DAZ aktuell

Corona-Krise versus Rabattverträge

AOK Rheinland/Hamburg überlässt den Apothekern mehr Spielraum

bro | Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR)hat mit der AOK Rheinland/Hamburg vereinbart, dass Patienten bei Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels nicht erneut in die Apotheke kommen müssen – denn die Apotheker dürfen dann unter Angabe eines Corona-Sonderkennzeichens auch sofort ein anderes Präparat abgeben. Kann diese Initiative auch als Vorbild für andere Kassen dienen?

Nordrheins Apothekerverbandspräsident Thomas Preis sagte am vergangenen Montag im DAZ.online-Interview: „Es ist aktuell unverantwortlich, Patienten wiederholt in die Apotheke zu bitten, nur weil das Rabattarzneimittel oder ein bestimmtes laut Rahmenvertrag vorgeschriebenes Medikament beim ersten Besuch nicht auf Lager war. Der Apotheker sollte die Präpa­rate abgeben dürfen, die er gerade auf Lager hat.“ Auch die Freie Apothekerschaft und der Apothekerverband Rheinland-Pfalz hatten diese Forderung aufgestellt. Mit dieser Idee stießen die Apotheker offenbar auf Verständnis bei der AOK Rheinland/Hamburg. Die Kasse versichert in beiden Bundesländern insgesamt knapp drei Millionen Menschen.

Corona-Sonderkennzeichen

Die Kasse und der AVNR haben nun die Abmachung getroffen, dass die Rabattverträge während der Corona-Krise nur noch eingeschränkt umgesetzt werden müssen. Grundsätzlich gelten nach wie vor die abgeschlossenen Verträge. Klar ist also: Wenn die Apotheke das rabattierte Arzneimittel auf Lager hat, muss sie es auch abgeben. Allerdings: Wenn der Patient in der Apotheke steht und sein Rabattarzneimittel nicht da ist, muss er oder sie kein zweites Mal kommen. Der Apotheker darf dann sofort auch ein anderes Präparat abgeben und muss dies mit einem Corona-Sonderkennzeichen auf dem Rezept vermerken. Dasselbe gilt übrigens für Importarzneimittel.

In einem Schreiben an seine Mitglieder teilt der AVNR derzeit mit: „Die AOK Rheinland/Hamburg geht davon aus, dass die Bevorratung der Apotheken wie bisher mit rabattierten und nicht rabattierten Arzneimitteln erfolgt. Sollte es aber im Einzelfall bei der Versorgung eines Versicherten mit einem rabattierten Arzneimittel zu der Situation kommen, dass dieses in der Apotheke nicht sofort vorhanden ist, kann dieses Arzneimittel substituiert und ein Folgekontakt vermieden werden. Die Kennzeichnung der Nichtverfügbarkeit erfolgt wie vertraglich vorgesehen mit dem Sonderkennzeichen 02567024 mit dem Faktor 5 oder 6. Die AOK Rheinland/Hamburg geht aber davon aus, dass aufgrund der Bevorratungslogistik der Apotheken es zu keinem signifikanten Anstieg des Austausches kommt. Das Gleiche gilt für nichtverfügbare Importarzneimittel. Hier wird das Sonderkennzeichen 02567024 mit dem Faktor 3 oder 4 aufgedruckt.“

Der AVNR gibt noch nicht auf: man stehe bereits mit anderen großen Kassen im Gespräch. Auch für die Apotheken in Hamburg gelten diese Regeln ab sofort. |

Die ABDA informiert, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Ärzte gebeten hat, bei Arzneimittelverordnungen folgende Punkte zu berück­sichtigen:

  • Die Verordnung von Arzneimitteln insbesondere bei chronisch kranken Patientinnen und Patienten (z. B. mit einer N3-Packung) sollte wie gewohnt fortgesetzt werden, um Arztbesuche auf das Nötigste zu reduzieren und damit die behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu entlasten.
  • Auf eine zusätzliche Ausstellung von Privatrezepten, soweit sie aus ärztlicher Sicht nicht erforderlich sind, sollte verzichtet werden. Die Arzneimittel stehen dann den Patientinnen und Patienten zur Verfügung, die diese dringend benötigen.

Zugleich hat das BMG sich an die ABDA gewandt und auch um ein angemessenes Abgabeverhalten in den Apotheken hinsichtlich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und apotheken­üblicher Waren gebeten.

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