Pandemie Spezial

Run auf Schweizer Echinacea-Extrakt

Eine fehlgedeutete In-vitro-Studie erzeugt falsche Hoffnungen im Kampf gegen COVID-19

Ein Schweizer Labor hat im Fachmagazin „Virology Journal“ eine Studie veröffentlicht. Dieser zufolge soll der Extrakt eines Schweizer Herstellers aus dem roten Sonnenhut viruzid gegen den COVID-19-Erreger wirken. Allerdings: Wohl eher Marketing als diese Daten hat dem Mittel nun einen Hype in Schweizer Apotheken beschert.

Das Geschäft mit zahlreichen „Wundermitteln“ gegen COVID-19 brummt.

Das zeigt einmal mehr eine In-vitro-Studie des Schweizer Labors Spiez, das zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz des Alpenlandes gehört. Es ist in der Schweiz eines der Labore, die die Zulassung haben, mit SARS-CoV-2-Viren zu arbeiten.

Dieses Labor veröffentlichte im renommierten Fachmagazin „Virology Journal“ eine Studie, die einem alkoholischen Auszug aus dem roten Sonnenhut Echinacea purpurea der Schweizer A. Vogel AG eine viruzide Wirkung gegen SARS-CoV-2 bescheinigte – allerdings in der Petrischale.

Die Studie „In vitro virucidal activity of Echinaforce®, an Echinacea purpurea preparation, against coronaviruses, including common cold coronavirus 229E and SARS-CoV-2“ erschien im Open Access am 9. September 2020 und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen. Wenig später soll der Run auf das Präparat Echinaforce® des Schweizer Herstellers A. Vogel AG in den Apotheken begonnen haben.

Laut der Studie, an der neben dem Labor Spiez auch zwei Mitarbeiter des Präparate-Herstellers beteiligt waren, gaben die Forscher den alkoholischen Extrakt aus Wurzeln und Pflanze des roten Sonnenhuts zum einen in verschiedenen Konzentrationen zu Lösungen mit Corona-Erregern, zum anderen zum Kulturmedium von Zellkulturen. Anschließend wurden quantitative Infektionstests durchgeführt. Ferner untersuchten die Forscher die Wirkung an einem dem menschlichen Atemwegsepithel nachempfundenen In-vitro-Zellgewebe.

Foto: Vera Kuttelvaserova – stock.adobe.com

Viruzid im direkten Kontakt

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass der von ihnen verwendete Virusstamm HCoV-229E bei einer Extrakt-Konzentration von 3,2 Mikrogramm pro Milliliter irreversibel inaktiviert wird . Die in Kultur mit Echinaforce® vorbehandelten Zellen ließen sich hingegen infizieren. Beim Imitieren der natürlichen Infektion im künstlichen Gewebe habe man dagegen einen protektiven Effekt beobachtet: Im direkten Kontakt mit dem Virus sei der alkoholische Extrakt aus Echinacea also viruzid, schließen die Forscher. Die viruzide Wirkung war nicht begrenzt auf Erkältungsviren, auch die Coronaviren MERS-CoV und SARS-CoV-2 wurden nach Behandlung mit 50 μg/ml Echinaforce inaktiviert.

Hilft es oder hilft es nicht?

Unter dem Strich ist festzuhalten, dass diese Ergebnisse nicht belegen, dass der Echinacea-Extrakt Menschen vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützen kann. Weitere Untersuchungen und letztlich kontrollierte randomisierte Studien sind notwendig, um eine solche Wirkung zu belegen. Die Forscher des Labors Spiez haben als Reaktion auf die Fehlinterpretation ihrer Ergebnisse in den Medien noch einmal betont, dass die bisherigen In-vitro-Ergebnisse es nicht erlauben, auf eine Wirksamkeit in vivo zu schließen. Von einem wirksamen Arzneimittel zur Prophylaxe oder Therapie von COVID-19 zu sprechen, ist daher vermessen. |

Literatur

Signer J et al.: In vitro virucidal activity of Echinaforce®, an Echinacea purpurea preparation, against coronaviruses, including common cold coronavirus 229E and SARS-CoV-2 Virol J 17, 136 (2020). https://doi.org/10.1186/s12985-020-01401-2

Diplom-Biologe Volker Budinger

 

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