Wirtschaft

Herber Schlag für Zur Rose und Shop Apotheke

Aktienkurse der EU-Versender brechen nach Verschiebung der E-Rezept-Einführung ein

ts | Für die Arzneimittelversender war es kein Weihnachts­geschenk: Die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die für den 1. Januar 2022 geplante Einführung des E-Rezeptes zu verschieben, hat vor allem für die DocMorris-Muttergesellschaft Zur Rose und die Shop Apotheke Europe deutliche wirtschaftliche Folgen.

Die Aktionäre handelten unverzüglich: Am Tag nach der Verkündung der E-Rezept-Verschiebung schickten sie die Aktien von Zur Rose und Shop Apotheke zeitweise um mehr als zehn Prozent in den Keller. Kein Wunder, denn beide Unternehmen haben sich im ablaufenden Jahr 2021 intensiv auf die Einführung des E-Rezeptes vorbereitet, frisches Geld zur Expansion aufgenommen, ihre Marktplätze und IT-Strukturen weiterentwickelt, spezialisierte Digitalunternehmen übernommen und künftige Umsatzplanungen danach ausgerichtet. Ihre Erwartung ist, mithilfe des E-Rezeptes mittelfristig einen deutlichen Anstieg bei den wirtschaftlich besonders lukrativen Verkäufen von Rx-Arzneimitteln zu erreichen. Wann dies nun passieren wird, steht aktuell in den Sternen.

„Das sind grundsätzlich keine guten Nachrichten“, stellt denn auch Michael Heider, Analyst von Warburg Research, fest. Würde sich die Einführung des E-Rezeptes nun beispielsweise um ein Jahr verzögern, hätte dies signifikanten Einfluss auf die Geschäfte der Versandapotheken. Auch Olivier Calvet, Analyst bei Kepler Chevreux, mahnt zur Vorsicht: „Dies wirft erneut die Frage nach der Akzeptanz elektronischer Rezepte durch die Ärzte auf.“ Eine schnelle Einführung des E-Rezeptes stehe nun nicht mehr zur Debatte. Dies wiederum gefährde den mehrheitlich prognostizierten Anstieg der Verschreibungseinnahmen im Rx-Bereich – dem Wachstumsmotor für Online-Apotheken. Wie sich die Entscheidung des BMG konkret auf Umsätze und Erträge der Versender im Jahr 2022 und danach auswirken wird, lässt sich nach Einschätzung der Analysten aktuell allerdings noch nicht in Zahlen fassen. „Vieles ist derzeit noch im Unklaren“, so Analyst Heider.

Tatsächlich lässt die Abteilung 5 Digitalisierung und Innovation des BMG in ihrem Schreiben an die Gematik offen, wann die Einführung des E-Rezeptes stattdessen umgesetzt werden soll. Dagegen ist aus den Zeilen eine deutliche Kritik an der bisherigen Arbeit der Gematik bei der Umsetzung dieses „politisch höchst bedeutsamen Digitalisierungsprojektes“ herauszulesen. Die Rahmenbedingungen für die Einführung des E-Rezeptes sollten nun schnellstmöglich geschaffen werden. Maßstab sei dabei die technische Verfügbarkeit. Bis dahin solle der Test- und Pilotbetrieb schrittweise fortgesetzt und ausgeweitet werden.

Versender bemühen sich um Schadensbegrenzung

Die Versender sind derweil in die Zuschauerrolle verdammt, bemühen sich aber um Schadensbegrenzung. So sagt Stefan Feltens, Vorstandschef von Shop Apotheke Europe, zu DAZ.online: „Das elektronische Rezept ist ein wesentlicher und überfälliger Baustein zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Deshalb war es wichtig, dass das BMG das E-Rezept in seiner Kommunikation nochmals als politisch höchst bedeutsames Digitalisierungsprojekt hervorgehoben hat. Vor diesem Hintergrund müssen natürlich alle Aspekte des E-Rezepts hinreichend getestet werden. Bei uns ist das zweifelsfrei der Fall.“ Um Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer wiederherzustellen, sei es jetzt erforderlich, dass das BMG „schnellstmöglich einen verbindlichen neuen Zeitplan kommuniziert“. Shop Apotheke habe in der Vergangenheit betont, dass man von einem „graduellen Zuwachs“ von E-Rezepten in den ersten Monaten des kommenden Jahres ausgehe und erst zur Jahresmitte einen deutlichen Anstieg erwarte. „Wir haben lange auf die Einführung des E-Rezepts in Deutschland gewartet. Eine Verzögerung von ein paar Monaten ist nicht von entscheidender Bedeutung.“

Die Zur Rose-Gruppe stellt fest: „Zusammen mit allen anderen Beteiligten werden wir unseren maximalen Beitrag dazu leisten, dass die flächendeckende, verpflichtende Einführung zügig voranschreitet und umgesetzt wird. Das werden wir auch so dem BMG signalisieren, das auf uns zählen kann, wenn es um die Umsetzung des Koalitionsvertrages geht, der sich die beschleunigte Einführung des E-Rezepts zum Ziel gesetzt hat. Gestützt auf diese Entwicklung gehen wir weiterhin von einem E-Rezept-Roll-out im Jahr 2022 aus, wodurch sich unsere mittelfristigen Wachstumsziele nicht verändern.“ |

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