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Ausweichende Antworten zu DocMorris

EU-Kommissar Breton antwortet deutschem EU-Parlamentarier und lässt viele Fragen offen

bro/ks | Die EU-Kommission sieht offenbar keine Probleme bei der Überwachung des EU-Versenders DocMorris. Der SPD-Europaabge­ordnete Bernd Lange hatte der EU-Kommission mehrere Fragen rund um den niederländischen Konzern gestellt – auch in puncto Überwachung. Nun liegt eine Antwort des neuen Binnenmarktkommissars Thierry Breton vor.

Langes Anfrage hatte es in sich. Er thematisierte darin die Wettbewerbsverzerrungen zwischen EU-Versendern und deutschen Vor-Ort-Apotheken. In seinen drei Fragen ging er zunächst auf die mit deutschen Absender-Adressen beklebten DocMorris-Pakete ein. Zweitens wollte Lange wissen, wie die EU-Kommission den Wettbewerbsnachteil bewertet, der für deutsche Apotheken besteht und was dagegen unternommen werden könnte. Schließlich stellte Lange die brenzlige Frage: „Hat die Kommission Kenntnis davon, dass DocMorris von den niederländischen Behörden überwacht wird?“ Über die Überwachung der EU-Versender wird seit Jahren diskutiert. Denn: In den Niederlanden gelten für sogenannte Grenzapotheken Ausnahmen: Wenn sie belegen können, dass sie von den Ländern überwacht werden, in die sie liefern, gelten Erleichterungen für DocMorris und Co. DAZ.online hatte aber kürzlich ­darüber berichtet, dass die deutschen Arzneimittel-Überwachungsbehörden in die Kontrolle von DocMorris und Co. nicht involviert sind.

Der neue EU-Binnenmarktkommissar Breton weicht den Fragen größtenteils aus. Auf die Problematik mit den deutschen Absender-Adressen geht er in seiner knapp gehaltenen Antwort gar nicht ein. Er verweist auf grundsätz­liche europarechtliche Vorschriften – die Regelungen zum freien Warenverkehr im Vertrag über die Arbeitsweise der EU sowie auf den Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG) – ohne sie genauer zu benennen. Nach diesen Vorschriften müssten „Onlineapotheken eine Genehmigung für die Abgabe von Arzneimitteln im Fernabsatz einholen und den einzelstaatlichen Behörden am Ort ihrer Niederlassung ihre Absicht, Arzneimittel online zum Verkauf anzubieten, mitteilen“, heißt es in der Antwort.

Registrierter Online-Händler

Weiter schreibt Breton, dass das Verzeichnis registrierter Onlinehändler von Arzneimitteln in den Niederlanden öffentlich zugänglich sei und DocMorris dort aufgeführt sei. In der Tat ist es so, dass DocMorris auf der Internetseite des niederländischen Gesundheitsministeriums als Online-Apotheke in der höchsten Kategorie „UR“ regis­triert ist. Nur Versandhändler in dieser Kategorie dürfen Rx-Arzneimittel versenden. Allerdings: Über die Überwachung und Kontrolle des EU-Versenders sagt dieses Verzeichnis – zumindest öffentlich – nichts aus.

Breton erklärt weiter, dass die Mitgliedstaaten für die Durchsetzung der Richtlinie 2001/83/EG verantwortlich seien. „Sie müssen auch sicherstellen, dass nur zugelassene Marktteilnehmer Arzneimittel in der EU zum Verkauf anbieten. Außerdem obliegt es den Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass wirksame und abschreckende Sanktionen gegen solche Händler verhängt werden, die die oben genannten Anforderungen nicht erfüllen.“

Max Müller und Christian Franken verlassen DocMorris

DocMorris steht vor personellen Veränderungen: Sowohl Chief Strategy Officer Max Müller als auch Chief Pharmaceutical Officer Christian Franken verlassen den Vorstand „auf eigenen Wunsch und im besten Einvernehmen“ zum 30. April 2020. Beide gehörten dem Vorstand seit 2013 an. Müller, so heißt es in einer Pressemitteilung von DocMorris, werde zukünftig für die Bayer AG tätig sein. Der Pharmazeut Franken wird Geschäftsführer bei DiHeSys (Digital Health Systems). Auch das Management-Team von DocMorris Deutschland wird umgebaut. Die Medpex-Gründer Frank Müller, Tobias Kindlieb und Ulrich Spindler haben zum 1. Januar 2020 führende Positionen übernommen. DocMorris hatte Medpex vor rund einem Jahr übernommen.

Dünner Verweis auf den EuGH

Was die Frage der Wettbewerbsverzerrung betrifft, verweist Breton lediglich knapp auf eine Aussage des EuGH-Urteils, die viele deutsche Apotheker verärgert hatte. „Zu potenziellen Wettbewerbsverzerrungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits erklärt, dass der Onlineverkauf für Apotheken, die nicht im deutschen Hoheitsgebiet ansässig sind, die ein­zige Möglichkeit des Zugangs zum deutschen Markt darstellt.“

Auch wenn Breton in seinem Antwortschreiben noch vieles offen lässt, ist es ein erster Fingerzeig darauf, wie sein Kommissariat das von der Bundesregierung geplante Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz bewerten könnte. Nach Informationen von DAZ.online könnte Breton noch in dieser Woche Auskunft darüber geben, wie er das von Bundesgesundheitsminister Spahn anvisierte Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich bewertet. Denn für den kommenden Freitag, den 31. Januar, hat sich der Franzose in Berlin angekündigt. Auch ein Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) steht in seinem Terminkalender. |

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