Pandemie Spezial

Verwirrung um Ibuprofen

WHO rudert zurück und rät nicht mehr von Ibuprofen in der Selbstmedikation ab

cel | Eine am 14. März 2020 via WhatsApp verbreitete Sprachnachricht hatte für große Verunsicherung gesorgt. Die Botschaft: Ibuprofen könne für besonders schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung verantwortlich sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) waren sich jedoch einig, dass es keine neuen Beweise für eine erhöhte Sterblichkeit unter Ibuprofen gibt. Dennoch hatte ein Sprecher der WHO am 17. März 2020 im Rahmen einer Pressekonferenz geraten, in der Selbstmedikation Paracetamol statt Ibuprofen einzusetzen. Eine Empfehlung, die weder von der EMA noch der AMK geteilt wurde. Inzwischen ist die WHO zurückgerudert.

Am 19. März 2020 hat die WHO ihre Warnung vor der Einnahme von Ibuprofen bei COVID-19-Verdacht aufgehoben. Laut einer Mitteilung der Deutschen Presseagentur dpa sollen die WHO-Experten nach Sichtung der Studien und Konsultation von Ärzten zu dem Schluss gekommen sein, dass es über die bekannten Nebenwirkungen bei bestimmten Bevölkerungsgruppen hinaus keine Hinweise auf negative Ibuprofen-Konsequenzen bei COVID-19-Patienten gebe.

„Auf der Basis der heute vorhandenen Informationen rät die WHO nicht von der Einnahme von Ibuprofen ab“, teilte die WHO mit. Somit gleicht die WHO ihre Einschätzung den Bewertungen von AMK und EMA an.

So hatte die EMA erklärt: „Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, die einen Zusammenhang zwischen Ibuprofen und der Verschlechterung von COVID 19 herstellen.“ Die EMA beobachtet die Situation genau und wird alle neuen Informationen, die zu diesem Thema im Zusammenhang mit der Pandemie verfügbar werden, überprüfen.

Jedes Arzneimittel hat Vorteile und Risiken

Zudem führt sie aus: „Bei Beginn der Behandlung von Fieber oder Schmerzen bei COVID-19 sollten Patienten und medizinisches Fachpersonal alle verfügbaren Behandlungsoptionen, einschließlich Paracetamol und NSAR, in Betracht ziehen.“ Jedes Medikament habe seine eigenen Vorteile und Risiken, die sich in den Produktinformationen widerspiegeln und die zusammen mit den nationalen Behandlungsleitlinien der EU berücksichtigt werden sollten, von denen die meisten Paracetamol als erste Behandlungs­option bei Fieber oder Schmerzen empfehlen. Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe könnten NSAR wie Ibuprofen gemäß den genehmigten Produktinformationen weiterhin verwenden, so die Position der EMA.

Man sollte diese Medikamente allerdings in der niedrigsten wirksamen Dosierung und über einen möglichst kurzen Zeitraum einsetzen. Zudem gebe derzeit keinen Grund für mit Ibuprofen behandelte Patienten, das Arzneimittel abzusetzen.

Studien sollen Klarheit bringen

Die EMA betont, dass „epidemiologische Studien rechtzeitig durchgeführt werden müssen, um angemessene Beweise für die Auswirkungen von NSAR auf die Krankheitsprognose von COVID-19 zu erbringen.“

PRAC prüft Ibu- und Ketoprofen

Der Ausschuss für Pharmakovigilanz (PRAC) prüft seit Mai 2019 die NSAR Ketoprofen und Ibuprofen. Die französische Behörde für Arzneimittelsicherheit ANSM (Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé) hatte diese Überprüfung beantragt, aufgrund von Hinweisen, dass einige bakterielle Infektionen und Windpocken (Varizellen) durch diese Medikamente verschlimmert werden könnten. Die Produktinformationen vieler NSAR enthalten nun bereits Warnungen, dass ihre entzündungshemmende Wirkung die Symptome einer sich verschlimmernden Infektion verdecken kann, so die EMA. Die Sicherheitsüberprüfung durch den PRAC läuft aktuell noch. |

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