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Pflicht und Kür

Auch dieses Jahr soll es, was die Temperaturen angeht, wieder einen „Jahrhundertsommer“ geben. So manch einer fürchtet schon, dass uns nach dem drohenden Budenkoller während der Corona-Hochphase jetzt endgültig der Hitzekoller überkommt. Es gilt also: Klimaanlagen aufdrehen, Erfrischungsgetränke bereitstellen und cool bleiben!

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

In den nächsten Wochen könnte ohnehin noch der ein oder andere Aufreger die Stimmung im Apothekenteam aufheizen.

Dazu gehört sicherlich die Anbindung der Apotheken an die Telematik­infrastruktur (TI). Selbst bei vorbild­licher, frühzeitiger Buchung aller elektronischen Karten und technischer Komponenten könnte es noch etwas knirschen im TI-Getriebe. Es heißt, die Produktion der SMC-B-Karten würde zum Teil hinterherhinken. Nach dem monatelangen Tauziehen zwischen Apothekensoftwarehäusern und Verbänden, wann denn nun der richtige Zeitpunkt zur Bestellung eines TI-Pakets sei, scheint es jetzt an ganz anderer Stelle zu hapern. Doch ihre Pflicht ­haben die Apotheken erstmal erfüllt. Lehnen wir uns also kurz zurück und ­blicken zuversichtlich in die nahe ­Zukunft: Das wird schon alles werden – hoffentlich rechtzeitig!

Wo eine Pflicht herrscht, existiert meist auch die Kür. Diese könnte sich in der Frage äußern, ob man sich als Apotheke – neben der TI-Anbindung – auch freiwillig einem großen Plattformprojekt ­anschließen sollte. Initiativen wie der „Zukunftspakt Apotheke“ oder „Pro AvO“ wollen jeder einzelnen Vor-Ort-Apotheke unter die Arme greifen und in den Suchmaschinen nach oben verhelfen.

Das ist durchaus nachvollziehbar: Bei der Online-Suche nach Apothekenprodukten und -dienstleistungen stößt man seitenweise auf die Ergebnisse von den größten Arzneimittelversendern in der Branche. Die Apotheken vor Ort und in der Nähe der jeweiligen Nutzer scheinen da komplett unterzugehen.

Der Ansatz der Plattformen klingt also gut – doch kann das alles am Ende wirklich nur von Erfolg gekrönt sein? „Obacht“, meint Dr. Hermann Vogel jun. im Interview auf S. 16: Dass der Berufsstand einerseits für ein Makelverbot von eRezepten kämpft und andererseits „Vermittlungsplattformen“ aufbaut, sieht er als Widerspruch an. Außerdem bestehe die Gefahr einer Abhängigkeit von den Plattformen, die naturgemäß irgendwann ihre eigenen Regeln definieren könnten. Droht den einzelnen Apotheken am Ende der Status eines „angeschlossenen Abwicklers“?

Diese Fragen brennen und es wäre längst an der Zeit, dass sich der Berufsstand viel intensiver und breiter mit der Thematik befasst. Digitalisierte ­Geschäftsabläufe und Kundenkontakte müssen nicht zwangsläufig in der Plattformökonomie enden. Solange Politik und Gesellschaft die freie Wahl inhabergeführter Apotheken für unverzichtbar halten, sollten sich genau diese Markenzeichen nicht hinter einer Einheitsmarke verstecken müssen.

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