Foto: DAZ / Alex Schelbert

Hintergrund

IV, AV, NV, ZG, LÖ

Der „Lebenslauf“ eines Artikels in der Warenwirtschaft

Fragen nach dem Vertriebsstatus eines Artikels stellen sich immer wieder im Apothekenalltag. Befindet er sich am Markt oder ist eine Außervertriebnahme (AV) geplant? Wie lange werden Artikel als AV gelistet? Gibt es eine Pflicht zur Löschung? Und schließlich: Wie können Informationen über gelöschte Arzneimittel gefunden werden? | Von Inken Rutz

Die Lieferfähigkeit einer Apotheke stellt einen entscheidenden Punkt in Hinblick auf die Versorgung und Kundenzufriedenheit dar. Dem Umfang eines Warenlagers sind jedoch Grenzen gesetzt. Folglich will es gut gepflegt und aktualisiert sein. Immer wieder jedoch erfahren Artikel einen Wechsel im Vertriebsstatus und werden beispielsweise vom Markt genommen. Ein rechtzeitiger Abverkauf der Lagerbestände ist in diesen Fällen wichtig. Was steckt dahinter? Wer ist beteiligt? Was gilt es zu beachten?

Der Weg in die Datenbanken

Am Anfang des „Vertriebslebens“ von Fertigarzneimitteln, Medizinprodukten und sonstigen apothekenüblichen Waren steht die Zuweisung einer artikelidentifizierenden Pharmazentralnummer (PZN). Diese wird von der Informationsstelle für Arzneispezia­litäten GmbH (IFA) vergeben. Der Informationsdienstleister für die Pharmabranche stellt zudem Infor­mationsdienste zu wirtschaftlichen, rechtlichen und logistischen Daten zu den Artikeln bereit. Die IFA handelt im Auftrag der Hersteller. Diese müssen die IFA mit der Neuaufnahme der Produktdaten in die IFA-Informationsdienste und der Zuteilung der PZN beauftragen.

Die Aufnahme in die IFA-Datenbank erfolgt, nachdem alle erforderlichen Daten vorliegen und die IFA-Richtlinien für die Zuteilung von Pharmazentralnummern erfüllt sind. Die Daten bereits in den IFA-Informationsdiensten veröffentlichter Artikel können gegebenenfalls im Rahmen einer durch den Hersteller veranlassten Änderungsbeauftragung angepasst werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Preisänderungen. Ändert sich ein artikelidentifizierendes Merkmal, wird eine neue Nummer benötigt.

Die Daten der IFA-Datenbank werden unterschiedlichsten Informationssystemen wie Apothekensoftware, Datenverarbeitungssystemen des pharmazeutischen Großhandels, Ärzten und Krankenkassen zur Verfügung gestellt. Die IFA-Datenbank enthält alle von den Herstellern zur Verfügung gestellten Daten. Diese werden als IFA-Informationsdienste an die Empfänger weitergegeben. Die Veröffentlichung und somit auch Aktualisierung findet 14-tägig statt. Die Datenempfänger dürfen keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen, wohl aber die Daten technisch anpassen oder auch eine Auswahl treffen.

ABDA-Artikelstamm informiert über den Vertriebsstatus

Die für die Apotheken bestimmten IFA-Daten werden an den ABDATA Pharma-Daten-Service weitergeleitet. Der zur Avoxa-Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH gehörige Unternehmensbereich, der sich mit der Entwicklung und Produktion von Arzneimitteldaten befasst, bearbeitet die pharmazeutischen und ökonomisch-pharmazeutischen Informationen redaktionell und ergänzt sie – soweit erforderlich. Die so bearbeiteten packungsbezogenen und medizinisch-pharmazeutischen Daten werden 14-tägig aktualisiert und fließen unter anderem in den ABDA-Artikelstamm ein. Dieser liefert alle für die Abgabe und Abrechnung von Arzneimitteln, Medizinprodukten oder anderen apothekenüblichen Waren erforderlichen Informationen.

