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Bühler bringt ABDA in Bedrängnis

AVWL schreibt Brandbrief an ABDA-Präsidenten / BAK-Vize verteidigt Spahns Reformentwurf

bro/wes/eda | Die Petition des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler zum Rx-Versandverbot sorgt derzeit für mächtig Wirbel: Am kommenden Montag darf der 20-Jährige sein Anliegen vor dem Petitions­ausschuss vortragen – sehr wahrscheinlich in Anwesenheit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Keine Unterstützung erfährt er dabei jedoch von der ABDA: Diese verweigerte ihm die Herausgabe dreier Rechtsgutachten. Bei der Eröffnung des Pharmacon in Schladming am vergangenen Sonntag stellte Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer (BAK), nochmal klar, dass man an den Reformplänen von Spahn nach wie vor festhalte und damit rechne, dass „Rx-Boni absolut und definitiv vom Tisch“ seien.
Foto: Bühler

Benedikt Bühler, Pharmaziestudent und Petitionsinitiator, wird am kommenden Montag sein Anliegen vor dem Bundestagsausschuss vorsprechen.

Der 20-jährige Pharmaziestudent Benedikt Bühler hatte im vergangenen Jahr die erfolgreichste Online-Petition beim Bundestag eingereicht: Mehr als 400.000 Menschen fordern mit Bühler gemeinsam das Rx-Versandverbot. Am kommenden Montag, den 27. Januar, hat Bühler die Möglichkeit, mit den Abgeordneten des Petitionsausschusses über sein Anliegen zu sprechen.

Es zeichnet sich ab, dass die Anhörung zu Bühlers Petition eine sehr gut besuchte Veranstaltung werden könnte. In den sozialen Netzwerken organi­sieren sich derzeit schon mehrere Gruppen von Apothekern, um gemeinsam nach Berlin zu reisen (siehe auch AZ Nr. 4, 2019, S. 1 und 8).

Aber auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) selbst plant zu kommen, wie sein Sprecher auf Nachfrage bestätigte. Dass Minister Anhörungen im Petitionsausschuss begleiten, ist zwar äußerst selten, doch Spahn scheinen die Anliegen aus der Bevölkerung wichtig zu sein: Im vergangenen Jahr war er beispielsweise bei einer Diskussion über die Psychotherapie anwesend. Im Juni hatte Spahn zudem eine Diskussion über die Pflege verfolgt.

ABDA verweigert Kooperation

Bei der Anhörung will Bühler drei von der ABDA in Auftrag gegebene Gut­achten vorlegen, die bescheinigen, dass ein Rx-Versandverbot sowohl mit deutschem als auch mit europäischem Recht vereinbar wäre. Online hatte die ABDA bis heute nur Zusammenfassungen der Gutachten veröffentlicht. Doch im Rahmen eines nicht öffentlichen Fachgesprächs mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Pressesprecher Reiner Kern, wurde Bühlers Bitte abgelehnt, ihm die Vollver­sionen der Gutachten zur Verfügung zu stellen. „Wir haben unter anderem erläutert, dass die verfasste Apothekerschaft das Rx-Versandverbot mangels Realisierungschance zugunsten einer Absicherung der Gleichpreisigkeit über das Sozialrecht zurück­gestellt hat. Da macht es natürlich keinen Sinn, die Verbotsforderung jetzt wieder durch die Hintertür zu promoten“, so Pressesprecher Kern.

Foto: DAZ/ck

Die Eröffnung des Pharmacon 2020 in Schladming am vergangenen Sonntag.

AVWL fordert Herausgabe der Gutachten

Die ABDA verfolgt schon seit einigen Monaten nicht mehr das Rx-Versandverbot als prioritäres Mittel zur Sicherstellung der Arzneimittelpreis­bindung gegenüber ausländischen Versendern. Begründet wird die Haltung mit den Beschlüssen der Mitgliederversammlung sowie der Hauptversammlung beim Deutschen Apothekertag 2019. Vielmehr fühlt sich die Spitze der Standesvertretung beauftragt, das von der Bundesregierung geplante Rx-Boni-Verbot für EU-Versender, das im Sozialrecht festgeschrieben werden soll, konstruktiv zu begleiten.

