Management

Digitales Couponing

Den Onlinehändlern in ihrem eigenen Medium die Stirn bieten

Jede Apotheke kennt das: Die Hersteller wollen ihren Abverkauf mit großzügigen Rabattaktionen unterstützen und initiieren dazu eine Couponing-Kampagne. Mehr oder weniger freiwillig macht man mit, denn natürlich führt jede Coupon­aktion zu mehr Kundenverkehr und damit zu mehr Umsatz. Allerdings steht dieser Umsatz bisher in der Regel in keinem Verhältnis zum erheblichen Aufwand, den die manuelle Abrechnung mit sich bringt. Zumal der Aufwand auch aufseiten der Hersteller jede Aktion sehr teuer macht. Die Lösung heißt: Digitalisierung.

Durch aggressives Preismarketing wächst der Onlineversandhandel rasant gegenüber den Apotheken vor Ort. Schon vor Corona betrug die Wachstumsrate im OTC-Markt in den Jahren 2018 und 2019 16 Prozent (IQVIA PharmaTrend®). Durch Corona hat der Versand­handel noch mal ordentlich zu­gelegt und das E-Rezept steht vor der Tür. Für die Apotheke vor Ort kann dies schnell zum Problem werden.

Dominiert wird der Versandhandelsmarkt von wenigen sogenannten Pure-Playern wie Zur Rose, Shop-Apotheke und zunehmend auch Amazon. Mit ihrem Investorengeld können sie aggressiv wachsen und mit ihrem Marketing beherrschen sie das Internet, also den Ort, an dem sich viele Konsumenten aufhalten und ihre Kaufentscheidungen treffen.

Für Hersteller und Großhändler sind die Apotheken vor Ort existenziell.

Diese Entwicklung bereitet aber nicht nur den Apotheken vor Ort Probleme. Auch die Hersteller machen sich von den großen Versandhändlern enorm abhängig. Der Versandhandel kontrolliert weitestgehend die Werbekanäle im Internet und die Produktplatzierung im Onlineshop. Hersteller müssen daher immer mehr für ihren Umsatz an den Versandhandel abgeben – für Distribution, Marketing, Versandlogistik, Kundenbindung etc. Bezahlt ein Wettbewerber mehr, hat er Vorrang. Hersteller werden so immer austauschbarer. Die im Versandhandel erzielten Gewinne sinken gewaltig. Großhändler spielen in Zukunft im Versandhandel keine wichtige Rolle mehr, da die großen Versandhändler vom Hersteller direkt beliefert werden. Für Hersteller und Großhändler sind die Apotheken vor Ort also existenziell. Welche Möglichkeiten gibt es nun, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

Schlüsselfaktor Preis

Ein zentraler Schlüsselfaktor nimmt dabei der Preis bzw. das Preismarketing ein. Hegt der Kunde eine Kaufabsicht – das ist der Fall, wenn er im Internet aktiv wird –, dann erwartet er eine Preisnennung. Häufig wird die Preisauszeichnung so prominent kommuniziert, beispielsweise mit einer Rabattierung zum UVP, dass der Preis den Kunden entscheidend zum Kauf aktiviert. Die Versandhändler nutzen das konsequent aus. Es ist sogar so, dass die zentralen Werbeplätze im Internet von Preisvergleichen besetzt sind, allen voran Google Shopping-Anzeigen. Sie erscheinen direkt, wenn man eine Google-Suchanfrage stellt. Diese Anzeigen können nur belegt werden, wenn der Kunde durch einen Klick auf die Anzeige zu einem Onlineshop geleitet wird und dort das Produkt direkt kaufen kann. Preisangaben sind dabei zwingend erforderlich. Die Hersteller fallen hier schon einmal heraus, denn sie betreiben in der Regel keinen eigenen Shop. Mit reiner Image-Werbung ohne Anbindung zum Verkauf und ohne konkrete Preisangabe sind sie nicht wirklich wettbewerbsfähig. Auch Apotheken können nur jeweils einzeln den Onlinemarketing-Budgets und -Profis der Versandhändler ent­gegentreten. Denn jede Apotheke hat ihre eigene Preishoheit. Zwar ist es denkbar, alle Vor-Ort-Apotheken auf einer Plattform zu bündeln und diese mit Marketinggeldern bekannt zu machen. Aber solange jede einzelne Apotheke ihre Preise selbst festlegt, wird das beim Endkunden nicht funktionieren. Einem Preisvergleich werden sich die Apotheken auf dieser Plattform sicher nicht aussetzen. Dazu ist das Internet, wie erläutert, viel zu preisorientiert.

Foto: Scott Griessel/AdobeStock

Vorgestern hat man Rabattmarken ins Heftchen geklebt, gestern Coupons ausgeschnitten ...

