Gesundheitspolitik

Vergabe mit herbem Beigeschmack

Deutliche Kritik an Beteiligung von Zur Rose-Tochter eHealth-Tec an E-Rezept-Fachdienst

cm | Vergangenen Montag sorgte eine Vergabeentscheidung der Gematik für ein Erdbeben in der Apothekenwelt: Der deutsche Ableger des US-Konzerns IBM erhält den Zuschlag für die Entwicklung und den Betrieb des E-Rezept-Fachdiensts in Deutschland. Daran beteiligt ist auch die Zur Rose-Tochter eHealth-Tec. Wie nehmen die Gesundheits­politiker im Deutschen Bundestag die Nachricht auf?
Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde

Andrew Ullmann (FDP-MdB) fordert: Keine Vor-Ort-Apotheke darf benachteiligt werden.

„Diese Kooperation klingt auf den ersten Blick wie der Albtraum aller Vor-Ort-Apotheken“, teilt der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann auf Anfrage von DAZ.online mit. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass diese Unternehmen bisher wichtige Erfahrungen im Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur gemacht haben. Ich kenne die Details der Vergabe nicht, aber eins ist klar: Die Gematik muss dafür Sorge tragen, dass der gesetzliche Auftrag eingehalten wird. Das heißt konkret, keine Vor-Ort-Apotheke darf beim E-Rezept gegenüber Online-Apotheken benachteiligt werden.“

Die Apothekerin Sylvia Gabelmann (Linke) findet deutlich drastischere Worte als ihr Kollege. „Die Linke hat immer gefordert: Durch das E-Rezept dürfen Versandapotheken nicht bevorteilt werden. Doch genau das geschieht jetzt“, so Gabelmann auf Nachfrage. „Denn wenn eHealth-Tec, eine Firma, die zum DocMorris-Mutterkonzern gehört, zusammen mit IBM die technische Infrastruktur des E-Rezepts entwickelt, dann werden diese schon dafür sorgen, dass die Komponenten des E-Rezepts auf die Bedürfnisse von DocMorris zugeschnitten sind. Und der Arzneimittelversender wird ­sicherlich immer früher als alle anderen erfahren, wie die Infrastruktur aussehen soll“, moniert sie. Für die Präsenzapotheken fürchtet die Arzneimittelexpertin erhebliche Wettbewerbsnachteile. „Ich finde es unerträglich, dass DocMorris nun – zwar indirekt, aber maßgeblich – an der Gestaltung des E-Rezepts beteiligt werden soll. Das stärkt den Versandhandel und schwächt die Apotheken vor Ort.“

Auf wessen Kappe das Ganze geht, ist aus Gabelmanns Sicht klar: Jens Spahn habe vor zwei Jahren die Selbstverwaltung entmachtet und seither habe das Bundes­gesundheitsministerium bei der Gematik das Sagen.

Zwar hält Kordula Schulz-Asche von den Grünen es für sinnvoll, „dass ein zentraler Fachdienst dafür sorgen soll, dass die Entwicklung des E-Rezepts voranschreitet“. Völlig klar müsse aber sein, dass Vor-Ort-Apotheken nicht benach­teiligt werden dürften. „Dass die Gematik einer Zur-Rose-Tochter den Zuschlag erteilte, hat mindestens einen herben Beigeschmack.“ Spahn habe sich mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz ohnehin einen sehr schlanken Fuß gemacht; wenn jetzt – wenige Wochen nach Abschluss der Beratungen des VOASG – Versandapotheken maßgeblich an der Entwicklung des E-Rezept-Fachdienstes beteiligt seien, sei das schon fast zynisch. Bundesgesundheitsministerium und Gematik müssten gleichermaßen „aktiv dazu beitragen, dass unsere Präsenzapotheken auch mit voranschreitender Digitalisierung gestärkt in die Zukunft gehen“. |

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