Feuilleton

Film ab!

Apotheker*innen auf der Leinwand und im Fernsehen – Analysen, Erkenntnisse, Folgen

Foto: imago images/United Archives
Von Christian Redmann und Christoph Friedrich | Arzt-, Krankenhaus- und Krankenschwestern-Serien erfreuen sich weltweit großer Beliebtheit und unterhalten regelmäßig Zuschauer im heimischen Wohnzimmer [1]. Auch Apo­theker*innen treten hin und wieder in Fernsehserien und Filmen auf, allerdings nicht ganz so prominent. Wie sie selbst und ihr Beruf im deutschsprachigen Raum dargestellt werden, untersuchte eine kürzlich abgeschlossene Dissertation am Marburger Institut für Geschichte der Pharmazie.

Die Dissertation widmete sich der Darstellung des Apothekers sowohl in Kino- und Fernsehfilmen des 20. Jahrhunderts als auch in ausgewählten Serienproduktionen der letzten 50 Jahre, wobei hier insbesondere exemplarisch Kriminalfilmreihen sowie Familien-, Arzt- und Kinderserien analysiert wurden. Insgesamt konnten ohne Anspruch auf Vollständigkeit 18 Filme sowie fünf Serien ausfindig gemacht werden, in denen Apotheker*innen vorkommen und für eine Auswertung zur Verfügung standen. Von diesen 18 Filmen stammen fünf aus der Zeit vor 1950, 13 aus der Zeit danach. Die Serien wurden dagegen alle nach 1950 produziert. Ziel der Studie war es, die Verwendung des Apothekers als dramaturgische Figur zu untersuchen und Aussagen zum „Fremdbild“ des Apothekers, also zum Bild, das Nichtapotheker von unserer Profession besitzen, zu ergänzen. Zugleich wird damit ein Beitrag zur Kultur­geschichte der Pharmazie geleistet [2].

Omnipräsent im Hintergrund – Apotheker meist in Nebenrollen

Die gute Nachricht ist: Anders als im anglo-amerikanischen Raum [3] werden Apotheker*innen in deutschsprachigen Filmen nicht per se als eher negative Figuren gezeigt, sondern sehr vielfältig und heterogen eingesetzt. Dabei zeigt sich, dass diese Apotheker überwiegend besseren gesellschaftlichen Kreisen entstammen und ein gepflegtes Äußeres besitzen. Die fiktiven Berufskollegen finden sich in Kriminalserien, allen voran in der Krimi-Reihe „Tatort“ (seit 1970) oder auch in der Serie „Die Rosenheim-Cops“ (seit 2002), wo sie aber nicht zwangsläufig die „Schurkenrolle“ einnehmen – der Mörder also nicht immer der Apotheker oder die Apothekerin war. Ist er es doch einmal, so handelt er vor allem aus Motiven wie Angst und Geldgier oder aus emotionalen Gründen wie Ehrgeiz, verschmähter Liebe sowie Eifersucht.

Auch in Familienserien wie „Familie Dr. Kleist“ (seit 2004) oder „Dahoam is dahoam“ (seit 2007), der ersten bayerischen Dialekt-Daily-Soap, treten Apotheker auf. Hier werden sie, der Langlebigkeit der jeweiligen Serie bzw. der Notwendigkeit, immer neue Geschichten erzählen zu müssen, geschuldet, mit Wesenszügen ausgestattet, die je nach Charakter die Möglichkeit schaffen, die Figur in immer neuen dramatur­gischen Kontexten agieren zu lassen.

Gemeinsam ist den Apothekergestalten – und das ist die schlechte Nachricht, dass sie überwiegend Nebenfiguren sind und nur in seltenen Fällen zu Hauptgestalten avancieren und handlungsbestimmende Rollen übernehmen, mit Ausnahme der „mordenden“ Kollegen oder explizit der Hauptfiguren einzelner Filme wie „Das letzte Rezept“ (1952) oder „Die Apothekerin“ (1997).

