Gesundheitspolitik

Insektenspray weiterhin in der Freiwahl

Kabinett beschließt Verordnung zu Biozid-Produkten / Selbstbedienungsverbot tritt 2025 in Kraft

cha | Am vergangenen Mittwoch hat das Bundeskabinett die Verordnung zur Neuordnung nationaler untergesetzlicher Vorschriften für Biozid-Produkte beschlossen. Darin ist u. a. geregelt, dass bestimmte Biozidprodukte künftig einem Selbstbedienungsverbot unterliegen und nur nach Beratung durch Fachpersonal abgegeben werden dürfen. Anders als ursprünglich geplant, gehören Insektensprays nicht dazu und dürfen damit weiterhin in der Freiwahl bleiben.

Nicht mehr in der Selbstbedienung abgegeben werden dürfen ab Januar 2025 u. a. „Rodentizide“ (Produkte zur Bekämpfung von Mäusen, Ratten und anderen Nagetieren durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung) und „Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden“ (Produkte zur Bekämpfung von Arthropoden, zum Beispiel Insekten, Spinnentiere und Schalentiere, durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung). Darüber hinaus legt die Verordnung fest, dass diese Produkte nur von einer im Betrieb beschäftigten Person abgegeben werden dürfen, die bestimmte Anforderungen an die Sachkunde erfüllt.

Repellentien sollten aus der Freiwahl verschwinden, ...

In einem Referentenentwurf vom August 2020 sollten von der Selbstbedienung auch noch ausgenommen werden: „Biozid-Produkte, die der Fernhaltung von Schadorganismen dienen aus der Produktart 19 ‚Repellentien und Lockmittel‘“. Damit hätten in den Apotheken unter anderem die Insektensprays aus der Freiwahl verschwinden müssen. Wenig erstaunlich, dass dieses Vorhaben auf keine Gegenliebe bei den entsprechenden Händlern stieß. So schrieb die ABDA in einer Stellungnahme vom vergangenen Oktober dazu: „Von dieser Regelung wären alle gängigen Mücken- und Zeckenschutzmittel betroffen. Der somit mit der Abgabe verbundene Aufwand steht unseres Erachtens in keinerlei Verhältnis zum Gefährdungspotenzial dieser Produkte (bzw. einer dadurch eventuell erreichten Verringerung desselben) für die menschliche Gesundheit, Nichtzielorganismen und die Umwelt.“

... doch die Stellungnahmen konnten dies verhindern

Ein Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) erklärte auf Nachfrage der AZ, dass der betreffende Abschnitt „aufgrund der im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen“ erheblich geändert worden sei. Der Kreis der Biozid-Produkte, die dem Selbstbedienungsverbot unterliegen, sei reduziert worden. „Dies betrifft insbesondere auch den für den Verkauf in Apotheken relevanten Bereich der Repellentien, die der Fernhaltung von Schadorganismen dienen, wie Mücken- und Zeckenschutzmittel zum Auftragen auf die Haut.“

Onlinehändler müssen ­Abgabegespräche führen

Auch eine weitere die Apotheken betreffende Vorschrift wurde gegenüber dem früheren Referentenentwurf geändert: die Anforderungen an die Abgabe im Online- und Versandhandel. Der Ministeriumssprecher äußert dazu: „Ferner ist eine bessere Angleichung der Abgabevorschriften für den Online- und Versandhandel an die für den stationären Handel vorgesehenen Regelungen (…) in dem Sinne vorgenommen worden, dass auch außerhalb des stationären Handels die Durchführung eines Abgabegesprächs mit einem Sachkundigen vorgeschrieben wird. Damit wurde der von Handelsunternehmen und Verbänden am Anhörungsentwurf breit geäußerten Kritik Rechnung getragen, dass der stationäre Handel gegenüber dem Online- und Versandhandel benachteiligt werde.“

Apothekenpersonal ist unmittelbar sachkundig

Bei der Frage der Sachkunde ging das BMU allerdings nicht auf die Kritik der ABDA ein. Diese hatte vorgeschlagen, dass das Apothekenpersonal von den vorgeschriebenen Fortbildungsmaßnahmen ausgenommen werden sollte oder nur deutlich reduzierte Fortbildungsmaßnahmen absolvieren müsste. Und so haben sich die Sachkundeanforderungen an die Apothekenberufe nicht verändert. Zwar ist die Qualifikation als Apotheker unmittelbar als Sachkundenachweis anerkannt (§ 11 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 ChemVerbotsV). „Die Wertung, dass im weiteren Verlauf dann zusätzlich eine aktuelle Fortbildung nachgewiesen werden muss, findet sich – auch in Bezug auf die als sachkundig anerkannten Apothekenberufe – bereits in der Chemikalien-Verbotsverordnung und erscheint im vorliegenden Zusammenhang sachgerecht und geboten“, so der Ministeriumssprecher. Immerhin wird die Anregung der ABDA aufgegriffen, die entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen auch online anzubieten.

Alle drei Jahre eine halb­tägige Fortbildung

Unmittelbar als sachkundig anerkannt sind demnach Apotheker, Apothekerassistenten, Pharmazieingenieure sowie PTA und Apothekenassistenten. Die Fortbildungen können entweder als halbtägige (gilt dann für drei Jahre) oder als ganztägige Veranstaltungen (gilt dann für sechs Jahre) gewählt werden.

Bis diejenigen Paragrafen der Verordnung, die insbesondere die Apotheken betreffen, in Kraft treten, dauert es ohnehin noch einige Zeit. Sie sind erst ab dem 1. Januar 2025 anzuwenden. Bevor die Verordnung selbst in Kraft treten kann, muss sie auch noch der Bundesrat beschließen – laut Auskunft der BMU-Pressestelle voraussichtlich am 25. Juni 2021. |

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