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Digitalisierung

Auf allen Kanälen

Was bedeutet Multichanneling in den Vor-Ort-Apotheken?

Ab Mitte 2021 startet in Deutschland das E-Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel – ein großer Fortschritt im Digitalisierungsprozess des deutschen Gesundheitswesens. Bereits etablierte Serviceangebote der stationären Apotheke gewinnen in diesem Zusammenhang an neuer Bedeutung. Gleichzeitig eröffnen digitale Anwendungen zusätzliche Möglichkeiten in der Kundenbindung. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Komponenten und Möglichkeiten ­eines ganzheitlichen Multichanneling-Ansatzes und das Potenzial, das die Vernetzung digitaler und stationärer Serviceangebote bieten kann. | Von Kathrin Wild

Eine eigene Webseite ist für viele Apotheken bereits selbstverständlich und nicht mehr wegzudenken. Im Sinne einer Übersicht für gut vernetzbare On- und Offline-Angebote soll dieses Thema aus diesem Blickwinkel dennoch beleuchtet werden, um für den ein oder anderen neuen Aspekt vielleicht noch mal den Blick zu schärfen. Die Suche nach den Öffnungszeiten, Kontakt- und Bestellmöglichkeiten oder die Anschrift führen die Kunden häufig auf die Apothekenwebseite. Eine mit hoher Nutzerfreundlichekit gestaltete Webseite ist daher das A und O. Findet der Anwender seine gewünschten Suchergebnisse erst nach einer Vielzahl von Klicks innerhalb der Seite, läuft die Apotheke Gefahr, das Interesse des Kunden – und damit ihn – an den Wettbewerb zu verlieren. Apotheken können sich mit dem Aufbau einer Webseite selbst auseinandersetzen, müssen es aber nicht. Anbieter, die sich auf die Branche spezialisiert haben und somit auch mit den Besonderheiten und rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut sind, sind für die Umsetzung ein guter Partner.

Wer sich lieber selbst mit dem Aufbau einer Webseite beschäftigen möchte, findet bei spezialisierten Unternehmen Unterstützung. Mit Homepage-Baukästen können Anwender, auch ohne Vorkenntnisse, eine Webseite schnell und kostengünstig selbst aufbauen. Der User wählt aus einer Vielzahl an vorgegebenen Templates und Designs seine Favoriten aus und stellt diese entsprechend zusammen. Ebenso kann sich die Apotheke für eine eigens gestaltete, ganz individuelle Internetseite entscheiden und diese von Profis umsetzen lassen. Eine derartige Onlinepräsenz steigert den Wiedererkennungswert und lässt zudem Raum für eigene Ideen. In der Realisierung ist so ein Projekt meist aufwendiger und kostspieliger, kann sich durch ein höheres Maß an Differenzierung gegenüber der Konkurrenz aber auszahlen.

Unabhängig davon, ob der Kunde per Smartphone, Tablet oder PC auf die Apothekenwebseite zugreift – das responsive Design einer Webseite ist weit mehr als ein Zusatznutzen. Vielmehr erwarten die Anwender von einem professionellen Webauftritt, dass die Darstellung für alle Endgeräte optimiert ist. Webseiten, die nur auf einem lokalen Computer richtig aufgebaut werden, bieten den Nutzern mobiler Devices keinen Komfort. Das Risiko, dass der Kunde zur Konkurrenz abwandert, ist dann groß und sollte vermieden werden.

Für den Einstieg in die Internetsuche setzen die meisten Nutzer eine Suchmaschine ein. Daher ist das Themengebiet rund um die Auffindbarkeit der Apotheke oder der Rang in der Ergebnisliste nicht zu vernachlässigen. Zur Optimierung der Online-Sichtbarkeit kann die Apotheke aktiv ­beisteuern und sich die Angebote fachkundiger Anbieter ­zunutze machen. Im Portfolio dieser Unternehmen finden sich verschiedene Dienstleistungen, welche die Darstellung und Auffindbarkeit der Onlinepräsenz nachhaltig professionalisieren.

Online in der Stammapotheke einkaufen

Einen eigenen Webshop ins Leben rufen und damit neben den großen Versendern bestehen? Das wird sich nicht wirklich lohnen, mag hier der erste Gedanke sein, der sich einschleicht – aber nicht zu schnell! Die Vor-Ort-Apotheken bringen gegenüber dem Versandhandel entscheidende Vorteile mit sich: kurzfristige Verfügbarkeit der Arzneimittel, unkomplizierter Zugriff auf pharmazeutische Beratung, die lokale Belieferung der Patienten per Botendienst – das alles in Kombination ermöglicht die Versorgung von Patienten innerhalb weniger Stunden. Online wie offline bietet sich eine große Chance, diese Vorteile der Vor-Ort-Apotheken deutlich herauszustellen.

