EuGH und Standortvorteil: Vor-Ort-Apotheken haben existenzbedrohende Nachteile zu verkraften
Dank Corona nicht aufzufangende Umsatzeinbrüche waren und sind nicht leicht zu verkraften. Immense Kundenzahlrückgänge, da die Mitarbeiter der Büros in der Umgebung alle noch im Homeoffice sind – auch nicht schön.
Aber heute hatte ich einfach ein wirklich frustrierendes Erlebnis.
Eine Kundin erkundigt sich nach dem Preis für einen Kosmetikartikel. Ich nenne den Preis, hatte aber auch vorher schon bei einer großen Onlineapotheke geschaut, die 3,60 Euro günstiger als mein Preis und zudem mehr als 7,00 Euro günstiger als der Richtpreis war.
- 31% von der UVP. Rabatte auf Arzneimittel bis zu - 52% (Ibuprofen). Kostenlose Lieferung ab 19 Euro oder bei Rezeptbestellung. Ehrlich – wer will denn da noch zur Apotheke vor Ort.
- Wegen der Auswahl? Nein.
- Wegen der Preise? – Nein.
- Wegen der Lieferung nach Hause? – Machen die Online-Apotheken besser, eher Nein.
- Wegen der Beratung? – Die Online-Apotheke hat kostenlose Hotlines und zudem nervt es, wenn andere zuhören können – also auch Nein.
- Wegen der tollen Öffnungszeiten? – Lach ... bestimmt nicht! Online-Apotheken haben 24 Stunden geöffnet.
Gut, auch damit muss man als Apotheker leben.
Nun erzählt mir die Kundin, dass sie ihre Rezepte sowieso bei der Online-Apotheke bestellt, da ihr hier die Rezeptgebühren als Bonus erlassen werden.
Zur Erinnerung: Rezeptgebühren sind Abgaben, die die deutschen Apotheken gezwungen sind für die gesetzlichen Krankenkassen einzusammeln.
Also mal Hand aufs Herz – ich sehe da keinen „Standortvorteil der Vor-Ort-Apotheke“, wie ihn die fadenscheinige Begründung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegte.
Ausländische Apotheken vergeben Boni und werden durch den EuGH gestärkt, und deutsche Apotheken unterliegen nationalem Recht und bekommen dort die Knüppel zwischen die Beine (QM, Präquali, MWSt., Weiterbildung, Prüfkäufe, Richtlinien, Verordnungen etc. – alles soweit auch gut, aber manchmal platzt einem da der Kopf).
Fazit: Immer noch kein Rx-Versandverbot, das in anderen Ländern geht, aber in Deutschland anscheinend nicht (mit Klagedrohung von Österreich! Vor dem EuGH – Frechheit).
Immer noch kein Rx-Versandverbot für Human-Arzneimittel, obwohl bei Tiermedikamenten ein EU-Beschluss seit 2018 veröffentlicht ist und zum Großteil schon läuft.
Aber Tierarzneimittel sind ja auch eine Nische ... kein Gewinn bei den Mengen.
Ich denke nicht, dass viele Apotheken weiterexistieren werden.
Sven Larisch, MediaPark-Apotheke, Köln
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