Pandemie Spezial

Pro und Contra: Maskenpflicht fürs Team oder doch nicht?

Pro ...
 

Für die AG KatPharm gehört zum Leben mit dem Virus ganz klar eine Maske als individuelle Schutzmaßnahme dazu! Aus unserer Sicht reicht der vielfach zitierte „Universalschutz Plexiglasscheibe“ nicht aus! In diesem Kontext stellen wir die Frage nach der Existenz von suffizienten Parametern zur Schutzwirkung von Plexiglasscheiben, wie man sie von Masken allerorten abfordert. Ab welcher Mindestgröße liegt ein Schutz vor? Muss die Plexiglasscheibe eine seitliche Abschottung aufweisen? Welche Mindesthöhe muss vorliegen? Wie groß darf die Durchreiche sein? Ein solcher Fragenkatalog lässt sich gewiss beliebig fortsetzen, indes ohne eine wirklich verlässliche Klarheit zu generieren. Eine evidenzbasierte Datenlage gibt es hierzu leider nicht. Aus unserer Sicht ist es daher sinnvoll, die zwei Schutzmaßnahmen Plexiglasscheibe und Maske zu kombinieren, um den Schutz bestmöglich zu erhöhen. Dieser Auffassung liegt auch unsere Empfehlung zum generellen Tragen von Masken des Apothekenpersonals zugrunde. Wir können im Rahmen des regelmäßigen Austausches der FIP aus den Erfahrungen asiatischer Länder lernen und die positiven Berichte von dort aufgreifen. Man sollte nicht versuchen, mit ­Gegenthesen wie z. B. einem vermuteten erhöhten Risiko des Maskentragens bei Infizierten zu unterminieren, sondern vielmehr aus globalen Erfahrungen lernen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf die am 1. Juni 2020 im Lancet veröffentlichte Studie „Physical distancing, face masks and eye protection to prevent person-to-person transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: a systematic review and meta-analysis“. Darüber hinaus bieten auch die sog. Community-Masken einen erhöhten Eigenschutz bei den unvermeidlichen Berührungen im Gesicht. Diese unbewussten Berührungen führt fast jeder durch, sei es pharmazeutisches Fachpersonal, aber besonders der Laie. Durch das konsequente Tragen vermeidet somit jeder individuell einen weiteren Infektionsweg, selbst wenn die Maske keinen Schutz vor Aerosolen bieten sollte. Wir stellen im Kontext der aktuellen Diskussionen auch fest, dass bei vielen die ­Sensibilisierung der Situation abnimmt. Die von uns erstellte Checkliste ist nicht ausschließlich für die Katastrophensituation – wie auch immer diese zu definieren ist – vorgesehen. Wir halten im Rahmen der Corona-Krise den bewussten Umgang mit dem Thema Notfallplanung für unverzichtbar – rein rechtlich betrachtet, befinden wir uns immer noch in der Pandemie! Sicherlich müssen sich einzelne Maßnahmen nach dem Schadensausmaß richten, wir weisen jedoch nochmals deutlich darauf hin, dass eine adäquate Vorbereitung und Abwägung der Maßnahmen durch die Apothekenleitung zu erfolgen hat. Wenn alleinige Maßnahmen wie z. B. Plexiglasscheiben als ausreichend erachtet werden, liegt dies selbstredend in der Entscheidungshoheit des einzelnen Apothekenleiters. Was uns neben der Diskussion rund um das Tragen von Masken jedoch deutlich beunruhigt, ist die Verharmlosung der Schließung von ca. 30 Apotheken. Wir haben bisher zum Glück nur einen sanften Verlauf der Erkrankungswelle zu verzeichnen und selbst bei diesem sind 30 Apotheken behördlich geschlossen worden. Hier möchten wir noch mal deutlich hervorheben, dass durch die seitens der AG KatPharm aufgezeigten Schutzmaßnahmen, zu denen auch das konsequente Tragen von Masken seitens des Apothekenpersonals gehört, Apothekenschließungen auch bei Erkrankungen im Team nachweislich vermieden werden konnten. Ergo können wir nur konsequent die Nutzung von Masken durch das gesamte Apothekenpersonal postulieren.
 