Seit Beginn der Pandemie schätzen viele Kunden noch mehr die Vorteile eines Onlineeinkaufes. Diese Entwicklung wird auch zukünftig mit der fortschreitenden Digitalisierung des Gesundheitswesens zu beobachten sein. Daher ist es ein guter Zeitpunkt, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und die Position im Markt weiter zu stärken und auszubauen. Für die Realisierung eines eigenen Webshops finden interessierte Apotheken Unterstützung bei Anbietern, die sich auf den Apothekenmarkt spezialisiert haben. Das Angebot umfasst verschiedene Komplettpakete, die entweder die Anforderungen an einen regionalen Webshop oder die Variante mit Versandlösung umsetzen. Webshops ohne Versand­lösung bedienen sich des Click & Collect-Modells: der Kunde wählt auf der Apothekenwebseite die gewünschten Artikel aus und holt sie zu seinem Wunschtermin selbst in der Apotheke ab. Teilweise bieten Apothekensoftwarehäuser Schnittstellen für das Click & Collect-Modell in die Warenwirtschaft an und ermöglichen eine prozessorientierte und reibungslose Abarbeitung von eingehenden Onlinebestellungen. Bietet die Apotheke nun im Anschluss an den Onlineeinkauf auch die Variante „Lieferung per Botendienst“ an, wird der Patient mit einem Minimum an Kontakten komfortabel und schnell mit den benötigten Medikamenten versorgt.

Soll es nicht gleich ein eigener Webshop sein, können Vor-Ort-Apotheken an einem Vorbestellportal teilnehmen. Das Design, der Aufbau und die Inhalte der Webseite werden bei dieser Variante von dem Portalbetreiber vorgegeben. Nach dem Aufruf der Seite wählt der Kunde zuerst seine gewünschte Apotheke aus und kann nun über das Portal Onlinebestellungen in seine Wunschapotheke senden. Anschließend besteht die Möglichkeit, die Ware selbst in der Apotheke abzuholen oder, wenn die Apotheke den Service anbietet, sie direkt nach Hause liefern zu lassen – und das binnen weniger Stunden nach Absatz der Bestellung.

Der direkte Draht zum Kunden

Auf dem Smartphone des Kunden verfügbar sein und damit immer greifbar und erreichbar – Apotheken-Apps bieten dafür die perfekte Lösung. Apotheken können aus einem breiten Angebot an Patienten-Apps wählen und für sich das beste und passende Angebot wählen: Entweder eine individualisierte App mit entsprechenden Anbietern gestalten oder die Variante der „allgemeinen“ Apps wählen, zu den Anbietern wie Apothekensoftwarehäuser oder Verlage zählen – mit diesem digitalen Zusatzangebot lässt sich die Kundenbindung weiter intensivieren.

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Kundenbindungen intensivieren - mit apothekeneigenen oder „allgemeinen“ Apps, die das Produkt- und Dienstleistungsangebot der Apotheke darstellen.

Der Funktionsumfang der einzelnen Apps unterscheidet sich je nach Anbieter, einige der Features seien kurz dargestellt: Arzneimittelvorbestellungen lassen sich datenschutzkonform in die Apotheke senden und bei Bedarf per Botendienst direkt nach Hause liefern. Verfügt die App über eine Chatfunktion, kann der Patient Rückfragen zu seiner Bestellung stellen. Teilweise bieten die Apps Funktionen wie pflegbare Einnahmepläne, die in Zusammenarbeit mit der Stammapotheke die Arzneimitteltherapiesicherheit nachhaltig steigern können. Einnahmeerinnerungen und Nach­bestellhinweise unterstützen den Patienten zusätzlich in der regelmäßigen Anwendung seiner Medikamente.

Mit der Einführung des E-Rezeptes im nächsten Jahr werden Apotheken-Apps an zusätzlicher Bedeutung gewinnen. Nachdem der Patient das E-Rezept auf die Gematik-App geladen hat, soll es nach aktuellem Stand die Möglichkeit geben, den Rezept-Code an Drittanbieteranwendungen weiter zu versenden. Eine Apotheken-App kann nun dem Patienten die Weiterleitung seines Rezeptes direkt in seine Stammapotheke ermöglichen. Somit positioniert sich die Vor-Ort-Apotheke auch in diesem Umfeld klar gegenüber dem Versandhandel. Denn die Lieferfähigkeit binnen weniger Stunden in Verbindung mit niederschwellig erreichbarer pharmazeutischer Fachberatung, und anschließendem taggleichen Botendienst sind Alleinstellungsmerkmale der stationären Apotheken.

