Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Die Renaissance der Corporate Identity

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Die Corporate Identity – abgekürzt CI – feierte insbesondere zu Beginn der 90er-Jahre einen Siegeszug sowohl in Management- wie auch in Marketing-Büchern. Dabei wurde das Thema lange kontrovers diskutiert, ein wirklich einheitlicher Bezugsrahmen konnte und wollte nur schwer gefunden werden. Am Ende wurde Corporate Identity von einer Mehrheit als strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und ­außen auf Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie, einer langfristigen Unternehmensziel­setzung und eines definierten (Soll-)Images angesehen. Darin soll der Wille des Unternehmens zum Ausdruck gebracht werden, alle Handlungen in einen einheit­lichen Rahmen zu bringen.

Schon damals galt der Corporate-Identity-Ansatz als nicht wirklich neu, die Idee dahinter schuf aber einen neuen Bezugsrahmen und ordnete zuvor eher rudimentär miteinander verwobene Elemente einer Unternehmensdarstellung zu einem in sich stimmigen Ganzen. Ein Teil der Kritik am Ansatz rührte auch daher, dass dieser ausschließlich für große Unter­nehmen gemacht schien. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall, der Ansatz könnte gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen zu einer Orientierung und Strukturierung verhelfen und bietet sich insbesondere für solche Betriebe an, bei denen der unmittelbare Kundenkontakt in überdurchschnittlichem Maße zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Die CI wird dabei nochmals in drei Bausteine untergliedert. Das Corporate Behavior – auch als Corporate Attitude bezeichnet – umfasst alle konzeptverträglichen Verhaltensweisen des Unternehmens. Viele betonen, dass gerade das Corporate Behavior besonders wichtig sei, da das schlüssige Handeln aller Beteiligter im Fokus stehe. Die Corporate Communica­tions wird als der systematisch integrierte Einsatz aller Kommunikationsinstrumente verstanden. Die Inflation an Nutzungsmöglichkeiten neuerer sozialer Medien macht allein deshalb die Wiederbelebung der Corporate Identity notwendig, zumindest aber nachvollziehbar. Da Art und Stil der Botschaftsübermittlung bei klassischen Kommunikationsmedien stark von digitalen Medien abweichen, ist der Synchronisation beider Elemente besonderes Augenmerk zu widmen. Schließlich umfasst das Corporate Design alle visuellen, aber auch stilistischen Ausdrucksformen des Unternehmens und versucht die Gestaltungselemente Schrift, Symbole, Farben, Logo, Claims usw. zu harmonisieren. Bei Geschäften mit Kundenkontakt zählen manche Vertreter eines sehr weiten Begriffsverständnisses auch die Art der Ladengestaltung zum Corporate Design.

Was also durch die Corporate Communications versprochen wird, muss sich im Design und im Behavior wiederfinden und bestätigen. Manche Apotheken versuchen, im sozialen Netz einen bisweilen lockeren Ton anzuschlagen, was dann nicht verkehrt ist, wenn sich dies in der Offizin bei aller Ernsthaftigkeit der dort zu behandelnden Thematik wie auch immer fortsetzt. Im Netz witzig sein zu wollen, dies dann aber vor Ort nicht einlösen zu können, nimmt der Kunde als Bruch wahr. Ähnlich verhält es sich mit einem modernen Internetauftritt, der dann in eine womöglich verstaubte Offizin lockt. Im Umkehrschluss soll nicht geschlussfolgert werden, dass vor dem Hintergrund einer renovierungsbedürftigen Offizin auch der Internetauftritt suboptimal gestaltet werden sollte. Die Frage lautet daher: Welche Asso­ziationen würden mir einfallen, wenn ich den Internetauftritt sehe, und welche bei Betreten der Offizin und gibt es für beide Teilfragen eine hinreichend hohe Schnittmenge? Tragen beispielsweise die Mitarbeiter in der Offizin weiße Mäntel, sollten sie dies auch auf allen bebilderten Kommunikationsmitteln tun usw.

Man mag das Thema als überstrapaziert ansehen, als Korrektiv für das Tun und Handeln in Apotheken kann es hilfreich sein. Passt dies oder jenes zu uns und unserem Auftritt oder anders formuliert: Passt unser Auftritt noch zu uns? Wie schwer es ist, sich von ­einem etablierten Auftritt zu verabschieden, hat mancher schon erlebt. Warum also ohne Not ein Erkennungszeichen verändern und Kunden an etwas Neues gewöhnen, wo doch das Alte trägt? Welchen Malus nimmt man demnach eher in Kauf? Dass der Auftritt nicht mehr zeitgemäß ist und eigentlich auch nicht mehr zu Behavior und Design passt oder dass man viel Geld in einen Relaunch der Marke der Apotheke steckt, um wieder ein in sich stimmiges Gesamtbild abzugeben, was zu den vor Ort handelnden Personen passt?

Ferrero hat bei der Kinderschokolade lange gewartet, bis man das auf der Verpackung abgebildete Kind ausgetauscht hat. Das ursprüngliche Bild war mittlerweile als zu brav und zu bieder etikettiert worden. Aber die Anpassung verlief dennoch moderat, zu viel Änderung im Auftritt löst bei manchen Kunden den Reflex aus, dass man nicht mehr das bewährte Paket erhält. Deshalb mit Anpassungen nicht zu lange warten, die schleichende Anpassung wird vom Kunden besser verdaut als der Big Bang, ist aber auch weniger spektakulär. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des 
Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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