Wirtschaft

USA: Amazon steigt in Telemedizin-Markt ein

Hausarztdienste für eigene Mitarbeiter sollen auf andere Unternehmen ausgedehnt werden

rh | Die Angst vor Ansteckung mit COVID-19 lässt die Nach­frage nach virtuellen Arztbesuchen auch in den USA ansteigen. Da wittert Amazon offenbar ein großes Geschäft und plant, die Gesundheitsdienstleistungen seiner Tochter Amazon Care auszuweiten.

Der virtuelle medizinische Betreuungsdienst Amazon Care startete vor zwei Jahren sein Pilotprojekt in Seattle, dem Hauptsitz von Amazon, als Angebot für die eigenen Mitarbeiter. Zunächst für kleinere Notfälle wie Bauchschmerzen oder leichte Unfälle eingerichtet, haben sich die sogenannten „Urgent Care“-Visiten laut einem Bericht des „Handelsblatts“ zu einer größeren Dienstleistung entwickelt. Mittlerweile habe die Amazon-Tochter das Angebot weiter aus­gebaut und biete auch Hausarztdienste als Mischung aus virtueller Betreuung und regelmäßigen Kontrollen sowie der Begleitung von chronisch Kranken mit einem Arzt vor Ort an.

Ab Sommer soll Amazon Care nun für alle Mitarbeiter bei Amazon USA geöffnet werden. Der Onlineversandhändler plant darüber hinaus, seine Gesundheitsdienstleistungen noch in diesem Jahr anderen Unternehmen in den USA gegen Gebühr anzubieten.

„Die anderen Unternehmen zeigen großes Interesse an dem hybriden Modell aus virtuellem und per­sönlichem Service“, zitiert das „Handelsblatt“ die Direktorin von Amazon Care, Kristen Helton, im US-Sender CNBC. Sie lege Wert darauf, dass Amazon Care heute auch den Hausarzt ersetzen und chronisch Kranke begleiten könne: „Sie können den gleichen Betreuer sehen, ein Behandlungsteam, sodass eine Gruppe von Fachleuten Sie wirklich kennenlernt.“

Die Telemedizin ist in den USA allerdings keine Spielwiese nur für Amazon Care. Auch spezialisierte Anbieter wie Teladoc, der Versicherer United Healthcare und die Apothekenkette CVS Health­care sind im Rennen. Sie teilen zudem noch die Gemeinsamkeit, dass sie ihre Dienste speziell auch für Arbeitgeber anbieten, schreibt das „Handelsblatt“.

Foto: Kaspars Grinvalds – stock.adobe.com

Der Vorstoß von Amazon Care in den Markt der Telemedizin geschieht rund zwei Monate nach dem Scheitern des Konzerns beim Aufbau einer eigenen Kran­ken­versicherung. Zusammen mit dem Partner Haven, einem Gemeinschaftsunternehmen der Großbank JP Morgan und der Holding Berkshire Hathaway, wollte Amazon eine Krankenversicherung hochziehen mit stark digitalisiertem Ärztesystem inklusive direktem Zugang zu Medikamenten. Amazon-Gründer Jeff Bezos hatte das ehrgeizige Projekt gemeinsam mit dem Investor Warren Buffett und JP-Morgan-Chef Jamie Dimon im Februar 2018 angekündigt.

Mit der „Amazon-Krankenversicherung“ war eine kostengünstige Alternative zur teuren Gesundheitsversorgung in den USA angedacht. Zunächst nur für Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen, später als Modell für alle US-Bundesstaaten. Ende Februar wurde dann allerdings das Aus des ambitionierten Projekts ohne Angabe von Gründen bekannt gegeben.

Indessen setzt Amazon an anderer Stelle in Europa seine Expansionspläne fort: Mehreren Medienberichten zufolge baut der US-Konzern derzeit ein neues Verteil­zentrum an der Grenze zwischen Aachen und der niederländischen Gemeinde Heerlen. In dem holländischen Gewerbepark Avantis haben sich bereits Großunternehmen angesiedelt, darunter der Arzneimittelversender DocMorris. |

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