steigerung der Immunabwehr nachgefragt. Bei Sportlern findet man zudem eine J-förmige

Kurve für den Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Atemwegsinfekten (Abb.). Sowohl bei geringer Aktivität als auch bei sehr hoher Belastung steigt das Infektionsrisiko. Vor allem Vitamin C und Zink werden zur Steigerung der Immunabwehr beworben. Im Zusammenhang mit Sport konnte für Vit­amin C allerdings nur bei extremen Bedingungen (z. B. Marathonlauf) eine Risikoreduktion belegt werden. Bei solchen extremen sportlichen Belastungen kann das Risiko für Atemwegsinfekte durch die Einnahme von Vitamin C jedoch um 50% reduziert werden.

Abb.: Hohe bis sehr hohe Intensitäten bei sportlichen Aktivitäten sowie viel Ausdauersport können die Infektrate erhöhen, während bei moderatem Training – im Vergleich zur Inaktivität – die Infektneigung vermindert ist. Die Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und Infektrate kann mit einer J-förmigen Kurve beschrieben werden (nach [9]).

Zink wirkt erst in Dosierungen von 75 mg pro Tag positiv auf die Inzidenz und Dauer von Infekten. Hierfür ist es wichtig, dass 75 mg Zink innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der ersten Infektionsanzeichen eingenommen werden. Da Sportler in der Regel keinen Zink-Mangel haben, ist der Effekt unabhängig davon, ob jemand sportlich aktiv ist oder nicht. Bei langfristiger Einnahme sollten hingegen 250 mg Vitamin C und 6,5 mg Zink pro Tag nicht überschritten werden. Eine Vorbeugung von Atemwegsinfekten ist bei angehenden Hobby-Sportlern, die nur moderat trainieren, jedoch nicht zu erwarten.

Fazit

Dem Hobby-Sportler versprechen zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel leistungssteigernde Effekte. Wichtig ist hierbei, das passende Präparat für die Ziele des Sportlers auszuwählen. Auch über die richtige Dosierung und Anwendungsdauer sollte aufgeklärt werden. Denn gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln denken Kunden oft „viel hilft viel“. Dabei sollten diese – wie der Name sagt – lediglich eine Ergänzung und kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung sein. |
 

Literatur

[1] Chew HSJ, Lopez V. Global impact of Covid-19 on weight and weight-related behaviors in the adult population: a scoping review. Int J Environ Res Public Health 2021;18:1876

[2] Radtke R. Umsatzstärkste Produktkategorien ausgewählter Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland im Jahr 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/271074/umfrage/umsatzstaerkste-gruppen-von-nahrungsergaenzungsmitteln-in-deutschland/, Abruf 29. März 2021

[3] Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.), Bonn, 2. Auflage, 6. aktualisierte Ausgabe 2020, www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/magnesium/?L=0, Abruf am 29. März 2021

[4] Zhang Y, Xun P, Wang R, Mao L, He K. Can magnesium enhance exercise performance? Nutients 2017;9(9):946

[5] Ziegenhagen R et al. Safety aspects of dietary supplements in sports. Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society (DGE). Ernährungs Umschau 2020;7(2):42-50

[6] Maughan RJ et al. IOC consensus statement: dietary supplements and the high-performance athlete. Br J Sports Med 2018;52:439-455

[7] Carlsohn A et al. Minerals and vitamins in sports nutrition. Position of the working group sports nutrition of the German nutrition society (DGE). Ernährungs Umschau 2019;66(12):250-257

[8] Ausgewählte Höchstmengenvorschläge des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Eine vollständige Übersicht findet sich unter www.bfr.bund.de/, www.bfr.bund.de/cm/343/aktualisierte-hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamine-und-mineralstoffe-in-nahrungsergaenzungsmitteln-und-angereicherten-lebensmitteln.pdf

[9] König D, Grathwohl D, Deibert P et al. Sport und Infekte der oberen Atemwege - Epidemiologie, Immunologie und Einflussfaktoren. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 2000;51(7/8):243-250

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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