Foto: Institut für Geschichte der Pharmazie

Kinoplakat zum Film „Das letzte Rezept“ (1952)

Apotheker*innen als Projektionsflächen

Apotheker*innen spiegeln wie andere Filmfiguren auch als mehrdimensionale Projektionsflächen cineastische Vorstellungen der Filmschaffenden wider und zeigen, wie diese sich eine Apothekerin oder einen Apotheker vorstellen, welche Merkmale diese aufweisen und in welchem Eigenschafts­kanon sich die Figur bewegt. Eine Analyse der den filmischen Apothekercharakteren nachgesagten Eigenschaften und Eigenarten brachte interessante Einsichten: So besitzen Apotheker im Film ähnliche Vorlieben und „Wesensmerk­male“, wie sie Georg Urdang bereits für die schöne Literatur (Romane und Novellen) postuliert hatte [4]. Es gibt daher in Filmen häufig „hilfsbereite“ Berufsvertreter wie die Apothekerin in dem kurzen Sketch „In der Apotheke“ (1941) mit Karl Valentin (1882 – 1948) und Liesl Karlstadt (1892 – 1960) oder den Apotheker Johannes Kleist in der Serie „Familie Dr. Kleist“. Aber auch „romantische“ und „komische“ – im Sinne von merkwürdige – Apotheker begegnen in Filmen und Fernseh­serien wie Roland Bamberger in der Serie „Dahoam is dahoam“.

Viele dieser Apotheker, sowohl in Serien als auch im Film, besitzen eine gewisse Eigenart im Umgang mit ihrer Umwelt. So zeigen sie häufig eine gewisse Beziehungsgehemmtheit. Hier ist Roland Bamberger als pro­minentes Beispiel zu nennen. Sein Unvermögen, weibliche Gefühle adäquat zu erwidern oder im Spiel der Gefühle passend zu reagieren, kann als wiederkehrendes Merkmal seines Charakters sowie als „comic relief“-Moment mancher Episode gelten. Beim Apotheker Johannes Kleist ist es sein ruppiger, manchmal auch paschaartiger Wesenszug, hier gepaart mit einer gewissen tieferliegenden Unkenntnis, wie mit dem anderen Geschlecht umzugehen sei, der bisweilen für Amüsement oder gar für Kopfschütteln beim Publikum gesorgt haben dürfte.

Foto: Institut für Geschichte der Pharmazie

Apotheker Falkner mit Tänzerin Boroszi im Labor (1952).

In dem wohl „pharmazeutischsten“ der untersuchten Filme, dem schwarz-weiß Spielfilm „Das letzte Rezept“, in dem bereits 1951 eine Apothekerin, Anna Falkner, eine wunderbare Rolle spielt, wird der Handlungskonflikt durch einen Fauxpas des Ehemanns erst ins Rollen gebracht: Im Nachtdienst flirtet der leichtlebige Apotheker Hans Falkner mit der morphin-süchtigen Tänzerin Boroszi und lässt dabei zu, dass diese Morphinampullen entwendet.

Die Apothekerin Hella Moormann in der gleichnamigen Verfilmung des Buches von Ingrid Noll – „Die Apothekerin“ (1997) [5] – besitzt bei der Partnerwahl eine gestörte Selbst- und Fremdwahrnehmung, wenn sie bereits in einem gesprochenen Intro ihrer Person von sich behauptet, sie habe eine Schwäche für problembeladene Männer. Die Häufung solcher sozialen, vielmehr interpersonellen Probleme ist in den untersuchten Filmen auffällig und veranlasst zu der Über­legung, ob man Apothekern solche zwischenmenschlichen Probleme zurecht nachsagt.

Foto: imago images/United Archives

Katja Riemann als Apothekerin Hella Moormann (Mitte) steht im Kinofilm von 1997 am Grab von Dieter Krosmanskys (Richy Müller) Ehefrau Margot, die durch Hellas Beteiligung ums Leben kam.

Fehlerhafte Vorstellungen über die Apotheke und den Beruf

Werden Apotheker im Film dargestellt, so weist die Berufsbeschreibung oftmals gravierende Fehler auf und das Fremdbild, d. h. die Vorstellung vom Apothekerberuf durch Nichtapo­theker, offenbart erstaunliches, für unseren Berufsstand geradezu gefährliches Unwissen. Auch wenn Figuren im Allgemeinen unabhängig von ihrer Profession dramaturgischen Zwängen gehorchen müssen, so darf dies nicht auf Kosten einer korrekten Darstellung des Apothekenbetriebes und der Tätigkeit des Apothekers geschehen.

