Arzneimittel und Therapie

RAAS-Blocker nicht gleich absetzen

ACE-Hemmer und Sartane scheinen auch bei nachlassender Nierenfunktion sinnvoll

Verschlechtert sich unter einer Behandlung mit ­Sartanen oder ACE-Hemmern die Nierenfunktion, könnte es für die Patienten durchaus von Vorteil sein, die Therapie beizubehalten. Ein Absetzen der Arzneimittel ist den Ergebnissen einer retrospektiven Kohorten­studie zufolge mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert.

Eine medikamentöse Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) ist bei entsprechender Indikation mit kardioprotektiven Eigenschaften verbunden. Allerdings können Sartane und Angiotensin-Converting-Enzyme(ACE)-Hemmer die Nierenfunktion beeinträchtigen. Soll nun bei nachlassender Nierenfunktion auf die Kardioprotektion verzichtet und die Therapie abgesetzt werden? Diese Frage stellt sich im klinischen Alltag häufig, zumal die diesbezüglichen Empfehlungen teilweise divergieren. Daher befasste sich eine US-amerikanische Arbeitsgruppe mit dieser Problematik. In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden 3909 Patienten berücksichtigt, die zwischen 2004 und 2018 eine Behandlung mit ACE-Hemmern oder Sartanen begonnen hatten und deren Nierenfunktion im Lauf der Therapie schlechter wurde. Diese Patienten wurden in zwei Gruppen unterteilt:

  • Gruppe A: Absetzen der Therapie innerhalb von sechs Monaten nach Absinken der Nierenfunktion unter 30 ml/min/1,73 m² (n = 1235)
  • Gruppe B: Beibehalten der Therapie trotz Absinken der Nierenfunktion unter 30 ml/min/1,73 m² (n = 2674)

Der primäre Studienendpunkt war die Mortalität innerhalb der folgenden fünf Jahre. Sekundäre Studienendpunkte waren schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und das Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz. Die Risiken wurden mithilfe des Propensity-Score-Matching-Verfahrens errechnet. Hierfür wurden die Daten von 2410 Patienten verwendet.

Stadien der Niereninsuffizienz

Zur Einschätzung der Nierenfunktion greift man auf die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR, ml/min/1,73 m²) zurück. Diese sinkt mit abnehmender Nierenfunktion. Die KDIGO (Kidney Disease Improving Global Outcomes)-Leitlinie sieht folgende Einteilung der Nierenfunktion in Abhängigkeit von der GFR vor:

  • > 90: normal oder hoch
  • 60 – 89: leicht verringert
  • 45 – 59: leicht bis moderat verringert
  • 30 – 44: moderat bis stark verringert
  • 15 – 29: stark verringert
  • < 15: Nierenversagen

Während eines medianen Beobachtungszeitraumes von knapp drei Jahren verstarben 35,1% der Patienten, deren RAAS-Blocker abgesetzt wurden, und 29,4% der Patienten, welche die Therapie fortführten. Das Absetzen der Medikation war mit einem um 39% erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert (Hazard Ratio [HR] 1,39; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,20 bis 1,60). Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich im Hinblick auf schwere kardiovaskuläre Ereignisse (HR 1,37; 95%-KI 1,20 bis 1,56). Das Risiko für eine terminale Niereninsuffizienz war leicht erhöht (HR 1,19; 95%-KI 0,86 bis 1,65) – dieses Ergebnis war statistisch nicht signifikant.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems auch bei beeinträchtigter Nierenfunktion mit einem kardiovaskulären Vorteil verbunden zu sein scheint. Das Risiko, eine terminale Niereninsuffizienz zu erleiden, wird dagegen als gering eingestuft. |
 

Literatur

Qiao Y et al. JAMA Intern Med 2020; doi:10.1001/jamainternmed.2020.0193

DeJong C, Grant RW. JAMA Intern Med 2020; doi:10.1001/jamainternmed.2020.0300

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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