Stationäre Serviceangebote bieten maximale Flexibilität

Lokale und digitale Serviceangebote miteinander kombinieren und damit das beste Angebot für ihre Kunden schaffen, ist ein gutes Credo in der Multichannel-Ausrichtung der Apotheke. In diesem Zusammenhang sei eine „lokale“ Dienstleistung genannt, welche viele Apotheken bereits heute anbieten und wahrscheinlich in der jetzigen Zeit in ganz besonders intensivierter Form ihren Einsatz findet. Auch im Hinblick auf die Einführung des E-Rezeptes und der damit verbundenen Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Versandhandel gewinnt dieser Service noch einmal an Aktualität und Wichtigkeit – das Botendienstangebot der Vor-Ort-Apotheken.

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Flexibilität für Kunden und Apothekenpersonal durch die Verknüpfung von digitalen und stationären Serviceangeboten - wie den Abholautomaten.

Mit der Änderung der „SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung“ können Apotheken seit dem 1. Oktober 2020 unter Verwendung einer Sonder-Pharmazentralnummer für die Lieferung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln 2,50 Euro zzgl. MwSt. je Lieferort und Tag den gesetzlichen Krankenkassen in Rechnung stellen. Auch bei Verordnungen auf Privatrezept ist diese Gebühr abrechenbar. Die Verordnung ist befristet bis zum 31. Dezember 2020, im VOASG soll ab dem 1. Januar 2021 die Vergütung zur Regelleistung werden. Demnach ist die Belieferung von Rezepten bis vor die Haustüre der Patienten eine Maßnahme, deren Nutzen und Vorteile auch für die Zeit nach der Pandemie erkannt wurde. Unterstützt sie heute sowohl Patient als auch Apothekenmitarbeiter in der Reduzierung von Kontakten, soll mit dieser Versorgungsform die Vor-Ort-Apotheke weiter gestärkt werden. Für eine bestmögliche Integration dieser Serviceleistung in bestehende Regelprozesse, bieten Softwarehäuser Programme an, mit welchen die Planung und ­Abwicklung von Botenlieferungen effizient unterstützt wird.

Kunden in eher ländlichen Regionen, pflegende Angehörige oder junge chronisch kranke Patienten – diese und viele weitere Kundengruppen profitieren von digitalen Bestellmöglichkeiten über einen Webshop oder eine Apotheken-App mit anschließender Botenlieferung. In diesem Zusammenhang wollen wir noch einen Blick auf ein Thema werfen, das für Apotheke und Kunde einen zusätzlichen Flexibilitätsgewinn bedeutet. Abholautomaten, die sich direkt in der innehabenden Apotheke befinden, ermöglichen die Abholung von bereits bezahlter Ware vollkommen abseits von den üblichen Geschäftszeiten. Ist es den Kunden nicht mehr möglich abends rechtzeitig vor Ladenschluss in die Apotheke zu kommen, kann die Abholung zeitlich flexibel über die Abholautomaten erfolgen. Ebenso bietet das Terminal der Apotheke die Möglichkeit die Kundenanzahl in den Apothekenräumen zu reduzieren, indem Abholungen bezahlter Ware an die Abholautomaten ausgelagert werden.

Bereits heute gut auf morgen vorbereitet

Die vorgestellten Komponenten bieten Vor-Ort-Apotheken die Möglichkeit ihren Kundenstamm weiter auszubauen und stärker an sich zu binden. Und das sowohl online wie offline. Ein wichtiger Aspekt in der Umsetzung ist, dass sich neue Serviceleistungen langfristig nur durchsetzen können, wenn eine fortlaufende Betreuung innerhalb der Apotheke sichergestellt ist. Möchte sich eine Apotheke in puncto digitalen Angeboten breiter aufstellen, müssen zum Einstieg nicht sofort alle Kanäle gleichzeitig bespielt werden. Vielmehr gelingt ein guter Start mit einer ausgewählten Maßnahme, hinter der sowohl der Apotheker als auch das Team stehen. Mit der Zeit wird sich durch das Feedback der Kunden und der Apothekenmitarbeiter zeigen, in welche Richtung sich weitere Investitionen lohnen. Im Hinblick auf den Digitalisierungsfortschritt wird es sich auszahlen, bereits heute Apothekenkunden verstärkt an digitale Serviceangebote heranzuführen und sich in Kombination mit stationären Leistungen zu etablieren. |

Autorin

Kathrin Wild ist Apothekerin und im Produktmanagement von Pharma­technik tätig

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