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Apotheken in Sachsen fehlen wegen AvP fast 20 Millionen Euro

Thomas Dittrich im Live-Talk

tmb | 93 Mitgliedern des Sächsischen Apothekerverbandes fehlen durch die AvP-Insolvenz nach bisherigen Informationen fast 20 Millionen Euro. Dies berichtete der Verbandsvorsitzende Thomas Dittrich am 9. Oktober im Live-Talk bei DAZ.online. Im Gespräch mit DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat betonte Dittrich die großen Bemühungen der Verbände um die betroffenen Apotheken. Dabei unterschied er die vorläufige Liquiditätssicherung von den erhofften dauerhaften Zuschüssen und Gesetzesänderungen.
Foto: picture alliance / Marcel Kusch, ABDA

Im Live-Talk bei DAZ.online erläuterte Thomas Dittrich, dass es „schwierig, aber nicht aussichtslos“ sei, staatliche, nicht rückzahlbare Zuschüsse zu erhalten. Geben Sie in das Suchfeld auf DAZ.online den Webcode H7US5 ein und gelangen Sie direkt zum aufgezeichneten Live-Talk.

Die bisher bekannten 93 Betroffenen seien 13 Prozent der Mitglieder des Sächsischen Apothekerverbandes, erklärte Dittrich. (Wegen der Filialisierung betrifft dies vermutlich mehr als 93 Apotheken.) Nach einer Umfrage unter den Mitgliedern schätzt der Verband die offenen Zahlungen von AvP auf fast 20 Millionen Euro für die Apotheken in Sachsen. Dittrich berichtete im Live-Talk, einzelne Betroffene hätten spontan gesagt, sie müssten nun ihre Apotheke schließen und selbst Insolvenz anmelden. Da etwa die Hälfte der sächsischen Betroffenen im länd­lichen Raum angesiedelt sei, bewertet Dittrich die Situation als Gefahr für die flächendeckende Versorgung. Im Live-Talk beschrieb Dittrich die intensiven Kontakte des Sächsischen Apothekerverbandes zur Politik auf Landesebene. Es sei „unstrittig“, dass die Politiker die Notlage der Apotheken erkennen. Sie seien bereit, die Apotheken zu unterstützen.

Große Bemühungen der Verbände

Dittrich, der sich bei den Wahlen im Dezember um das Amt des Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes bewirbt, betonte, dass die Apothekerverbände auf der Bundesebene zusammenarbeiten und dass alle Verbände sich in dieser Situation sehr engagieren. „Die Verbände sind schwer am Arbeiten, um die Kollegen zu unterstützen“, erklärte Dittrich. Neun Verbände hätten gemeinsam ­eine spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt, insbesondere für die Kommunikation mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Diese Bündelung erleichtere allen Beteiligten die Arbeit.

Kurz- und langfristige Hilfen

Zu den wesentlichen Ergebnissen der bisherigen Bemühungen gehören KfW-Kredite für die Betroffenen. Dazu erläuterte Dittrich, die KfW biete verschiedene Varianten für viele relevante Fallkonstellationen an, aber es sei noch zu bewerten, ob diese Möglichkeiten an die Situation der Apotheker angepasst werden müssten. Dittrich mahnte, die Bemühungen um die Liquidität, wie die KfW-Kredite, von nicht rückzahlbaren Zuschüssen zu unterscheiden. Die Apothekerverbände hätten von Anfang an auf Landes- und Bundesebene mit der Politik auch über nicht rückzahlbare Zuschüsse gesprochen. Dazu erklärte Dittrich: „Das ist schwierig, aber nicht aussichtslos.“ Die Apotheker müssten auf ihren Versorgungsauftrag hinweisen. Außerdem seien sie unverschuldet in die Situation geraten und könnten praktisch nicht ohne ein Rechenzentrum abrechnen, betonte Dittrich.

Offene Fragen

Ein weiteres langfristiges Thema im Live-Talk waren mögliche gesetzgeberische Maßnahmen, mit denen solche Fälle künftig vermieden werden sollten. Dittrich plädierte dafür, im SGB V treuhänderische Konten vorzuschreiben, um Aussonderungsrechte zu gewährleisten. Denkbar sei auch ein Mechanismus nach dem Vorbild der Einlagensicherung. Außerdem müssten Bedingungen für die AGB der Rechenzentren formuliert werden. Engmaschigere Kontrollen, testierte Zwischenabschlüsse und die verpflich­tende Beteiligung von Apothekern in den Aufsichtsgremien würden weitere Sicherheit geben, erklärte Dittrich. Zunächst sieht Dittrich allerdings drei andere Themen mit offenen Fragen auf der Agenda: den Umgang mit den Rezepten aus dem September, die bereits bei AvP vorliegen, die Hand­habung des Herstellerrabattes und die Hilfsmittelverordnungen. |

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