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Ordnungsgemäße Entsorgung von Chemikalien in der Apotheke

Die APD will Apotheken für die richtige Handhabung sensibilisieren

Die Entsorgung überalterter Chemikalien und Reagenzien ist nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) bei Inspektionen in der Apotheke immer wieder ein Thema, insbesondere in Apotheken, die seit mehreren Generationen betrieben werden. Nicht selten stehen dort noch Chemikalien, die nach den Bestimmungen des DAB 6 vorgeschrieben waren. Die APD will mit dem nachfolgenden Beitrag Apotheken für eine ordnungsgemäße Entsorgung sen­sibilisieren und ihnen gleichzeitig einen Weg aufzeigen, wie sie ihre nicht mehr benötigten Chemikalien ordnungsgemäß entsorgen können.

Weißer Phosphor wird weiterhin oft in verschlossenen Schränken in der Apotheke gelagert oder auch aufgrund der Gefährlichkeit außerhalb der Apothekenräume, in nicht sachgerechten Lagerstätten, in privaten Kellern oder auch Garagen. Explosive Stoffe wie Pikrinsäure, Di­nitrophenylhydrazin, Dichlorchinonchlorimid, Nitroglycerinlösung und radioaktive Uranylsalze oder CMR-Stoffe sind nur einige wei­tere Beispiele, die vorgefunden werden. Ätzende Säuren wie Salpeter­säure, Phosphorsäure oder die hochgiftige Flußsäure lagern in zerbrechlichen Gefäßen in irgendwelchen Ecken. Die Lagergefäße befinden sich aufgrund des Alters und der Aggressivität der Stoffe in einem erbärmlichen = hochgefährlichen Zustand.

Apotheken sortieren oftmals aus unterschiedlichen Gründen vermehrt Reagenzien aus, bedingt durch andere oder neue Prüfverfahren oder auch aufgrund der Schließung von Filialbetrieben. Zudem sind Reagenzien nicht mehr in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgeschrieben. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass auf Flohmärkten alte Reagenziensätze aus Apotheken angeboten worden sein sollen. So konnten gefährliche Chemikalien in Laienhand gelangen. Einige Apothekenleiter lassen die Reagenzien nach Schließung des Betriebes in den Räumlichkeiten zurück. Die Hauseigentümer entsorgen dann diese teilweise extrem entzündlichen, explosiven, gefährlichen Stoffe ohne weitere Kenntnisse im Umgang mit Gefahrstoffen.

Foto: AGS Nord GmbH

Phlegmatisierte Explosivstoffe nach einer Woche.

Apothekenleiter verantwortlich – auch nach Schließung

Die Aufsichtsbehörden können nur eine ordnungsgemäße Entsorgung der sich in den Betriebsräumen befindlichen Chemikalien und Reagenzien anmahnen. Die irgendwo in den Privaträumen, Kellerräumen, Garagen, Dachböden oder Schuppen gelagerten Problem-Chemikalien bekommen die Aufsichtsbehörden nicht zu sehen. Und es soll Apotheken geben, die bei Eintreffen der Revisionsankündigung schnell noch diese Chemikalien in nicht zur Apotheke gehörige Räume verlagern.

Die eventuell zur Entsorgung beauftragten Mitarbeiter der Entsorgungsfirmen werden dann gebeten, die Gefahrstoffe und Chemikalien aus diesen „Abstellräumen“ zu holen und setzen sich dabei einer hohen Selbstgefährdung aus (siehe Fotos). Nach Aussage von Fachfirmen hat diese fragwürdige Praxis über die Jahre zugenommen.

Fakt ist: Der Apothekenleiter ist und bleibt für die ordnungsgemäße Lagerung und Entsorgung im Betrieb vorhandener Chemikalien verantwortlich, auch über die Schließung seiner Apotheke hinaus. Der Apotheker muss die nicht mehr benötigten Chemikalien sachgerecht entsorgen. Er haftet dafür!

Abtransport nicht einfach im Auto

Nicht selten wollen die Apothekeninhaber diese Chemikalien dann selbst im eigenen Kfz zur Entsorgung zu einem Unternehmen bringen, was nach den Vorschriften des Gefahrguttransportes (Gefahrgutbeförderungsgesetz, GGBefG) nicht zulässig ist bzw. mit zahlreichen Auflagen verbunden wäre. Die komplexen Gefahrgutvorschriften für den Straßenverkehr (z. B. Zusammenpackverbote) und ein spezieller Versicherungsschutz für Abfall- und Gefahrguttransporte sind zu beachten. Es sind besondere Verpackungen, spezielle ­inerte Füllstoffe und Gefahrgutkennzeichnungen zu verwenden.

