Arzneimittel und Therapie

Eine neue Ära der Hautkrebstherapie

Cemiplimab macht erstmals systemische Therapie des weißen Hautkrebses möglich

Der 2019 eingeführte PD-1-Inhibitor Cemiplimab zeigt nach einem Jahr in der Praxis gute Ergebnisse in der Behandlung des fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinoms. Die Versprechungen aus der Phase-II-Studie EMPOWER-CSCC-1 haben sich bewährt. Für aggressiven weißen Hautkrebs hält ein neuer Therapiestandard Einzug in den klinischen Alltag.

Das Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) ist neben dem Basalzellkarzinom (Basaliom) die häufigste Form von malignem hellem Hautkrebs. In Mitteleuropa beträgt die Inzidenz ca. 70 bis 200 pro 100.000 Einwohner jährlich. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 70 Jahren, Männer erkranken häufiger als Frauen. Wird er früh erkannt, kann der Tumor in den meisten Fällen chirurgisch kurativ entfernt werden. Wenn die Erkrankung allerdings fortschreitet und der Krebs aggressiv streut, sinken die Überlebenschancen rapide.

Verstärkte Immunantwort

Cemiplimab gehört zur Substanzklasse der Checkpoint-Inhibitoren. Er bindet direkt an den Transmembranrezeptor PD-1 (programmed cell death protein 1) auf T-Zellen. Dadurch verhindert Cemiplimab, dass die Liganden der Tumorzelle PD-L1 und PD-L2 an PD-1 binden und die T-Zell-Funktion nicht mehr hemmen können. So wird für eine erhöhte T-Zell-Antwort gesorgt. Cemiplimab richtet sich also nicht direkt gegen den Tumor, sondern verstärkt und aktiviert die körpereigene Immunantwort gegen körpereigenes Gewebe, und somit letztlich auch gegen das Tumorgewebe [2].

Cemiplimab (Libtayo®, s. Kasten) ist der erste monoklonale Antikörper, der im Juli 2019 die Zulassung zur Behandlung von Erwachsenen mit metastasierendem oder lokal fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom (CSCC) erhalten hat. Damit läutete Sanofi eine neue Ära der systemischen Therapie von Hautkrebs ein. Bislang stand für Betroffene nur die operative Entfernung oder Bestrahlung betroffener Hautareale zur Verfügung. In 95 Prozent der Fälle waren diese auch äußerst wirksam und effektiv. Doch für Patienten mit fortgeschrittenem Hautkrebs, bei dem es bereits zur Bildung von Metastasen kam, glich die alternative Therapielandschaft einer Wüste. Betroffene sind zudem meist ältere Patienten. Das stellt die Anforderungen an eine systemische Therapie auf ein höheres Level, denn die Berücksichtigung möglicher Komorbiditäten und das hohe Patientenalter sind für die Ärzte eine klare Herausforderung [1].

Schnelle und langanhaltende Tumorrückbildung

In einer Pressemitteilung vom 3. Juli 2020 verkündete Sanofi, dass Cemiplimab für eine schnelle und langanhaltende Tumorrückbildung sorgt. Bei zahlreichen Patienten zeigte sich sogar eine komplette Rückbildung der Läsionen [1]. Die hohe Wirksamkeit von Cemiplimab bei gleichzeitig hoher Verträglichkeit wurde erneut in einem Update der zulassungsrelevanten Phase-II-Studie EMPOWER-CSCC-1 bestätigt. Die Nachbeobachtung umfasst Daten von drei Jahren und drei Kohorten (n = 193), für die keine kurative lokale Therapie mehr infrage kommt. Die Kohorten 1 (n = 59) und 3 (n = 56) enthielten jeweils CSCC-Patienten, die bereits von Metastasen betroffen waren, in Kohorte 2 (n = 78) fanden sich nur Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen CSCC. Die Kohorten 1 und 3 erhielten Cemiplimab in einer Dosierung von 3 mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen, Kohorte 2 die übliche Fixdosis von 350 mg alle drei Wochen. Das pharmakokinetische Profil für beide Dosierungen war vergleichbar. Die Daten bestätigen, dass jeder zweite Patient von Cemiplimab profitiert und eine objektive Tumorrückbildung zu verzeichnen ist (Objective Response Rate [ORR] = 46,1%), darunter einige Fälle mit kompletter Remission (Complete Remission [CR] = 16,1%). Neben der Krankheitsstabilisierung betrug die Krankheitskontrollrate etwa 72,5%. Professor A. Hauschild von der Hautklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein betonte, dass man „von einer 2-Jahres-Überlebensrate von 73,3 Prozent aus[geht]“. Der anhaltende Therapieerfolg zeigt sich ebenfalls in der medianen progressionsfreien Überlebenszeit. Sie betrug zum Auswertungszeitpunkt 18,4 Monate. Auch die im Rahmen der Studie durchgeführte Analyse zur Lebensqualität zeigte eine deutliche Verbesserung. Dazu kommt, dass die Patienten bereits nach sechs Wochen signifikant von einer Reduzierung der tumorbedingten Schmerzen berichteten (p > 0,0001) [1, 3]. „Wir sehen viele ­Patienten, die trotz großer Tumorausdehnung oder Metastasierung rasch auf Cemiplimab ansprechen, langanhaltend in Remission bleiben und entsprechend lange profitieren“, betonte Professor C. Gebhardt, Leiter des ­Hauttumorzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf abschließend [1]. |

Literatur

[1] Pressemitteilung vom 03. Juli 2020 von Sanofi Genzyme®

[2] Fachinformation Libtayo®, Juni 2020, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

[3] Rischin D et al. Phase II study of cemiplimab in patients (pts) with advanced cutaneous squamous cell carcinoma (CSCC): Longer follow-up. ASCO2020, Poster 367a

Apothekerin Dorothée Malonga Makosi, MPH

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