Die Herausforderung

Doch wie lässt sich die Preis­attraktivität der lokalen Apotheke steigern, ohne in einen ruinösen Preiswettbewerb mit dem Versandhandel zu geraten? Wie lässt sich die Marketing-Power der Hersteller, die sie zweifellos haben, auf das verkaufsorientierte (transaktionsorientierte) Internet übertragen und wie lassen sich die Apotheken vor Ort einbinden? Denn im Versandhandel soll der Konsument ja nicht landen. Wie schaffen es Hersteller und Apo­theken vor Ort, den Kunden ein attraktives nachhaltiges Angebot zu machen?

Die Lösung

Die Lösung heißt wie so oft Digi­ta­li­sierung. Es müssen digitale Infrastrukturen geschaffen werden, um Marketing- und Vertriebsprozesse beim Hersteller, bei der Apotheke und auch beim Kunden weitest­gehend zu vereinfachen und so zu automatisieren, dass so gut wie kein manueller Aufwand entsteht. Damit steigt die Flexibilität in der Umsetzung, Aufwand und Kosten sinken für alle Beteiligten enorm.

Ein Blick ins Nachbarland Österreich zeigt, wie es schon heute geht. Mit der dort verwendeten Couponing-Plattform können Hersteller in das Preismarketing einsteigen und damit gezielt Kunden zum Kauf aktivieren. Und zwar in allen Werbekanälen, speziell auch im Internet – mobil oder stationär. Die teilnehmenden Apotheken vor Ort sind dabei immer direkt in die Prozesse als Ziel der Customer Journey integriert. Sie gewinnen dadurch neue Kunden, steigern die Kauffrequenzen, den Umsatz, den Abverkauf und binden Kunden. Dabei büßen die Apotheken keinerlei Marge ein. Die Rabattierung übernehmen die Hersteller, und das ohne Aufwand für die Apotheken. Beim Einlöseprozess muss die Apotheke einfach nur den Coupon scannen – sei es von Papier oder vom Smartphone –, das ist alles. Prüfung und steuerkonforme Abrechnung erfolgen direkt im digitalen Zusammenspiel mit der Kasse über das Warenwirtschaftssystem. Zum Monatsende erhalten die Apotheken die gegebenen Rabattbeträge automatisch überwiesen, inklusive einer kompatiblen Dokumentationsdatei für die Buchhaltung. Über ein Online­portal können die Apotheken alle Ein­lösungen nachverfolgen. Hier werden sie auch regelmäßig über Kampagnen der Hersteller informiert und können jeweils entscheiden, ob sie mitmachen möchten oder nicht. Dieser Service wird allen Apotheken kostenlos zur Verfügung gestellt. Denn nur wenn möglichst alle Apotheken mitmachen, entfaltet die Couponing-Plattform die größte Wirkung. Schließlich soll der End­kunde seine Coupons überall einlösen können.

Dieselbe Couponing-Plattform, die in Österreich bereits erfolgreich im Einsatz ist, wird auch Apotheken in Deutschland zur Verfügung stehen, und zwar je nach Kassensystem voraussichtlich ab Q3/Q4 2021. Da sie mit allen Couponing-Anbietern kompatibel ist, wird sichergestellt, dass sämtliche Coupons in den teilnehmenden Apotheken eingelöst werden können. Zielsetzung ist es, dass die Couponing-Plattform überall bei jedem Markt­teilnehmer integriert wird, mit Ausnahme des Versandhandels. Aktuell ist die Plattform in großen Apothekenservices wie zum Beispiel apotheken.de, KlickA, Zack-und-Da, px-Reach, Mauve und den Kooperationen MVDA/Linda, ELAC, Wave integriert.

Foto: leungchopan/AdobeStock

...und heute geht es digital. So verschafft man Kunden ein kleines Stückchen Glück und kann dem Versandhandel mit seinen eigenen „Waffen“ ein Schnippchen schlagen.

Warum funktioniert das mit den Coupons?

Die Wettbewerbsfähigkeit der Apotheken vor Ort wird also nicht zuletzt auch auf dem digitalen Schlachtfeld geschlagen. Die oben beschriebene Automatisierung ist dabei aber nur ein Faktor. Warum sich Coupons überhaupt so positiv auf den stationären Handel auswirken, wird im Folgenden erklärt.

  • 1. Ein kleines Stückchen Glück

Coupons ermöglichen dem Kunden, dass er ein Produkt günstiger als andere Verbraucher beziehen kann. Coupons sind also durch ihre Art persönlich. Die Bereitschaft zur Nutzung ist über alle Zielgruppen extrem hoch, auch wenn man dafür in einem bestimmten Zeitraum einkaufen, die Marke oder das Geschäft wechseln muss. Jeder kennt das: Erhält man etwas Relevantes, was andere nicht haben, so ist das etwas Besonderes und man empfindet Glück. Verantwortlich dafür ist der Botenstoff Dopamin. Diese Glücksempfindung ist dabei unspezifisch. Es ist also unerheblich, ob wir 5, 10 oder 15 Euro sparen, die Freude darüber ist die gleiche. Aber Dopamin sorgt zusätzlich dafür, dass sich unser Gehirn dieses Erlebnis besonders gut merkt – wir lernen und werden motiviert, mehr davon zu wollen. Beim Couponing führt dieser Effekt dazu, dass die Preissensibilität aufgeweicht wird. Das positive Erlebnis überträgt sich auf die Marke sowie den Überbringer des Coupons und erzielt in unserem Gehirn eine nachhaltige Wirkung. Die Preise bleiben stabil, da Coupons nur bei einem bestimmten Einkaufsverhalten greifen. Alle Onlineplatt­formen setzen auf diesen Effekt. Couponing ist also nicht nur Shopper-Aktivierung mit Rabatten, sondern ein Instrument, um nachhaltig unser Einkaufsverhalten zu beeinflussen.