Eine andere Variante ist, dass Mit­arbeiter mit kleinen Mengen zu den Entsorgungsmobilen der Städte/Kreise geschickt werden – oft mit Privat-Pkw. Auch dies ist grundsätzlich nicht zulässig!

Noch problematischer wird dies, wenn dabei explosive Stoffe nicht ordnungsgemäß transportiert werden. Hier kann es sehr schnell zu einer Anzeige kommen, mit der Folge eines Strafverfahrens. Es sind Fälle bekannt, bei denen sich Apothekenleiter und/oder -mitarbeiter wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffrecht, gegen das Gefahrgutbeförderungsgesetz und/oder gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz verantworten müssen. Und es ist sehr fraglich, ob der Transport von problematischen Gefahrstoffen = Gefahrguttransport und gefährlichen Abfällen von einer Personen- oder Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt ist.

Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können Abfälle, die aus anderen Herkunftsbereichen als aus privaten Haushaltungen stammen, von der Entsorgung ausschließen, sodass die Apothekenleiter selbst für die sachgerechte Beseitigung der in ihrem Betrieb anfallenden Chemikalien sorgen müssen.

Was ist also zu tun?

Bei der Entsorgung der Altchemikalien könnte man wie folgt vorgehen:

  • Es ist ein geeigneter zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb für das „Sammeln und Befördern von gefährlichen und ungefährlichen Abfällen“ zu finden.
  • Es gibt einige, auch bundesweit tätige Firmen, die sich auf die Entsorgung von Chemikalien und Reagenzien aus Apotheken spezialisiert haben und die im Vorfeld auf Anfrage ein Angebot erstellen. Deren Fachleute sortieren und verpacken die Chemikalien vor Ort nach den geltenden Abfall- und Gefahrgut-rechtlichen Vorgaben in spezielle Behälter, klassifizieren diese und bereiten die richtige Deklaration vor, führen den Abfall-/Gefahrguttransport mit entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen durch und übergeben den Sonderabfall an dafür zugelassene spezielle Hochtemperatur-Verbrennungsanlagen. Diese ordnungsgemäße Entsorgung wird in der Regel nach Terminvereinbarung durchgeführt.
  • Diese zertifizierten Entsorgungsfachbetriebe findet man in Suchmaschinen wie Google bei der Eingabe von Stichworten wie z. B. „Bundesweite Entsorgung von Laborchemikalien“, „Apothekenentsorgung“ oder auch in Anzeigen in den Fachzeitschriften.
  • Die Nachfrage bei der kommunalen Abfallberatung bringt oft nicht den gewünschten Erfolg, da die Entsorgung gewerblich anfallender Chemikalien über einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger meist nicht möglich ist, da nur Sondermüll aus Privathaushalten angenommen wird. Zudem stellt sich natürlich die Frage des sachgerechten Transports.
  • Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung: Die Entsorgung sollte über einen Entsorgungsnachweis des Fachbetriebes, zum Beispiel einen abfallrechtlichen Übernahmeschein, dokumentiert werden. Dieser dient der Apotheke auch zum Beleg der ordnungsgemäßen Entsorgung gegenüber den Aufsichtsbehörden.

In einigen Kammerbereichen wurden vom Apothekerverband für seine Mitglieder Sonderkonditionen über eine bestimmte Schadstoffentsorgung vereinbart; dies sollte im Vorfeld beim Verband erfragt werden. Auch führen manche Verbände Entsorgungsaktionen durch. Und auch die Pharmazie­räte und Amtsapotheker stehen gerne beratend zur Verfügung.

Fazit

Es ist mittlerweile einfacher, Chemikalien zu besorgen als zu entsorgen. Eine nicht ordnungsgemäße Lagerung, Beförderung oder Entsorgung kann sich und andere gefährden und auch behördlich geahndet werden. Aus Gründen eines ordnungsgemäßen Umgangs mit Gefahrstoffen in der Apotheke (und auch aus Umweltschutzgründen) sollte jeder Apothekenleiter seinen Bestand an Chemikalien und Reagenzien auf obsolete, überlagerte, qualitativ nicht einwandfreie oder nicht mehr benötigte Stoffe überprüfen, diese aussondern und einer ordnungsgemäßen, fachgerechten Entsorgung zuführen. Dazu ist in der Regel die Beauftragung eines zertifizierten Entsorgungsfachbetriebes erforderlich. |

Dr. Ute Stapel, Bönen; Christian Bauer, Vorsitzender der APD

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