Gesundheitspolitik

AvP: Die Sache mit der Umsatzsteuer

Finanzämter gehen unterschiedlich vor: Stundung, Korrektur oder Ablehnung

tmb | Die Finanzämter gehen sehr unterschiedlich mit der Umsatzsteuer auf die ausste­henden Zahlungen von AvP um. Dies ist die bisherige Erkenntnis von Steuerberater Niko Hümmer, Koblenz.

Üblicherweise ergibt sich die zu zahlende Umsatzsteuer der Apotheken aus den vereinbarten Entgelten. Damit entsteht die Steuerpflicht, wenn das Arzneimittel abgegeben und so die Forderung begründet wird, unabhängig davon, ob die Zahlung bei den Apotheken ankommt und die Steuer vereinnahmt wird. Demnach müssten die Apotheken Umsatzsteuerbe­träge an das Finanzamt abführen, obwohl sie diese gar nicht vereinnahmt haben. Doch Theo Clotten und Niko Hümmer, Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei Dr. Schmidt und Partner, Koblenz und Dresden, hatten in einem DAZ-Beitrag mögliche Ausnahmen von diesem Vorgehen beschrieben (siehe DAZ 2020, Nr. 40, S. 14). Abhängig davon, ob die Apotheke die Forderung an das Rechenzentrum ab­getreten habe, komme eine Korrektur der Bemessungsgrundlage oder zumindest eine Stundung in Betracht. Möglicherweise könne die Zahlung später aus Billigkeitsgründen erlassen werden.

Ermessensspielraum unterschiedlich genutzt

Inzwischen liegen erste Erfahrungen von den Finanzämtern vor – und die sind offenbar sehr verschieden. Hümmer berichtete gegenüber der AZ, sogar innerhalb einzelner Bundesländer erlebe er unterschiedliche Reaktionen. In ­gewissem Maße sei das durchaus verständlich, weil die Abgabenordnung einen Ermessensspielraum vorsieht. Hümmer erklärte, er kommuniziere offen mit den Finanzämtern und lasse offen, ob die Forderung abgetreten sei. Das sei kurzfristig nicht zu klären und diese Unklarheit sei auch ein Grund, die Stundung der nicht vereinnahmten Umsatzsteuer zu beantragen. Daraufhin hätten mehrere Finanzämter in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen diese Zahlungen gestundet, meistens für ein halbes Jahr. Allerdings hätten andere Finanzämter in Nordrhein-Westfalen die Stundung mit unterschiedlichen Begründungen abgelehnt. Einige hätten kommentarlos die Beträge abgebucht. In diesen Fällen habe seine Kanzlei Widersprüche ein­gelegt. Außerdem berichtete Hümmer, ein Finanzamt habe aufgrund des Stundungsantrags von sich aus die Bemessungsgrundlage gemäß § 17 UStG korrigiert.

So ergeben sich verschiedene Konsequenzen. Bei einer Korrektur nach § 17 UStG muss die Apotheke die nicht vereinnahmte Umsatzsteuer nicht abführen. Erst wenn tatsächlich Geld fließt, entsteht eine neue Forderung des ­Finanzamtes. Bei einer Stundung gewinnt die Apotheke immerhin Zeit, in der sich neue Informationen zu AvP ergeben können und Geld für eine spätere Zahlung bereitgestellt werden kann.

Eine weitere Variante erfuhr die AZ von der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern. Demnach gebe es eine Anweisung an die Finanzämter des Landes, wie mit dem Fall umzugehen sei. ­Dabei bleibe die Umsatzsteuer­forderung gegen die Apotheken bestehen, weil die Krankenkassen nicht insolvent seien. Doch die Apotheker könnten ihre Einkommensteuervorauszahlung ­aufgrund der zu erwartenden ­Einkommensminderung anpassen lassen. Wenn dadurch ein Gut­haben bei der Einkommensteuer entstehe, könne dies mit der ­fälligen Umsatzsteuer verrechnet werden, obwohl es dabei um unterschiedliche Steuerarten geht. Falls ein Apotheker dann immer noch über ein Steuerguthaben verfüge, könne dies ausgezahlt werden. |

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