Packungsbezogene Daten beinhalten unter anderem Angaben zum Vertriebsstatus eines Artikels. Der Status zeigt an, ob sich dieses Produkt am Markt befindet oder nicht. Folglich ist der Artikel in den IFA-Informationsdiensten als IV (im Vertrieb) oder AV (außer Vertrieb) gekennzeichnet. Weitere Statusangaben beziehen sich auf die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels oder sonstigen Produktes. Nicht verkehrsfähige Artikel sind mit NV (nicht verkehrsfähig) angegeben. Außerdem existieren die Statusangaben „zurückgezogen“ (ZG) und „gelöscht“ (LÖ). Die genannten Abkürzungen sind die von der IFA genutzten. Die Angaben der Softwareprogramme unterschiedlicher Anbieter können davon abweichende Kürzel ausweisen.

Statuswechsel – Hintergründe

Nach Erteilung einer PZN befindet sich das Produkt zunächst im Status „im Vertrieb“. Im „Leben“ eines Artikels gibt es jedoch zahlreiche Gründe, warum der Vertriebsstatus wechseln kann. Markterfordernisse können beispielsweise zu Anpassungen oder zur Einstellung des Vertriebes führen. Steht ein Statuswechsel für einen Artikel an, so muss der Hersteller einiges beachten. Die Richtlinien der IFA zum Artikelstatus und Statuswechsel beschreiben genau, unter welchen Umständen welcher Status der korrekte für ein Produkt ist, wie ein Wechsel abläuft, welche Konsequenzen das hat und welche Fristen einzuhalten sind.

Geht ein Artikel beispielsweise außer Handel (AV) ist der Hersteller angehalten, diese Information über die sogenannte AV-Meldung bekannt zu geben. Bestände der AV-Artikel dürfen abverkauft werden. Wichtig ist, dass diese Statusänderung nicht zurückgezogen werden kann. Der Status AV kann also nicht wieder in IV geändert werden. Nicht apothekenpflichtige AV-Artikel werden manchmal allerdings nicht komplett vom Markt genommen. In Apotheken sind sie in diesem Fall nicht mehr erhältlich, eventuell jedoch in anderen Kanälen, die nicht im Wirkbereich der IFA-­Informationsdienste liegen.

Eine Statusänderung bezieht sich immer exakt auf eine PZN, also ein spezifisches Produkt. Wird ein artikel­identifizierendes Merkmal wie Artikelbezeichnung, Packungsgröße oder ähnliches geändert, muss der Hersteller für dieses Produkt eine neue PZN beantragen. Der alte Artikel wird mit AV gelistet. Gleichzeitig ist in diesem Fall eine Verlinkung zu dem Nachfolgeprodukt, ausgestattet mit eigener PZN, möglich. Allerdings sollte der Nachfolger eine sinnvolle Alternative zum Vorgänger darstellen, sich beispielsweise in seiner Zweckbestimmung oder Zusammensetzung möglichst wenig vom Vorgänger unterscheiden. Besonders bei Arzneimitteln und Medizinprodukten ist diese Regelung streng ausgelegt. Verweise auf Nachfolgeartikel, die selbst verkehrsfähig sein müssen, sind auch bei nicht verkehrsfähigen Vorgängerartikeln möglich, nicht jedoch bei zurückgezogenen Artikeln (ZG).

Der Status „zurückgezogen“ bezieht sich ausschließlich auf Arzneimittel. Diese werden drei Monate nach dem Statuswechsel aus dem Datenbestand gelöscht. Ein Arzneimittel mit Status ZG darf nicht mehr abverkauft werden. Das trifft auch auf Artikel zu, die nicht mehr verkehrsfähig (NV) sind. Auch sie dürfen nicht abgegeben werden. Es ist jedoch nicht er­forderlich, eine Statusänderung NV vorzunehmen, falls sich die Nichtverkehrsfähigkeit beispielsweise nur auf einzelne Chargen bezieht. Diese werden dann zurückgerufen. Bei einem zurückgezogenen Arzneimittel kann der Status nicht mehr reaktiviert werden. In manchen Fällen ist eine Reaktivierung bei nicht verkehrsfähigen Produkten jedoch möglich.

