Die Seite 3

Ein Albtraum

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Die Zahl positiver SARS-CoV-2-Testergebnisse steigt von Tag zu Tag, die 20.000-Marke wird wohl bald erreicht sein. Immer mehr Infizierte müssen in Kliniken behandelt werden, die Todeszahlen nehmen wieder zu – und das nicht nur hier in Deutschland. Infektionsketten durch Kontaktnachverfolgung zu unterbrechen, ist kaum mehr möglich.

Glaubt man den vielen Experten, so ist diese Pandemie ein Albtraum, aus dem wir wohl so bald nicht erwachen dürften. Umso wichtiger ist es, sich auf das zu besinnen, was zumindest einen gewissen Schutz bietet: Kontakte reduzieren, Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen, Hände und Flächen desinfizieren.

Aber halt, da könnte doch noch etwas helfen. Die Viren nutzen bevorzugt den Rachenraum für ihren Eintritt. Dort vermehren sie sich erst einmal, bevor sie ihren Feldzug in tiefer gelegene Körperregionen fortsetzen. Im Rachenraum werden sie auch mittels Abstrich nachgewiesen. Eigentlich naheliegend, sie an dieser Eintrittsstelle unschädlich zu machen.

Prof. Dr. Klaus-Dieter Zastrow, erfahrener Krankenhaushygieniker aus Berlin, hat dazu eine ganz klare Empfehlung: Jeden dritten Tag abends nach dem Zähneputzen für gut eine Minute mit einem Schleimhautdesinfektionsmittel gurgeln und spülen (s. S. 28). Und das hilft? Studien zu dieser Maßnahme gibt es Zastrows Aussagen zufolge nicht. Sie sind seiner Meinung nach aber auch nicht notwendig. Die Erfahrung lehre, dass das funktioniert. Risiken und Nebenwirkungen? Keine!

Vor diesem Hintergrund ist sicher interessant, dass diesem Ansatz trotzdem forschungsmäßig nachgegangen wird. Unsere Autorin Dr. Helga Blasius berichtet beispielsweise, dass ein Povidon-Iod-haltiges Nasenspray zu diesem Zweck klinisch erprobt wird (s. S. 24).

Sollte die Schleimhautdesinfektion tatsächlich so funktionieren und Zastrows Rat flächendeckend umgesetzt werden, dann dürfte es zunehmend schwieriger werden, SARS-CoV-2 im Nasen-Rachen-Abstrich nachzuweisen. Zumindest der Antigentest dürfte schnell an seine Grenzen stoßen, mit dem PCR-Test müsste wohl die ein oder andere RNA-Amplifikationsrunde mehr gedreht werden (s. a. S. 30). Aber auch die Infektionszahlen sollten dann innerhalb weniger Wochen deutlich sinken.

Alles nur ein Traum? Vielleicht, aber einen Versuch ist die regelmäßige Rachendesinfektion unbedingt wert. Denn zu Ende gedacht hat sie – breit angewendet – durchaus das Potenzial, diesen Pandemie-Albtraum zu beenden.

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1 Kommentar

Wundermittel-Alarm in der DAZ

von Philip Prech am 29.10.2020 um 16:57 Uhr

Auch nach mehr als einem dreiviertel Jahr COVID-19 werden noch Wunderheilmittel angepriesen, offensichtlich auch in der DAZ. Das Schema passt:
Die Pandemie wäre gleich vorbei wenn nur alle das Wundermittel nehmen würden.
Wirksamkeitsnachweise? - keine
Klinische Studien? - brauchen wir nicht
Nebenwirkungen und Risiken? - gibts nicht

Besonders letzteres einfach so unreflektiert wiederzugeben, wo doch ein Blick in die Gebrauchsanweisung von z.B. Betaisodona Mundspülung bereits klar macht, dass die Aussage falsch ist, zeigt grobes journalistisches Versagen. Bitte in Zukunft mehr kritische, rationale Arzneimittelinformation und weniger snake oil saleswoman.

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