Hintergrund

LSD auf Rezept?

Interview mit Prof. Dr. med. Gerhard Gründer

Jahrzehntelang in Verruf könnten Psychedelika wie LSD und Psilocybin in der Zukunft eine Therapiealternative bei der Behandlung von Depressionen sein. Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Gerhard Gründer, Leiter der Abteilung für Molekulares Neuroimaging des Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, über mögliche Vorteile gegenüber den klassischen Antidepressiva.

LSD auf Rezept?


Prof. Dr. med. Gerhard Gründer

DAZ: In den letzten Jahren wurden vermehrt klinische Studien mit Psychedelika unternommen. Werden wir also eines Tages LSD und Psilocybin auf Rezept aus der Apotheke beziehen können?
Gründer: Beim LSD bin ich mir nicht sicher, weil die meiste Forschung mit Psilocybin gemacht wird. Es gibt schon Firmen, die an entsprechenden Zulassungsstudien arbeiten. Beim Psilocybin halte ich es für möglich, dass es innerhalb von fünf Jahren eine Zulassung gibt.

DAZ: Psilocybin zeigt ja vielversprechende Effekte bei der Therapie von behandlungsresistenten Depressionen. Welche Vorteile bietet das Psilocybin gegenüber herkömmlichen Antidepressiva?
Gründer: Es ist ein völlig anderes Behandlungskonzept. Die antidepressive Pharmakotherapie, wie wir sie kennen und seit 60 Jahren anwenden, beruht auf der Vorstellung, dass man eine molekulare Dysbalance im Gehirn mit der Dauergabe eines Medikamentes korrigieren kann und dass die Erkrankung in vielen Fällen wieder auftritt, wenn man das Medikament absetzt. Wenn man Psychedelika gibt, kann man einige Patienten bereits nach einer Einmalgabe von ihrer Erkrankung befreien. Es ist sicherlich ein Vorteil, dass der Patient nicht mehr jeden Tag ein Medikament einnehmen müsste und viele Nebenwirkungen wegfallen. Die Substanzgabe ist eingebettet in eine Psychotherapie. Wir erleben, dass Pharmakotherapie und Psychotherapie fundamental vereint werden und führen nicht mehr diese Diskussion, ob das Eine oder das Andere das Beste für den Patienten ist. Allerdings wird diese Behandlungsform von der Öffentlichkeit als gefährlich wahrgenommen und stellt auch für die Patienten eine Herausforderung dar. Therapeuten werden daher eine spezielle Ausbildung benötigen, daran arbeiten wir bereits.

DAZ: Wie ist der aktuelle Stand der von Ihnen in Kooperation mit der Charité Berlin und der MIND-Foundation angestrebten Studie mit Psilocybin?
Gründer: Wir sind derzeit noch dabei, die Substanz in GMP-Qualität zu beschaffen. Sobald wir das alles geklärt haben, können wir unseren bereits vorbereiteten Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte schicken. Es wird also noch einige Monate dauern, bis wir starten können. Dabei stellt es ein zusätzliches Hemmnis dar, dass diese Substanz in Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes fällt. Vor ­Ende 2021 oder Anfang 2022 ist nicht mit Ergebnissen unserer Studie zu rechnen.

DAZ: Was weiß man über die Mechanismen, die der Psilocybin-Therapie zugrunde liegen?
Gründer: Hier konkurrieren verschiedene biologische und psycho­logische Hypothesen miteinander. Psychedelika verändern die sogenannte Konnektivität des Gehirns, also wie bestimmte Gehirnregionen miteinander kommunizieren. Sicherlich spielen auch psychologische Effekte eine Rolle, tiefere Einsichten, die man mit diesen psychedelischen Erfahrungen gewinnt. Letztendlich ist der Gedanke der psychedelischen Therapie, mit diesen Substanzen eine verbesserte Verbindung zu seinen Emotionen, zu seinen Mitmenschen und vielleicht auch zur Natur zu bekommen.

DAZ: Vielen Dank für das ­Gespräch!

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