Der Apotheker Roland Bamberger aus der bereits erwähnten Serie „Dahoam is dahoam“ kann hierfür exemplarisch genannt werden. Zwar erscheint dieser, was durchaus löblich ist, als „Herzblut-Apotheker“, zugleich aber als bodenständiger Verfechter der Phytopharmazie und als experimenteller Biertabletten- und Kräutertee-Erfinder. Allerdings lässt die Darstellung seiner Tätigkeiten in der Serie zu wünschen übrig. So sieht man ihn bisweilen in offenem Kittel mitten in der Offizin eine Rezeptur herstellen. Dabei mischt er Substanzen neben dem Verkaufstisch in einer Art „Behelfs­rezeptur“, während er mit seinen Kunden spricht. An anderer Stelle füllt er Teedrogen ab, allerdings ohne Einwaage. Auch der durchaus regel­mäßige Nacht- und Notdienst erscheint in der Serie eher dramaturgisch als durch die Bayerische Landesapothekerkammer festgelegt worden zu sein, ein wie auch immer gearteter Turnus fehlt.

Bamberger ist nicht der einzige Berufsvertreter, dem die zur Schau gestellte Laborarbeit so flink von der Hand geht. In der Serie „Die Rosenheim-Cops“ kann man einen Apotheker beim Herstellen eines unbekannten Pulvers sehen. Auch hier wird viel gemischt, aber wenig ordnungsgemäß gewogen. Die Ausübung pharmazeutischer Tätigkeiten, insbesondere die Herstellung von Rezepturen, offenbart also wenig Liebe zum Detail und fehlende Kenntnisse der Materie. So scheint für Regisseure das Rühren einer Salbe oder das Anfertigen einer Lotion eine Nebensache zu sein, die man nicht genau darstellen muss: Weder werden Rezepturbestandteile gewogen noch müssen besondere hygienische oder räumliche Bedingungen beachtet werden. Vielmehr wird dies als „Nebenbei-Arbeit“ gezeigt, während der Apotheker mit dem Kunden über Alltäglichkeiten plaudert.

So erscheinen diese Arbeiten im Film dann auch viel eher als „pro forma“-Attribute. Sie werden für den Zuschauer als nicht näher bestimmbare Tätigkeiten, die man der Figur zuordnet, um sie als Apotheker*in zu kennzeichnen, gezeigt, fatalerweise aber ohne deren Bedeutung bzw. ohne deren Stellenwert zu verdeutlichen.

Zudem muss festgestellt werden, dass für Laien der Arzneimittelverkauf offenbar stärker zum (Berufs-)Bild des Apothekers als die Beratung gehört. Wichtige Kernkompetenzen des Apothekers wie die Ausübung eines flächendeckenden Notdienstes, die Beratung bei der Abgabe von Arzneimitteln oder die Anfertigung von Individualrezepturen werden zwar als zum Berufsbild prinzipiell zugehörig wahrgenommen und im Film gezeigt, allerdings geschieht dies zum Teil falsch und ohne Kenntnisse über diese Aufgabengebiete des Apothekers.

Fazit und Ausblick

Im Gegensatz zu „Arztfilmen“ erweist sich, so muss man feststellen, bis heute der „Apothekerfilm“ nicht als eigenständiges Genre. Es existieren weder langlebige Fernseh­serien noch eine größere Anzahl Filme, in denen Apotheker*innen eine Hauptrolle spielen. Der Apotheker wird nur in wenigen Filmen denk- und erinnerungswürdig „in Szene gesetzt“ und verbleibt ganz ähnlich wie seine literarischen Berufskollegen meist als Nebengestalt im Hintergrund des Figuren­ensembles. Apothekerfiguren wie Hella Moormann in „Die Apothekerin“ (1997) und das Apothekerehepaar Falkner in „Das letzte Rezept“ (1952) sind Ausnahmen. Somit muss als ein Ergebnis der Untersuchung das Fehlen eines eigenen Genres konstatiert werden, gleichzeitig aber auch, dass – anders als bei Arztfilmen – Definitionen, respektive eine Typologie narrativer Merkmale, anhand derer man von einem „Apothekerfilm“ sprechen kann, in der Filmforschung fehlen. Allerdings lässt sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts eine filmische Tradition erkennen, Apothekerfiguren mit bestimmten Attributen wie einer Brille und einem weißen Kittel zu versehen.

