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Weiterer Rechtsstreit um Opiumtinktur

Gericht in Österreich stärkt Stellung der Rezeptur

tmb | Der Streit um die rechtliche Einordnung von Opiumtinktur, die in Apotheken abgefüllt wird, beschäftigt inzwischen auch die Justiz in Österreich. Das Landes­gericht Innsbruck entschied am 3. April, dass ein österreichischer Anbieter von Opiumtinktur für Rezepturzwecke kein Fertigarzneimittel in Verkehr bringe. Denn dieses Produkt sei nicht zur Ab­gabe an Anwender bestimmt.

Die Vertreiber eines zugelassenen Fertigarzneimittels mit Opiumtinktur hatten gegen einen österreichischen Anbieter von Opiumtinktur zu Rezepturzwecken geklagt. Die Kläger hatten argumentiert, der Anbieter verschaffe sich gegenüber dem Fertigarzneimittel einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Denn die Opiumtinktur zu Rezepturzwecken sei bezüglich Inhalt, Anwendung und Packungsgrößen mit dem Fertigarzneimittel vergleichbar, aber nicht zu­gelassen. Der Anbieter kaufe die Tinktur von einem schweizerischen Hersteller, fülle diese um und ver­kaufe sie an Apotheken weiter. Das Produkt werde vom Anbieter auf Vorrat hergestellt und sei ein gebrauchsfertiges Arzneimittel und daher zulassungspflichtig. Die Ergänzung von Informationen auf einem Etikett in der Apotheke sei kein „echter“ Herstellungsschritt. Darum unterliege bereits das an die Apotheken gelie­ferte Produkt der Zulassungspflicht. Doch das Landesgericht Innsbruck folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab.

Urteil in Österreich

Das Urteil vom 3. April lässt erkennen, dass das Gericht die Abläufe in den Apotheken detailliert betrachtet hat. Die Apotheken würden die Opium­tinktur umfüllen, mit einem Tropfer und einer Kindersicherung versehen und gemäß den apothekenrechtlichen Vorschriften kennzeichnen. Das Gericht erklärte, relevant sei, „wie die Beklagte ihr Produkt in Verkehr bringt“. Das Produkt sei nach objek­tiven Kriterien nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt. Denn die Gebinde seien Transportgebinde und würden ausdrücklich so bezeichnet. Da die Flaschen keine Tropfer enthielten, seien sie für Patienten nicht anwendungsfähig. Das Gericht folgerte: „Die Beklagte bringt damit kein Fertigarzneimittel in den Verkehr, sondern ein Produkt, das von den Apotheken für magistrale Zubereitungen verwendet wird.“ Daran wiederum würden die gesetzlichen Vorschriften der Apotheken anknüpfen. Es liege keine „Arzneispezialität“ vor, die zulassungspflichtig wäre. Die Beklagte dürfe sich darauf verlassen, dass die Apotheken die gesetzlichen Vorgaben für die Abgabe an die Endverbraucher einhalten und das Produkt nicht im Transportgebinde abgeben. Damit liege kein Rechtsbruch vor und die Beklagte handle nicht unlauter im Sinne des Gesetzes (Landesgericht Innsbruck, Aktenzeichen 69 Cg 65/19m). Ob das Verfahren in Österreich eine weitere Instanz beschäf­tigen wird, ist bisher offen.

Entwicklung in Deutschland

Die Konstellation des österreichischen Verfahrens ähnelt einem deutschen Fall, der im Mai 2019 vor dem Landgericht Hamburg verhandelt wurde. Das Gericht hatte damals abgelehnt, eine einstweilige Verfügung gegen einen deutschen Hersteller von Opiumtinktur für Rezepturzwecke zu erlassen. Denn derjenige, der das Arzneimittel in Verkehr bringe, habe es in der Hand, ob es zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sei und damit als Fertigarzneimittel in Verkehr gebracht werde (siehe „Versandgefäß ist kein Fertigarzneimittel“, DAZ 2019, Nr. 38, S. 22). Dieses Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig und die Entscheidung der nächsten Instanz steht aus. Allerdings erließ das Landgericht Hamburg im Januar 2020 eine einstweilige Verfügung gegen eine Hamburger Apotheke und untersagte dieser Apotheke, Opiumtinktur als Rezeptur in Verkehr zu bringen. Die betroffene Apotheke hat dagegen Widerspruch eingelegt (siehe „Verwirrung um Opiumtinktur“, DAZ 2020, Nr. 11, S. 15). Eine gerichtliche Entscheidung dazu steht aus.

Beruhigung von den Verbänden

Der Hamburger Apothekerverein merkte dazu in einem Rundschreiben vom 11. März 2020 an, dass die Entscheidungen formal nur Rechtswirkungen zwischen den Beteiligten haben. Der Bayerische Apotheker­verband erklärte in einem Rundschreiben vom 18. März 2020, auf der Basis des bisherigen Kenntnisstandes gehe die ABDA davon aus, „dass die Verwendung von Opiumtinktur als Ausgangsstoff bei der Anfertigung von Rezepturen rechtlich nicht angreifbar ist“. Der Ausgangsstoff „Opiumtinktur“ sei nicht zulassungspflichtig.

Der Vertreiber des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels Dropizol®, die Innocur Pharma GmbH, betonte dazu auf Anfrage der DAZ, dass es sich bei der Auseinandersetzung um Opiumtinktur um einen Einzelfall handele. Andere Rezepturen oder Defekturen seien nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens. Zur Auseinandersetzung in Österreich nahm Innocur nicht Stellung, da es sich um ein komplexes laufendes Verfahren handele. |

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