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Autsch, das tut weh!

Neandertaler-Gen macht schmerzempfindlicher

Foto: nilapictures – stock.adobe.com

us | Der Neandertaler ist zwar vor einigen zehntausend Jahren ausgestorben, im Erbgut des modernen Menschen hat er jedoch seine Spuren hinterlassen. So etwa die Variante eines Ionenkanals, der wichtig ist für die Schmerzweiterleitung in den peripheren Nerven. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig um den bekannten schwedischen Genetiker Professor Svante Pääbo entdeckten, dass das Gen SCN9A für den spannungsabhängigen Natriumkanal Nav1.7 beim Neandertaler an drei Positionen Unterschiede zum Gen des modernen Menschen aufweist. Um herauszufinden, ob die Substitution von drei Aminosäuren einen Unterschied bei der Funktion des Proteins macht, verglichen die Forscher die elektrophysiologischen Eigenschaften beider Protein-Varianten. Dabei zeigte sich, dass die Neandertaler-Variante langsamer inaktiviert wird. Nerven von Menschen mit dieser Mutation scheinen also empfindlicher gegenüber schmerzhaften Reizen zu sein. Genanalysen heutiger Menschen zeigten, dass 0,4% der britischen Bevölkerung über die empfindliche Form des Ionenkanals verfügen. Alle getesteten Individuen hatten außerdem Fragebögen bezüglich ihrer Erfahrung mit Schmerzen beantwortet, die ihre höhere Schmerzempfindlichkeit im Vergleich zu Personen mit der modernen Variante des Gens belegen. Die Frage, ob Neandertaler tatsächlich schmerzempfindlicher waren als moderne Menschen, ist damit jedoch noch nicht beantwortet, da die Nervensignale noch im Zentralnervensystem übersetzt werden müssen und schließlich auch hier Unterschiede existiert haben könnten. Gleichzeitig wird der Ionenkanal Nav1.7 auch in anderen Zelltypen exprimiert: z. B. in olfaktorischen Neuronen, die für die Riechwahrnehmung zuständig sind. Die Neander­taler-Genvariante könnte also weitere Effekte auf die Wahrnehmung seiner Träger haben. |

Literatur
Zeberg H et al. A Neanderthal Sodium Channel Increases Pain Sensitivity in Present-Day ­Humans. Current Biology 2020. doi:10.1016/j.cub.2020.06.045

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