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Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab |  Welcher Impfstoff macht das Rennen? Welche Therapieoptionen kommen bei einer COVID-19-Erkrankung infrage? Und welche noch unbekannten Angriffspunkte bietet das Coronavirus? Auf der Suche nach Therapie-Optionen einer SARS-CoV-2-Infektion ergeben sich täglich neue Publikationen.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Mitteilungen über SARS-CoV-2 haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Antidepressivum gegen COVID-19?

Eine klinische Verschlechterung erleben die meisten COVID-19-Patienten in der zweiten Erkrankungswoche. Ein Großteil von ihnen wird etwa acht bis zehn Tage nach Symptombeginn in ein Krankenhaus eingewiesen. Dabei ist die Überreaktion des Immunsystems in Form eines Zytokinsturms eine gefürchtete Komplikation der COVID-19-Erkrankung. Um schlimme Krankheitsverläufe zu verhindern, wird verstärkt an der Entstehung des Zytokinsturms geforscht und daran, wie dieser verhindert werden kann. Eine mögliche Option haben amerikanische Forscher in dem Antidepressivum Fluvoxamin gesehen. Dieses wirkt zum einen als selektiver Serotonin-Reuptake-Inhibitor, zum anderen ist es über eine Aktivierung des Sigma-1-­Rezeptors aber auch an der Regulation der Zytokinproduktion beteiligt. Bereits in der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass das entzündliche Geschehen bei einer Sepsis unter Fluvoxamin weniger gravierend ausfiel. Jetzt haben die Wissenschaftler in einer randomisierten Doppelblindstudie das Antidepressivum an 152 ambulanten Patienten in Hinblick auf eine klinische Verschlechterung untersucht, bei denen in den sieben Tagen zuvor eine SARS-CoV-2-Infektion diagnostiziert worden war. Als klinische Verschlechterung werteten sie eine Dyspnoe, einen Krankenhausaufenthalt wegen Kurzatmigkeit, eine Lungenentzündung oder eine Sauerstoffsättigung unter 92%. 80 Patienten bekamen randomisiert bis zu dreimal täglich 100 mg Fluvoxamin, 72 Probanden erhielten Placebo. Innerhalb von 15 Tagen verschlechterte sich bei sechs Patienten in der Placebogruppe der klinische Zustand, jedoch bei keinem Teilnehmer der Fluvoxamin-Gruppe (Absolute Differenz: 8,7%, 95%-Konfidenzintervall: 1,8 bis 16,4%; p = 0,009). Die Wissenschaftler merken jedoch an, dass aufgrund der kleinen Stichprobengröße und der kurzen Nachbeobachtungszeit diese Ergebnisse nicht als Wirksamkeitsnachweis gesehen werden dürfen. Dieser muss durch größere Studien belegt werden [Lenze E J et al. JAMA Network 2020. doi:10.1001/jama.2020.22760].

Grafik: GEMINI – stock.adobe.com

Handydaten spüren Hotspots auf

Welches sind die häufigsten Übertragungsorte für SARS-CoV-2? Dieser Frage sind Forscher nachgegangen und haben dazu ein Modell entwickelt, in dem die Handydaten aus zehn amerikanischen Großstädten ausgewertet wurden. So konnten sie die Bewegungsverläufe von über 98 Millionen Amerikanern nachverfolgen. Konzentriert haben sie sich dabei auf besonders häufig besuchte Orte (POI, Points of Interest), wie beispielsweise Restaurants, Cafés, Supermärkte, Kirchen, Hotels, Fitnessstudios und Tankstellen. Mit Hilfe der Eingliederung in bestimmte U-Bahn-Bezirke und den von der New York Times bestätigten COVID-19-Fallzahlen für die entsprechenden Bezirke ließ sich ein mathematisches Modell erstellen, mit dem Infektionsübertragungen nachvollzogen werden können. Speziell interessierte die Forscher die stündliche Besucherzahl, die mittlere Besuchsdauer und die zeitlich variierende Dichte der Besucherzahlen an den POIs. Von ihrem Model konnten die Forscher ableiten, dass eine kleine Anzahl an Orten, an denen Menschen zusammenkommen, zu einer Mehrzahl an Infektionen geführt hat. So konnten sie nachweisen, dass etwa 10% der POIs (vor allem Hotels, Fitnessstudios und Restaurants) für 85% der übertragenen SARS-CoV-2-­Infektionen verantwortlich waren. Sie erhoffen sich von dem Modell, mög­liche Strategien für die Wiedereröffnung von POIs zu erhalten, zum Beispiel in Form einer begrenzten ­Be­sucherzahl. Ebenso konnten die ­Wissenschaftler feststellen, dass in einkommensschwachen Gegenden eine höhere Ansteckungsrate herrschte. Dies führten sie auf stärker frequentierte Orte, wie zum Beispiel Supermärkte zurück. Aber auch die Tatsache, dass einkommensschwache Familien oft keine Möglichkeit haben, von zu Hause aus zu arbeiten, dürfte hier eine Rolle gespielt haben. In dem Modell konnte auch bestätigt werden, dass die Einschränkungen der Mobilität wirksam waren: So ließ sich berechnen, dass bei einem Lockdown, der eine Woche später begonnen hätte, etwa 50% mehr Infektionen aufgetreten wären. Hätte es gar keine Mobilitätseinschränkung gegeben, wären die Infektionszahlen sogar um den Faktor 6 größer gewesen [Chang S et al. Nature 2020. doi:10.1038/s41586-020-2923-3].