Weitaus bedauerlicher erscheint jedoch die fehlerhafte Berufsdarstellung. Das Fernsehen als meinungsbildendes Medium unterstützt damit, wenn auch unbeabsichtigt, die Angriffe anderer Medien oder der Krankenkassen auf unseren Berufsstand. Daher muss gefordert werden, dass pharmazeutische Tätigkeiten in Filmen korrekt gezeigt werden. Zugleich sollte die Sorge des Apothekers um die Arzneimittel- und Therapiesicherheit der Patienten deutlicher herausgearbeitet sowie der Stellenwert des Berufs innerhalb des Gesundheitssystems und innerhalb der Gesellschaft in Filmen erkennbar sein. Das Resümee des amerikanischen Apothekers Bookstaver hinsichtlich der Darstellung und damit der Außenwirkung der Apotheker im anglo-amerikanischen Raum [6] gilt somit auch für Pharmazeut*innen im deutschsprachigen Raum: Apotheker und ihre Verbands­organisationen sollten nicht locker lassen, auf die Bedeutung und Relevanz unseres Berufs hinzuweisen, die Öffentlichkeit über die Leistungen der Apotheke informieren und ihren Wert auch im Dialog mit anderen Mitwirkenden des Gesundheitswesens formulieren. Auch die Medien Film und Fernsehen sollten dazu einen Beitrag leisten und zeigen, mit wie viel Leidenschaft viele Apotheker*innen ihren Beruf ausüben. |

Quellen und Literatur

[1] Rosenstein, D: Arzt und Krankenhausserien. Profil(e) eines Genres. In: Augen-Blick. Konstanzer Hefte zur Medienwissenschaft 25 (1998), S. 6–30; Rosenthal, T / Töllner, R: Gesundheit und Unterhaltung. Arzt- und Krankenhausserien im Fernsehen. Ergebnisse einer Inhaltsanalyse. In: Medien praktisch 2 (1999), S. 54–58; Rossmann, C: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die Patienten. Eine Studie zur Darstellung von Ärzten in Krankenhausserien und ihrem Einfluss auf das Arztbild des Patienten. In: Medien & Kommunika­tionswissenschaft 3/4 (2003), S. 497–522; Bleicher, J K: Darstellungsformen von Medizingeschichte im Fernsehen. In: Medien & Kommunikationwissenschaft 3/4 (2003), S. 366–381.

[2] Redmann, C M: Der Apotheker im Film und Fernsehen. Das ­Fremdbild des Apothekers in den Medien. Nat. wiss. Diss. Marburg 2020.

[3] Zum Apotheker im anglo-amerikanischen Film siehe Yanicak, A u. a.: Public perception of pharmacists: Film and television portrayals from 1970 to 2013. In: Journal of American Pharmacists Association 55 (2015), S. 578–586; Bookstaver, B / Yanicak, A: Lights, Camera, Action: Examining pharmacists portrayal in film and television. Präsentation anlässlich des jährlichen Treffens der SCSHP 2014.

[4] Urdang, G: Der Apotheker als Subjekt und Objekt der Literatur. Berlin 1926.

[5] Noll, I: Die Apothekerin. Zürich 1994.

[6] Bookstaver, Yanicak [wie Anm. 3].

Autor

Dr. Christian Redmann, Apotheker und Inhaber der Stadt-Apotheke Ebermannstadt, Promotion am Institut für Geschichte der Pharmazie der Philipps-Universität zu Marburg zum Thema: „Apotheker in Film und Fernsehen – Zum Fremdbild des Apothekers in den Medien“

Prof. Dr. Christoph Friedrich studierte Pharmazie und Geschichte, Promotion 1983 und Habilitation 1987. Seit 2000 Leitung des einzigen Institutes für Geschichte der Pharmazie in Marburg.

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