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Apotheken nur im unteren Mittelfeld

Ausbildungsvergütung im Branchenvergleich

In einer aktuellen Auswertung hat das WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung die tariflichen vereinbarten Ausbildungsvergütungen in 20 ausgewählten Branchen verglichen. Ein guter Anhaltspunkt, um die Höhe der Ausbildungsvergütungen im Apothekenbereich einzuordnen.
Foto: auremar – stock.adobe.com

Seit Anfang des Jahres gibt es eine gesetzliche Mindestausbildungsver­gütung von 515 Euro im ersten Aus­bildungsjahr; im dritten Jahr liegt sie bei 695 Euro. Nur in sehr wenigen Fällen haben sich Tarifparteien auf eine tarifliche Vergütung unterhalb dieser Schwelle geeinigt; bei den 20 untersuchten Branchen sind das die Floristik in Ostdeutschland (425 Euro) und das Friseurhandwerk in Thüringen (325 Euro) im ersten Ausbildungsjahr.

Nur wenige Branchen haben bundeseinheitliche Ausbildungsvergütungen vereinbart, so wie Banken und Versicherungen, die Druckindustrie, der öffentliche Dienst oder das Bäckerhandwerk. Branche und Region spielen daher bei der Höhe der Vergütung eine große Rolle: Es gibt sowohl ein West-Ost- als auch ein Süd-Nord-Gefälle.

Ergebnisse

An der Spitze steht der öffentliche Dienst mit Ausbildungsvergütungen im Pflegebereich von 1161 Euro (Länder ohne Hessen) bzw. 1141 Euro (Bund und Gemeinden). Hintergrund ist hier laut Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichem Institut (WSI) das Bemühen, attraktiver für den Nachwuchs zu sein und damit dem Fachkräftemangel zu begegnen. Aber auch im Bankgewerbe und in der chemischen Industrie sowie der Metall- und Elektroindustrie erhalten Azubis im ersten Lehrjahr mehr als 1000 Euro.

Ausbildungsvergütungen zwischen 700 und 900 Euro sind derzeit am weitesten verbreitet. Allerdings wird die 1000-Euro-Schwelle im dritten Lehrjahr bei rund drei von vier der untersuchten Branchen überschritten.

Ausgewählte Beispiele

1. Ausbildungsjahr

  • Pflege (Öffentl. Dienst Bund, Gemeinden) 1141 Euro
  • Einzelhandel: NRW 850, Brandenburg 790 Euro
  • Gebäudereiniger gewerblich (Ost und Berlin-Ost) 730 Euro
  • Bäckerhandwerk bundesweit 615 Euro
  • PKA 721 Euro (NR: 708 Euro)
  • PTA-Praktikanten 721 Euro (NR: 708 Euro)
  • PhiP 947 Euro (NR: 929 Euro)

3. Ausbildungsjahr

  • Pflege (Öffentl. Dienst Bund, Gemeinden) 1303 Euro
  • Einzelhandel: NRW 1070 Euro, Brandenburg 1000 Euro
  • Gebäudereiniger gewerblich (Ost und Berlin-Ost) 1005 Euro
  • Bäckerhandwerk bundesweit 820 Euro
  • PKA 828 Euro (NR: 813 Euro)

Zahlen: WSI-Tarifarchiv; Apotheken­bereich: Tarifvertrag ADA/TGL Nordrhein

„Luft nach oben“

Laut Prof. Dr. Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs, funktioniert das Tarifvertragssystem bei den Ausbildungsvergütungen „in großen Teilen der Wirtschaft recht gut“. Die Mindestausbildungsvergütung sei besonders dort nötig, wo Tarifverträge fehlen. „Allerdings besteht beim Niveau durchaus noch Luft nach oben“, so der Tarifexperte. Gerade in traditionellen Niedriglohnbereichen müssten sich die Betriebe überlegen, wie sie künftig noch genügend Auszubildende gewinnen. Schulten: „Hierbei sollte die Corona-Krise nicht als Ausrede verwendet werden, um notwendige Anpassungen weiter hinauszuschieben.“ ADEXA-Vorstand Tanja Kratt, Leiterin der Tarifkommission, kommentiert die Untersuchung so: „Der Apothekenbereich liegt am unteren Ende des Mittelfeldes. Gerade wenn man das mit der Pflege vergleicht, zeigt sich schon ein gravierender Unterschied, der den Wettbewerb um den Berufsnachwuchs für die Apotheken erschwert.“ |

Quelle

Aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), 20. Juli 2020, www.boeckler.de/pdf/pm_ta_2020_07_20.pdf

sjo

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