Gesundheitspolitik

Dauerbrenner Lieferengpässe

ks/dpa | 2020 waren laut einer aktuellen DAPI-Auswertung 16,7 Millionen Rabattarzneimittel nicht verfügbar. Darauf weist der Deutsche Apothekerverband (DAV) hin.

Lieferengpässe sind für Apotheken seit Jahren Alltag. Im Pandemiejahr 2020 änderte sich daran wenig, allerdings verschlimmerte sich das Problem auch nicht. Von den 16,7 Millionen nicht verfügbaren Rabattarzneimitteln, die das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) im GKV-Bereich ausgemacht hat, lag Candesartan mit 2,1 Millionen Packungen auf dem „Spitzenplatz“, gefolgt von Metformin und Pantoprazol mit jeweils 700.000 Packungen. Bei Ibuprofen waren 600.000 Packungen und bei Metoprolol 500.000 Packungen nicht verfügbar. Insgesamt wurden 2020 laut DAV etwa 643 Millionen Arzneimittel in Deutschland auf Rezept zulasten der GKV abgegeben.

Für eine gewisse Entschärfung der Situation sorgte im vergangenen Jahr – und auch jetzt noch – die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung: Mit ihr gestand das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Apotheken im April 2020 wegen der Corona-Pandemie Erleichterungen bei der Auswahl von Ersatzmedikamenten für nicht lieferbare Präparate zu. „Die Corona-Gesetzgebung hat den Apotheken bei Lieferengpässen geholfen, die Patienten schneller mit Austauschpräparaten zu versorgen“, bestätigt der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich. Die damals eingeführte Verordnung gebe den Apotheken mehr Flexibilität – und mit dieser gingen sie „sehr verantwortungsvoll“ um.

Tatsächlich sind die Einsparungen der Kassen aus Rabattverträgen auch 2020 gestiegen – von 4,88 Milliarden Euro 2019 auf nunmehr 4,96 Milliarden Euro. Dittrich fordert daher erneut, den Apotheken die „pharmazeutische Beinfreiheit beim Einsatz vorrätiger Medikamente“ zu erhalten – unabhängig von der Pandemie. „Lieferengpässe waren schon vor Corona da, und es wird sie auch danach geben.“

Keine Dramatisierung

Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen, bestätigt ebenfalls: „An vier von fünf Tagen in der Woche erleben wir, dass gewisse Medikamente nicht zu bekommen sind.“ Er warnt aber vor einer Dramatisierung von Lieferengpässen: „Von einer großflächigen Unter­versorgung mit Arzneien kann in Deutschland keine Rede sein.“

Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht keinen Grund für Alarmstimmung und betont den Unterschied zwischen Liefer- und Versorgungsengpass. Derzeit gebe es rund 190 Lieferengpässe bei rund 100.000 zugelassenen Arzneimitteln – ein Anteil von knapp 0,2 Prozent. Unter den vorüber­gehend knappen Mitteln befänden sich viele, für die es generische Alternativen gebe. Der beim BfArM angesiedelte Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen schätze die Lage „insgesamt als stabil ein“. |

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