Prisma

Das Geheimnis der Wandermoose

Wie sich Lebensräume bewegen

Foto: Ruth Mottram

Eine Anhäufung von Gletscher-Moosbällen(englisch: Glacier Mice) auf Island.

us | Durch den Klimawandel schmelzen und verschwinden Gletscher weltweit. Ein guter Grund sich den Ökosystemen zu widmen, die von Gletschern abhängen. Eines davon sind Gletscher-Moosbälle, eine Anhäufung von Dreck und Moosen verschiedener Spezies, die auf manchen Gletschern zu finden sind. Sie bieten wirbellosen Tieren Schutz vor Wind und Kälte. Während des Sommers bewegen sich die Moosbälle auf den Gletschern.

Über den zugrunde liegenden Mechanismus der Fortbewegung konnte bislang nur spekuliert werden. Man nahm an, dass unter den Moosbällen ein Podest aus Eis entsteht, da der Untergrund vor Abschmelzen durch Sonneneinstrahlung geschützt ist. Irgendwann wird das Podest zu klein, der Moosball rollt hinunter und der Prozess beginnt von Neuem. Amerikanische Wissenschaftler haben dieses Phänomen nun systematisch erforscht. Auf einer 600 m2 großen Fläche des Root-Gletschers in Alaska beobachteten sie über einen Zeitraum von vier Jahren 30 Moosbälle, die sie mit einem Draht mit bunten Glasperlen markiert hatten. Während der Untersuchungen wurden sie Zeugen, wie einer der Moosbälle von seinem Podest kippte und seine Unterseite nach oben kehrte. Der vermutete Bewegungsmechanismus wurde also bestätigt. Aus ihren Beobachtungen konnten die Forscher eine mittlere Bewegungsgeschwindigkeit von 2,5 cm pro Tag errechnen. Es zeigte sich, dass sich die Moose je nach Jahreszeit unterschiedlich schnell bewegen. Während die Moosbälle im Juni 1,8 cm pro Tag zurücklegten, beschleunigten sie ihr Tempo im Juli auf rund 4 cm pro Tag, welches sie wiederum im August auf circa 2 cm pro Tag verlangsamten. Die Bewegungsrichtung wurde nicht nur von der Steigung des Gletschers, sondern auch von der Richtung der stärksten Sonneneinstrahlung beeinflusst. Die Wissenschaftler schätzten die Lebenszeit der Moosbälle auf drei bis sechs Jahre, in denen sie Organismen wie Bärtierchen oder Fadenwürmern einen Lebensraum bieten. |

Literatur

Hotaling S et al. Rolling stones gather moss; Movement and longevity of moss balls on an Alaskan glacier. Polar Biol 2020;43:735–744

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