Psychiatrische Folgen bei einem von fünf Patienten

Die Spätfolgen einer COVID-19-Erkrankung sind immer noch zum großen Teil unklar. Forscher der University Oxford, Großbritannien, haben jetzt herausgefunden, dass einer von fünf Patienten innerhalb von drei Monaten nach einer COVID-19-Erkrankung eine psychiatrische Diagnose gestellt bekommt. Die Wissenschaftler hatten dazu zusammen mit dem Netzwerk „TriNetX“ für Gesundheitsforschung die ­Daten von über 62.000 SARS-CoV-2-Infizierten ausgewertet. 18,1% bekamen eine psychiatrische Diagnose innerhalb von 14 bis 90 Tagen, nachdem eine COVID-19-Erkrankung festgestellt worden war. Rund ein Viertel davon hatte in der Vorgeschichte keinerlei psychiatrische Beschwerden. Außerdem wurde analysiert, wie hoch das Risiko ist, eine psychiatrische Erkrankung nach einer COVID-19-Erkrankung diagnostiziert zu bekommen im Vergleich zu sechs anderen Krankheitsereignissen (Influenza, andere respiratorische Erkrankungen, Hautinfektionen, Gallensteine, Harnwegssteine, Frakturen von großen Knochen). Insgesamt war die Wahrscheinlichkeit bei Patienten, die keine psychiatrische Vorgeschichte hatten, nach einer SARS-CoV-2-Infektion erstmals sensibel zu reagieren doppelt so hoch wie bei anderen Erkrankungen (Hazard Ration: 2,1; p < 0,001).

Vor allem Angststörungen traten hierbei laut den Forschern auf. Patienten, die älter als 65 Jahre waren, hatten ein um 1,6% höheres Risiko für eine Demenzdiagnose im Anschluss an die Corona-Infektion im Vergleich zu den anderen untersuchten Krankheiten.

Selbst nachdem die Forscher andere Risikofaktoren ausgeschlossen hatten, war außerdem ersichtlich, dass Personen mit psychiatrischer Vorerkrankung sich häufiger mit SARS-CoV-2 infizierten als Probanden ohne Vor­geschichte (relatives Risiko: 1,65; p < 0,001).

Eine Erklärung könnte sein, dass ­Betroffene häufiger rauchen und vermutlich soziale Kontakte nicht in dem Maße eingeschränkt haben wie andere Menschen [Mahase E. BMJ 2020. doi: 10.1136/bmj.m4386].

Positiver Test nach Genesung

Die Genesung eines COVID-19-Patienten wird in der Regel mittels eines negativen SARS-CoV-2-Nachweises bestätigt. Doch immer wieder kommt es vor, dass diese Patienten einige Zeit später erneut einen positiven PCR(Poly­merase Chain Reaction)-Test aufweisen, ohne dass sie Symptome zeigen. Der klassische PCR-Test liefert jedoch keinen Hinweis, ob es sich um lebensfähige Viren handelt, die übertragen werden können. Daher ist bisher unklar, ob diese Patientengruppe infektiös ist und ob eine erneute Quarantäne notwendig ist. Italienische Wissenschaftler haben 176 Nasen-/Rachenabstriche von genesenen COVID-19-Patienten sowohl auf die gesamte als auch die replikative RNA von SARS-CoV-2 getestet. Bei einer replikativen RNA wird das Virusgenom ab­gelesen, das bedeutet, dass SARS-CoV-2 in der Wirtszelle replizieren kann.

Insgesamt konnte in 32 Abstrichen RNA gefunden werden, nur einer ­davon wies replikative RNA auf. Ob es sich dabei um eine rezidivierende Infektion oder um eine Neuinfektion handelte, ist unklar, da keine Gesamt­sequenzierung des Genoms vorgenommen wurde. Auch ist laut den Wissenschaftlern unklar, ob der Nachweis ­replikativer RNA gleich­zeitig mit einer Infektiosität dieser Patienten einhergeht. Dies muss in weiteren Studien überprüft werden [Liotti F M et al. JAMA Internal Medicine 2020.oi:10.1001/jamainternmed.2020.7570]. |

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