Dr. Frederik Vongehr,

Apotheker, Vorstand der AG KatPharm

 

 

 

Sven Seißelberg,

Apotheker und Diplom-Pharmazeut, Vorstand der AG KatPharm

... Contra
 

Selbstverständlich sind wir uns ­einig, dass eine FFP2-Maske (nur diese schützt wirklich!) zu tragen ist, sollte in der jeweiligen Region tatsächlich eine pandemische Katastrophensituation vorliegen. Für genau eine solche Situation haben wir unsere Teams frühzeitig – unter erheblichem zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand- mit FFP2-Masken ausgestattet. Es gibt sogar bayerische Landkreise, die direkt durch ihre Ämter die systemrelevanten Zweige mit Masken versorgen konnten. Dafür bedanken wir uns bei den Verantwortlichen sehr. Doch der befürchtete Katastrophenfall ist (noch) nicht eingetreten, und zumindest insofern stimmen wir Ihnen zu, dass wegen der hohen Kosten und der ebenso hohen Belastung des Personals beim Tragen die Verwendung von FFP2-Masken momentan nicht zwingend erforderlich ist, aus unserer Sicht aber auch bisher zu keiner Zeit angezeigt war. Denn seit Mitte März haben wir in unseren Apotheken selbstverantwortlich verschiedene Schutzmaßnahmen umgesetzt, wie z. B. Plexiglasscheiben, Mindestabstand und Beschränkung der Kundenzahl. Bei all diesen Maßnahmen haben wir uns am Influenzapandemieplan der Bundesapothekerkammer (BAK) und der Berufsgenossenschaft orientiert. In anderen Apotheken wird das sicher ähnlich gewesen sein, und dies hatte zur Folge, dass deutschlandweit nur eine vernachlässigbar geringe Anzahl von Apotheken Corona-bedingt vorübergehend schließen mussten. Zeugen also nicht gerade unsere bereits im Vorfeld der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung selbst ergriffenen Schutzmaßnahmen von einem der Situation angemessenen, souveränen Handeln und von starker Vorbildfunktion? Und versetzen wir uns doch mal in die Lage der Kunden: Wie verunsichernd oder gar verängstigend muss es auf diese wirken, wenn wir neben den oben genannten Maßnahmen nun auch noch zusätzlich mit Masken beraten – und das weit nach dem bisherigen Höhepunkt der Infektionswelle. Die Gründe, die Sie stattdessen für den Einsatz von Masken aufführen, können wir nicht nachvollziehen. Warten wir doch erstmal die Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussionen ab (z. B. zur Übertragbarkeit der Viren durch Aerosole oder der Qualität von Community-Masken in Abhängigkeit der Stoffqualität).

Sie führen an, dass das Tragen von Masken Voraussetzung für den Weiterbetrieb der Apotheken sei. Dieses Argument ist insofern schon entkräftet, als dass es vor Einführung der Maskenpflicht bundesweit nur zu 30 vorübergehenden Apothekenschließung kam. Ihr zweites Argument ist die Vorbildfunktion im Gesundheitswesen. Ja, wir waren und sind Vorbild. Wir zeigen dies in der angemessenen, aber nicht übertriebenen Umsetzung der Empfehlungen. Dadurch sind wir Vorbilder mit angemessener Reaktion auf die Pandemie. Gern würden wir unsere Kunden, die nur noch zu dritt oder fünft und mit großem Abstand zu uns kommen, von den Masken befreien. Denn leider müssen wir auch feststellen, dass die meisten diese nicht korrekt tragen, obwohl wir sie konsequent darauf aufmerksam machen. Geht somit vielleicht nicht auch eine Gefahr vom vermeintlichen Schutz aus? Ist also eine Maske, „wie auch immer sie aussieht oder zertifiziert ist“, tatsächlich „immer noch besser als keine“? Wir stimmen Ihnen zu, dass es einer bundesweit einheitlichen Regelung bedarf. Dies ist durch die BAK geschehen, wie wir meinen. Die Empfehlungen überlassen es den Apothekern, eigenverantwortlich zu handeln und auf die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten individuell angemessen zu reagieren, ggf. mit den örtlichen ­Ämtern.

Claudia Ochs,

Apothekerin in der Sonnen-Apotheke, Burghausen
 

 

Susanne Wiedemann,

PTA in der Bahnhof-­Apotheke, Bad Tölz

Patrick Dötsch,

Apotheker und Filialleiter der Apotheke am Pasinger Markt, München

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