DAZ aktuell

Rationalere Verordnungsbasis gefordert

Cannabis-Report 2020 veröffentlicht

hb/ral | Mit dem „Cannabis-Gesetz“ vom März 2017 wurde die Verordnung von Cannabinoiden zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) möglich. Inzwischen werden mehrere Zehntausend Patienten hierüber therapiert – und das nicht immer mit einer belastbaren Begründung. Das meinen jedenfalls die Autoren des Cannabis-Reports 2020, den die BKK Mobil Oil zusammen mit dem Forschungszentrum SOCIUM der Universität Bremen unter Leitung von Gerd Glaeske erarbeitet und nun veröffentlicht hat.

Der Einsatz von medizinischen Cannabinoiden in der Therapie nimmt immer mehr an Bedeutung zu, bemerkt der Vorstandsvorsitzende der BKK Mobil Oil Mario Heise in einem Vorwort zum Report. Die aktuellen Analysen des GKV-Arzneimittelschnellinformationssystems zeigen erhebliche Zuwachs­raten: Rund 27 Mio. Euro in 2017, 73,5 Millionen in 2018, 123 Millionen in 2019 sowie prognostizierte Ausgaben für Cannabinoide in 2020 in Höhe von 151 Mio. Euro, basierend auf den Daten der ersten beiden Quartale. Das entspreche einem Zuwachs von mehr als 500 Prozent in vier Jahren, rechnet Studienleiter Glaeske in einer Mitteilung zum Cannabis-Report 2020 vor.

Unverarbeitete Blüten auf der Liste ganz oben

Für den Cannabis-Report 2020 hat die BKK Mobil Oil gemeinsam mit Glaeskes Arbeitsgruppe Abrechnungen für Cannabis-Verordnungen von 2017 bis Oktober 2019 analysiert. 1317 Anträge auf Kostenübernahme wurden in diesem Zeitraum gestellt, rund zwei Drittel davon bewilligt. Als erstaunlichstes Ergebnis der Studie bezeichnen die Experten, dass im Jahr 2019 62 Prozent der Ausgaben auf unverarbeitete Cannabisblüten und Blüten in Zubereitungen entfielen. „Archaisch anmutende Therapien in Zeiten der Verfügbarkeit von standardisiert hergestellten und im Markt verfügbaren zugelassenen Cannabis-Produkten und vor allem gut geprüften, wirksamen und vielfach erprobten Schmerzmitteln“, meint Studienleiter Glaeske.

Empfehlungen der Autoren

Die Autoren sprechen aufgrund dieses und weiterer Ergebnisse ihrer Analyse einige Empfehlungen aus, mit denen die Anwendung von Cannabinoiden im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auf eine rationalere Basis gestellt werden könnte. So raten sie dazu, eine Einschränkung der Ver­ordnung auf Ärzte mit besonderer Sachkunde bzw. Facharztweiterbildung anzustreben. Ein eigenes Rezeptformular (C-Rezept) für die Verordnung von Cannabinoiden analog dem T-Rezept könnte der Ärzteschaft außerdem den Status einer zumeist experimentellen Therapie besser verdeutlichen. Außerdem sollte die Anwendung von Cannabisblüten auf klinische Zulassungsstudien beschränkt werden. |

Das könnte Sie auch interessieren

Wie werden Cannabinoid-basierte Arzneimittel in Deutschland eingesetzt?

Im Spiegel der Versorgungsforschung

Mögliche Indikationen und potenzielle Nebenwirkungen

Cannabis – mehr Risiken als Chancen?

Fünf Jahre Versorgung mit Cannabinoid-basierten Arzneimitteln

Zwischen Chancen und Risiken

Fünf Jahre medizinisches Cannabis

„Es existiert nicht die eine Therapieform“

Techniker Krankenkasse legt „Cannabis-Report“ vor

Glaeske: Cannabis ist keine Wunderdroge

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.