Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Wie attraktiv ist der Beruf des Apothekers?

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Apotheker haben ein hohes Selbstwertgefühl und ein nicht minder großes Sendungsbewusstsein. Woher rührt das? Sicherlich kommt dies von den nicht unerheblichen Anstrengungen, die unternommen werden müssen, um diesen Beruf ausüben zu können. Das Pharmaziestudium gehört zu den schwereren und ist kein Selbstläufer. Danach müssen diverse Voraus­setzungen erfüllt werden, um als Apotheker zu arbeiten. Von daher darf der etablierte Apotheker zu Recht stolz sein, diesen Weg erfolgreich absolviert zu haben.

Was erwartet ihn dann? Der Ruf der Apotheker ist nach wie vor gut, aber ist er noch sehr gut und vergleichbar mit anderen etablierten oder auch aufstrebenden Berufen wie Web-Designern oder Fachinformatikern? Das intellektuelle Umfeld korrespondiert seit Längerem nicht mehr mit den hohen Erwartungen, die das Studium suggeriert. Diverse staatliche Reglementierungen schränken Apotheker in der Wahrnehmung ihrer pharmazeutischen Kennt­nisse bisweilen eher ein, als dass diese gezielt genutzt werden könnten. Der Staat erlaubt nicht oder nutzt nicht aktiv, was er zuvor erwartet hat und erlernen ließ. Das Bild des gut bezahlten Schubladenziehers und Regaloptimierers kommt nicht von ungefähr. Berichte in den allgemeinen Medien sind häufig eher spöttisch als wohlwollend und stellen die Apotheker allzu oft als die Bewahrer eines verkrusteten Systems und nicht als innovative Gesundheitsmanager dar. Und über die tatsächlichen Leistungen von Apothekern wissen häufig nicht einmal die eng verzahnten Ärzte hinreichend Bescheid, geschweige denn die Masse an Patienten.

Nun könnte man sagen, solange die intrinsische Motivation, also die aus der Berufung selbst erzielbaren Antriebe, ausreichend ist und somit die Eigenmotivation dominiert, ficht dies nicht an. Gleichwohl kommt aber noch die Frage auf, ob denn die Leistung oder das Risiko, welche(s) Apothekenleiter erbringen bzw. eingehen, hinreichend vergütet wird, heute und in Antizipation der Zukunft morgen. Wenn man betrachtet, welches Warenrisiko Apotheker tragen müssen, um einen halbwegs brauchbaren Jahresüberschuss erzielen zu können, wird man nachdenklich. Hier wird vielfach gegengehalten, der Apothekenleiter bewege sich aber in einem abgesicherten, da gesetzlich geregelten Umfeld, anders als auf komplett freien Märkten, die ausschließlich den Gesetzen von Angebot und Nachfrage ge­horchen. Aber diese vermeintliche Sicherheit entpuppt sich zusehends als Schimäre, denn bei der Flut an Kostendämpfungsgesetzen in den letzten Jahren war die Diskontinuität und nicht die ­Sicherheit die Regel. Und damit ist auch der Blick in die Zukunft eingeleitet. Man wagt gar nicht zu erahnen, was an Strukturveränderungen im Gesundheitswesen auf uns zu­kommen wird und welches Rollenverständnis sich daraus eben auch für die Apotheker ab­leiten ließe.

Die Politik will Berufsfelder wie Apotheker, mithin generell Pharmazeuten, weil die Bearbeitung des Gutes „Arzneimittel“ das üb­liche Maß an Sorgfalt in der Behandlung von Waren weit übersteigt und von einem besonders kompetenten und interdependent denkenden „Waren-Manager“ verantwortet werden muss. Nur deshalb ist ein derart aufwendiges und schweres Studium gerechtfertigt. Dies muss aber auch als zeit­liche und intellektuelle Investition des Einzelnen interpretiert werden, die sich auf vielfältige Art amortisieren sollte: im Ansehen, in anspruchsvollen Aufgaben und in einer adäquaten Vergütung. Da der Staat dies zu Recht nicht dem freien Spiel der Märkte überantwortet, muss er aber auch sicherstellen, dass die Anreize für die Aufnahme eines Pharmaziestudiums hinreichend hoch sind und bleiben und dass die Anreize für ein dauerhaftes Verbleiben im Berufsumfeld gegeben sind. Aus Sicht des Ökonomen haben sich über viele Jahre die Rahmen­bedingungen diesbezüglich signi­fikant verschlechtert. Kompetenz kostet Geld, und Kompetenz tut not. Eine nur kostengetriebene Prozesspolitik vergisst die qualitätsorientierte Ordnungspolitik. Und dass sich dies früher oder später auf das Selbstwertgefühl und das Sendungsbewusstsein der Apotheker niederschlagen dürfte, ist einleuchtend.

Nun hat die Corona-Krise nicht nur die Leistungen von Apothekern wieder stärker ins Bewusstsein einer diesbezüglich leicht abgestumpft wahrgenommenen Gesellschaft befördert, sondern auch die für Gesundheitsfragen zuständigen Politiker mehrmals während der Pandemie dazu bewegt, den Apotheken Systemrelevanz zu attestieren. Der Lebensmittelhändler Rewe indes bot den besonders ­geforderten Berufstätigen einen besonderen Rabatt an, alle mög­lichen Berufsgruppen waren aufgelistet, Apothekenmitarbeiter waren aber nicht dabei. Offensichtlich kam man im dortigen Management zu einer anderen Einschätzung. Schade eigentlich – zurück auf Null! |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des 
Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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