Gesundheitspolitik

VOASG: Nicht alle sind zufrieden

Kammerversammlungen üben zum Teil heftige Kritik

cha | In der vergangenen Woche hielten etliche Landesapothekerkammern Versammlungen ab – in Nordrhein trafen sich die Delegierten sogar vor Ort, andere Kammern veranstalteten ihre Delegiertenversammlungen online, die Bayerische Landesapothekerkammer hielt ersatzweise online eine Informationsveranstaltung ab. Ein wichtiges Thema dabei war das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG), das am kommenden Freitag vom Bundesrat verabschiedet werden soll und dann Mitte Dezember in Kraft treten könnte. Was sich bereits seit geraumer Zeit gezeigt hatte, wurde nun bei den Versammlungen wieder deutlich: Anders als bei der ABDA-Spitze, die schon frühzeitig auf den Kurs von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eingeschwenkt war, gibt es in den Ländern durchaus sehr kritische Stimmen, die nach wie vor das Rx-Versandverbot als einzig machbaren Weg zum Erhalt der Gleichpreisigkeit im Rx-Bereich sehen. Und der ABDA vorwerfen, dass sie dieses Ziel zu früh aufgegeben habe.

In Bayern gehen die Meinungen zwischen Kammer und Verband deutlich auseinander. So betonte Kammerpräsident Thomas Benkert, dass er mit dem VOASG nicht glücklich sei. Er kritisierte, dass nur 90 Prozent des Bereichs erfasst würden, während Privatversicherte und Selbstzahler außen vor blieben. Hier habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sein Versprechen nicht gehalten. Trotz intensiver Gespräche sei § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG gestrichen worden; nun müsse man schauen, dass der PKV-Bereich im kommenden Jahr wieder dazukomme. Er habe das Rx-Versandverbot immer für den einzigen Weg gehalten, aber es sei schwierig, allein gegen Windmühlen anzukämpfen.

Dagegen sieht der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes Dr. Hans-Peter Hubmann das VOASG unter den Bedingungen, unter denen man habe arbeiten müssen, als großen Erfolg. Für 90 Prozent sei die Gleichpreisigkeit wiedererlangt worden, denn diese sei ja durch das EuGH-Urteil ab­geschafft worden. Die Einhaltung werde durch Sanktionen gewährleistet, der Ausschluss von der Belieferung sei ein scharfes Schwert.

Auch Niedersachsens Kammer­präsidentin Cathrin Burs ist zufrieden, verwies jedoch bei der Kammerversammlung auf die Kröte, die man schlucken müsse, da die Arzneimittelpreisbindung jetzt „rein theoretisch“ nicht mehr für Privatversicherte gelte. Burs betonte unter Hinweis auf den Brief von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass weder massive Einwände noch ein Veto der EU-Kommission schon jetzt im Raum stünden. Das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht bewertete Burs als einen „guten juristischen Schutzwall“.

Erwartungsgemäß ganz andere Töne kamen aus Brandenburg. Kammerpräsident Jens Dobbert machte deutlich, dass er die Einschätzung des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, das VOASG schaffe zu 90 Prozent Gleichpreisigkeit und sei damit ein „Fortschritt“, keinesfalls teilt: „Das ist kein Fortschritt, denn die Gleichpreisigkeit ist so nicht vorhanden.“ Es gebe nun einmal Privatversicherte und Selbstzahler. Dobbert prognostiziert, dass es in diesem Bereich künftig ein „Hauen und Stechen“ geben und der GKV-Spitzenverband diese Möglichkeiten auch für die GKV-Versicherten reklamieren werde. Dobbert sparte auch nicht an Kritik an der ABDA: „Wir haben immer für ein Rx-Versandverbot gekämpft, mit anderen Bundes­ländern zusammen.“ Doch trotz anderer Beschlusslage im Gesamtvorstand habe die ABDA-Führung das Rx-VV nicht weiterverfolgt.

Mecking bezweifelt, ob Kassen gegen Verstöße vorgehen

Bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein ging Kammerjustiziarin Bettina Mecking auf das VOASG ein. Sie bezweifelt, ob das Rx-Boni-Verbot im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz gut aufgehoben ist. Es bleibe abzuwarten, ob Wettbewerbsrechtler sich diesen Passus zu eigen machen werden, sagte sie. Denn nur dann sei die Kammer Nordrhein bei Verstößen klage­berechtigt. Andernfalls müssten die Krankenkassen gegen entsprechendes Fehlverhalten vorgehen – und ob sie das tun würden, sei fraglich.

Ausführliche Berichte zu den Kammerversammlungen lesen Sie in der nächsten Ausgabe der DAZ. |

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