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Auf dem Irrweg

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Keine Frage, die Idee ist charmant: Da übernimmt der Großhandelsfahrer mit seinem vollklimatisierten Fahrzeug in den Abendstunden nach seinen re­gulären Touren auch noch den Botendienst für die Vor-Ort-Apotheken.

Intelligent eingesetzt könnte dieser Bote vor allem die Apothekenkunden beliefern, die weit entfernt wohnen und mit großen, sperrigen Artikeln oder temperaturkritischen Arzneimitteln versorgt werden müssen. Ist dann nach wie vor die pharmazeutische Beratung ­gewährleistet und dieser neuartige ­Service in den Großhandelskonditionen vereinbart, könnte dies zu einer spürbaren Entlastung des gesamten Apothekenteams führen. Spontan und flexibel lässt sich dann immer noch reagieren und Praxen sowie Haushalte durch eigenes Personal beliefern.

Doch die Ankündigung dieses Geschäftsmodells durch den genossenschaftlichen Großhändler Noweda kommt gar nicht gut an in der Apothekerschaft. Mit Dr. Morton Douglas hat sich Noweda einen prominenten Juristen geangelt, der selbstbewusst das Konzept verteidigt (S. 9). Immerhin war es auch Douglas, der kürzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht für eine Apothekerin das umstrittene Konzept einer Pick-up-Stelle erfolgreich erstritt (DAZ 2020, Nr. 18, S. 12).

Die Noweda und ihr Anwalt argumentieren, dass in der Apotheken­betriebsordnung nicht vom Personal, sondern vom Boten der Apotheke die Rede ist. Und dieser müsse nicht zwingend im Angestelltenverhältnis mit der Apotheke stehen – wohl aber unter Weisungshoheit ihres Leiters agieren.

Zwischen Noweda und ABDA wird nun (öffentlich) gestritten über die Frage, ob es wirklich im Sinne des Gesetzgebers ist und der Versorgungssicherheit diene, wenn der Apothekenbotendienst zukünftig hauptsächlich über Logistiker stattfindet.

Branchenkenner wissen, dass die Idee mit dem Botendienst nicht neu ist. Sie wurde bereits von anderen Großhändlern durchkalkuliert, und auch Start-ups mit Fahrradkurieren würden Apotheken in ihr Portfolio aufnehmen.

Der Zeitpunkt ist von Noweda aber unklug gewählt. Jetzt, wo die Apotheken für jeden Corona-bedingten Botendienst vorübergehend eine Aufwandsentschädigung erhalten, will ein Anbieter am „Geldsegen“ partizipieren. Da­rüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Botendienst tatsächlich zu einem unpersönlichen Abliefern von Waren werden soll – so wie man es eben aus der übrigen Distributionsbranche gewohnt ist, mit Subunternehmern und Scheinselbstständigen in prekären Arbeitsverhältnissen.

Das kann und darf nicht das Ansinnen der Apotheker und ihrer eigenen Unternehmen sein – so würde sich der Botendienst selbst längst auf einem gefähr­lichen Irrweg befinden.

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