Löschung – Fristen und Vorgaben

Die Löschung eines Artikels aus der IFA-Datenbank führt dazu, dass dieser aus den Datenbanken der IFA-­Datenbezieher gelöscht wird. Eine erneute Veröffentlichung gelöschter PZN ist nicht möglich. Die Löschung aller Artikel mit dem Status AV, ZG oder NV wird turnusmäßig unter Einhaltung spezifischer Fristen aus der IFA-Datenbank vorgenommen. Eine Beauftragung des Herstellers ist hierfür nicht erforderlich.

Die Fristen für die automatische Löschung sind folgende: Bei AV- und NV-Status werden nicht apothekenpflichtige Artikel sechs Monate nach entsprechender Meldung gelöscht. Ein apothekenpflichtiges AV-Arzneimittel kann noch 24 Monate nach der entsprechenden AV-Meldung in der Datenbank gefunden werden. Bei einer NV-Meldung dauert es sechs Monate bis zur Löschung des apothekenpflichtigen Arzneimittels. Allerdings können die Hersteller im NV-Fall schriftlich eine Verlängerung um weitere sechs Monate beantragen. Beim ZG-Status erfolgt die Löschung des betreffenden Arzneimittels bereits drei Monate nach der Meldung.

Eine vorzeitige Löschung ist teilweise unter Einhaltung gesonderter Fristen und unter bestimmten Voraussetzungen möglich. So müssen apothekenpflichtige Arzneimittel vor der Löschung mindestens sechs Monate mit dem Status „außer Vertrieb“ gekennzeichnet sein. Unter Einhaltung dieser Frist und wenn der Anbieter nachweist, dass alle Chargen des betreffenden Arzneimittels komplett vom Markt verschwunden sind, kann die Löschung bereits vor Ablauf von 24 Monaten erfolgen. Auch NV-Artikel müssen mindestens sechs Monate entsprechend gekennzeichnet sein. Nicht apothekenpflichtige Artikel können wiederum aus jedem Status heraus ohne Einhaltung von Fristen gelöscht werden.

ABDATA-Aktuelle Info – weitere zehn Jahre für LÖ-Arzneimittel

Mit der Löschung eines Artikels geht auch die Löschung der PZN aus den IFA-Informationsdiensten einher. Die an die IFA zurückgefallene PZN wird daraufhin kein weiteres Mal für einen anderen oder neuen Artikel vergeben. Nach spätestens zwei Jahren werden demnach Informationen über gelöschte Arzneimittel nicht mehr von IFA-Informationsdiensten weitergegeben und sind in der Folge nicht mehr im ABDA-Artikelstamm oder der ABDA-Datenbank abrufbar. Somit ist es anschließend schwierig, nach geeigneten Alternativen zu gelöschten Präparaten zu suchen.

Eine Lösung für dieses Problem bietet seit dem 1. April 2019 die ABDATA-Aktuelle Info. Unter dem Meldungstyp „Löschung“ können Informationen über die spätestens nach zwei Jahren im ABDA-Artikelstamm beziehungsweise in der ABDA-Datenbank gelöschten Arzneimittel recherchiert werden – und das für weitere zehn Jahre. Die ABDATA-Aktuelle Info wird fortlaufend aktualisiert und bietet neueste Meldungen nicht nur zu Löschungen, sondern auch zu Rückrufen, AMK-Meldungen, Neu­einführungen und vielem mehr. Der ABDATA Pharma-Daten-Service stellt diese Daten über einen Webservice den Apothekensoftwarehäusern zur Verfügung, die wiederum die Aktuelle-Info in ihre Warenwirtschaftsprogramme einpflegen können. Weiterhin werden im ABDA-Datenbank-­Archiv alle seit November 2003 aus der ABDA-Datenbank gelöschten deutschen Arzneimittel gelistet. |

Autorin

Inken Rutz ist Apothekerin und Autorin u. a. bei DAZ und DAZ.online

 

 

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