Durch die Integration in wichtige Bestellplattformen kommen alle Apotheken, die dort angemeldet sind, direkt in den Genuss von maßgeschneiderten Coupon-Kampagnen.

  • 2. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Wo, wann und wie Coupons beworben werden, ist entscheidend für die Wirkung der Kampagne. Das gilt nicht nur für Couponing, sondern für Werbung im Allgemeinen. Je relevanter Werbung für den Verbraucher ist, desto wirkungsvoller ist sie. Das heißt, ein wesentliches Werbeziel ist es, mit der Werbung räumlich und zeitlich möglichst nahe an die Kaufentscheidung zu gelangen. Vergleichen Sie die Apotheke vor Ort mit dem Versandhandel, so wird schnell klar, dass Letzterer die Kunden viel aggressiver mit Coupons und Aktionsangeboten bewirbt.

Um die Verbreitung weiter voranzutreiben, gibt es Schnittstellen, mit denen das Couponing möglichst einfach zu integrieren ist. Damit wird es sowohl lokalen Apotheken als auch Herstellern so unkompliziert wie möglich gemacht, das Preismarketinginstrument Couponing in Marketing und Verkaufsförderungskampagnen zu nutzen. Denn erst das Couponing ermöglicht es den Herstellern, effektives Onlinemarketing gezielt für die Apotheken vor Ort zu machen. Durch die Integration in wichtige Bestellplattformen kommen alle Apotheken, die dort angemeldet sind, direkt in den Genuss von maßgeschneiderten Coupon-Kampagnen. Die Apotheke ist durch das Couponing im Preis wettbewerbsfähiger und muss nichts weiter tun. Wenn sie möchte, bekommt sie sogar zusätzliche Möglichkeiten, das Couponing-Angebot selbst zu verbreiten, beispielsweise über Flyer, Social Media Plattformen oder Newsletter.

Mittelfristig wird es sich kein Hersteller mehr leisten können, auf das automatisierte Marketinginstrument Couponing für die Apotheke vor Ort zu verzichten. Wenn zusätzlich durch das Couponing der Preis stimmt und die Apotheke einen guten Service bietet, wird das für den Verbraucher ein rundes Paket. Wie so ein Zusammenspiel aussehen kann, zeigt die aktuelle Kampagne von GeloSitin®. Dies wird in stark frequentierten COVID-19-Testzentren beworben. Frisch getestete Personen mit gereizter Nasenschleimhaut können das pflegende Nasenöl, das per QR-Code mit zwei Euro rabattiert wird, direkt in der lokalen Apotheke abholen. Ein wei­teres Beispiel, welches besonders nah an der Apotheke ist, sind Checkout-Coupons. Sie werden auf dem Kassenbon ausgedruckt und haben so einen direkten Bezug zum getätigten Einkauf. Mit dem Effekt, dass der Kunde wieder in die Apotheke kommt.

  • 3. Was bringt das alles?

Im reinen Onlineversandhandel ist Messbarkeit immer eingebaut, denn hier wird jeder einzelne Abverkauf nachverfolgt. Das ist ein großer Wettbewerbsvorteil gegenüber dem lokalen Handel. Couponing ermöglicht diese Nachverfolgung und damit Wirksamkeitsmessung von Marketing auch in der realen Welt. Hersteller können die Wirkung ihrer Werbekanäle besser messen, analysieren, steuern und optimieren. Wirkungsvollere Werbung bedeutet mehr Kunden in lokalen Apotheken. Welcher Werbekanal mit welchem Werbemittel welche Wirkung bringt, wird dank Echtzeit-Reporting direkt transparent. Das bringt mehr Sicherheit für die Budgets und ­öffnet die Tür für Performance-­basiertes Marketing. Ihren existenziellen Vertriebskanal, die lokale Apotheke, können sie nun direkt in ihre Kampagnen einbinden. Der Versandhandel bekommt dadurch ernsthaften Wettbewerbsdruck im eigenen Medium. Voraussetzung dafür ist, dass die lokalen Apotheken mitziehen. |

Der studierte Raumfahrt-Ingenieur Fabian Zink ist Gründer und Geschäftsführer des Digitaldienst­leisters KYTE-TEC GmbH

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