Diese Auffassung stößt bei einigen ABDA-Mitgliedsorganisationen jedoch auf Widerstand. In einem Schreiben des Vorstands des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) an den geschäftsführenden Vorstand der ­ABDA wird eine Herausgabe der Gutachten an Bühler nachdrücklich gefordert. Die Verweigerung der Gutachten würde den Beschlüssen der ABDA-Mitgliederversammlung widersprechen, bei denen das Rx-Versandverbot nach wie vor als Handlungsoption angesehen wird, wenn sich „die gesetzgeberischen Maßnahmen nicht als ausreichend wirksam für die Stärkung der Präsenzapotheken erweisen sollten“. Der AVWL weist in seinem Schreiben darauf hin, dass Spahns Entwurf des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) vorsieht, die Arzneimittelpreisbindung für EU-Versender gesetzgeberisch endgültig auszuhebeln, und bezweifelt, dass die geplante Reform überhaupt je in den Bundestag eingebracht werde: „Nach alldem ist uns vollkommen unverständlich, warum Sie für Zehntausende von Euro drei (brillant ausgewählte) Rechtsgutachter [...] beauftragt haben, [...] die Volltexte dieser Gutachten nun aber der allgemeinen rechtswissenschaftlichen Diskussion [...] durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages – sinn- und zwecklos – vorenthalten wollen“, schließt das Schreiben ab. Auch der Hamburger Apothekerverein fordert die ABDA in einem kurzen Schreiben zur Herausgabe auf.

Bühler hat die Vollversionen übrigens zwischenzeitlich von mehreren Stellen anonym zugeschickt bekommen.

Foto: ABDA/Peter van Heesen

Thomas Benkert

Benkert: Rx-Boni sind „absolut und definitiv vom Tisch“

Anlässlich der Eröffnung des Pharmacon-Kongresses in Schladming am vergangenen Sonntag räumte Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer (BAK) und Mitglied des geschäftsführenden ABDA-Vorstandes, ein, dass es nicht einfach sei, allen Anforderungen an das standespolitische Agieren gerecht zu werden. Das habe sich insbesondere beim VOASG-Entwurf von Spahn gezeigt. Man habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Rx-Versandverbot mit Spahn nicht umsetzbar sei – auch wenn es das aus Benkerts Sicht wirksamste Instrument zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit darstellen würde und immerhin Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hatte. Als Erfolg verzeichnete Benkert, dass im aktuellen Entwurf des VOASG die ursprüngliche Idee Spahns, ausländischen Versendern Boni bis zu 2,50 Euro zu erlauben, nicht mehr enthalten sei. Dieser Vorschlag sei „absolut und definitiv vom Tisch“, so Benkert. Die Gleichpreisigkeit werde – zumindest im GKV-Bereich – „beibehalten und auch für Versender aus dem Ausland uneingeschränkt gelten“. Allerdings habe sich das Gesetzgebungsverfahren zum VOASG „nicht nur entschleunigt, sondern es ist ganz zum Stillstand gekommen“, beklagte Benkert. Als Beispiel nannte er neben der Regelung zur Gleichpreisigkeit noch weitere, für die Apotheker wichtige Themen. Insbesondere erwähnte er das „Makelverbot“ für E-Rezepte: „Es wäre fatal, wenn elektronische Verordnungen mangels entsprechender Regelungen Wege nähmen, die dem Primat wirtschaftlicher Partikularinteressen folgen.“ Das Zuweisungsverbot solle nicht nur für Ärzte und Apotheker gelten, auch das „Makeln“ von Rezepten durch Dritte müsse verboten werden. |

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