Gesundheitspolitik

TeleClinic kontert ABDA

Telemedizinanbieter verteidigt seine Rezept-Praxis

ks | Der Telemedizinanbieter TeleClinic verkündete kürzlich den Launch eines neuen Portals, das Apotheken vor Ort eine problemlose Belieferung der TeleClinic-Privatrezepte ermöglichen soll. Auf seiner Webseite erklärt TeleClinic, dass für die Apotheken sogar ein Kontrahierungszwang bestehe. Die ABDA äußerte auf Nachfrage jedoch Zweifel an dieser Annahme. Darauf erklärte wiederum die TeleClinic, die Einschätzung der ABDA sei „nicht korrekt“.

Die in München ansässige Tele­Clinic mit ihren Online-Sprechstunden hob sich eigentlich positiv ab von Telemedizin-Anbietern mit Sitz in Ländern wie Großbritannien, die Kunden lediglich nach einer Fragebogen-Anamnese mit dem gewünschten Arzneimittel versorgen. Doch seitdem sich die TeleClinic von der Schweizer Zur Rose-Group hat schlucken lassen, weht dem Unternehmen ein kühler Wind aus weiten Teilen der Apothekerschaft entgegen. Gleich nach der Übernahme hatte sich apotheken.de aus der zuvor bestehenden Kooperation verabschiedet. Apotheken.de hatte bis dato für die Schnittstelle mit den Vor-Ort-Apotheken gesorgt. Doch die neue Verbundenheit des Online-Arzt-Portals mit einem Arznei­mittelversandhändler ließ alle Alarmglocken schrillen.

Die TeleClinic stellte die Trennung von apotheken.de vor ganz praktische Probleme – vertraglich verbunden war sie jetzt nur noch mit einer deutschen Versandapotheke. Stationäre Apotheken, die nun mit Rezepten von TeleClinic-Patienten konfrontiert waren, gerieten in Schwierigkeiten – die Verordnungen erreichten sie per Fax oder Mail. Die erforderliche, aber nicht auffindbare qualifizierte elektronische Signatur bereitete den Apotheken ebenso Bauchschmerzen wie die Möglichkeit, dass das Rezept in verschiedenen Apotheken gelandet sein und mehrfach bedient werden könnte. Der Apotheker Thomas Grittmann aus Miltenberg ging sogar mit Unterstützung von Noweda juristisch gegen TeleClinic vor. Doch all diese Probleme sind nun aus Sicht des Münchner Unternehmens aus der Welt. Im Oktober gab TeleClinic den Launch eines neuen Portals zur Vernetzung mit Vor-Ort-Apotheken bekannt. So soll es funktionieren: Nach der Online-Behandlung stellt der Arzt ein Privatrezept aus und versieht es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Der Patient entscheidet dann, wo er das Rezept einlösen möchte: Er kann eine Apotheke in der App wählen – vorher registrieren muss sich diese nicht. Die TeleClinic wiederum informiert dann die ausgewählte Apotheke und übermittelt dieser das Rezept elektronisch. „Der Patient erhält niemals das ­signierte Rezept“, betont die TeleClinic auf ihrer Webseite. Schließlich erhält der Patient eine Benachrichtigung, wenn das gewünschte Arzneimittel abholbereit ist.

Die Sache mit dem Kontrahierungszwang

Da die TeleClinic zu den auf ihrer Webseite gestellten „Häufigen Fragen“ erklärt, das elektronische Rezept dürfe nicht nur beliefert werden, sondern es bestehe sogar ein „Kontrahierungszwang gemäß § 17 Abs. 4 ApBetrO“, hatte DAZ.online bei der ABDA nachgehakt, ob sie ebenfalls eine solche Abgabepflicht sieht. Unter anderem antwortete die ABDA, dass nicht ordnungsgemäß ausgestellte Rezepte, etwa solche, die ausschließlich per Telefax übermittelt werden, nicht beliefert werden dürften – von eben solchen Fällen hatten Apotheker schließlich berichtet.

Doch TeleClinic widerspricht: Die Rezepte würden nicht per Telefax übermittelt. Zwar erhalte die vom Patienten gewählte Apotheke durchaus eine E-Mail oder ein Fax – doch diese enthielten eine URL, über welche das Rezept sodann aufgerufen werden könne. „Erhält ein Apotheker ein Fax von Tele­Clinic, so handelt es sich demnach lediglich um die Benachrichtigung, nicht jedoch um das Rezept als solches“, so TeleClinic-Gründerin und Geschäftsführerin Katharina Jünger. Sie versichert überdies, dass die übermittelten Rezepte die qualifizierte elektronische Signatur des Arztes enthielten – dies prüfe TeleClinic explizit vor Übermittlung. Insofern seien die Verordnungen ordnungsgemäß ausgestellt.

Die ABDA hatte auch darauf verwiesen, dass Apotheken etwaige Änderungen am Rezept ebenfalls mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen müssen. „Dass bereits heute jede Apotheke die hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen in allen Fällen erfüllen können muss, um eine elektronische Verschreibung zu verarbeiten, ist zu verneinen“, so die ABDA. Und deshalb sei der Kontrahierungszwang in dieser Hinsicht eingeschränkt. Auch Jünger räumt ein, dass eine Korrektur nur mit qualifizierter elektronischer Signatur möglich sei. Aber für sie liegt die Lösung auf der Hand: mit dem Arzt Kontakt aufnehmen und sich ein neues korrektes digitales Rezept schicken lassen. Jünger betont: „Zur Ein­lösung eines TeleClinic-Rezeptes muss lediglich ein PC mit E-Mail-Zugang vorhanden sein.“

Indessen hat das Landgericht Aschaffenburg vergangene Woche sein Urteil in Grittmanns Eilverfahren verkündet. Der Apotheker bekam Recht: Das Vorgehen von Teleclinic mit nur einer angeschlossenen Versandapotheke war un­zulässig. |

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