Wirtschaft

Starkes Umsatzplus im August?

Irritierende Daten von Destatis verzerren das Bild nach außen

tmb | Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat für den August einen bemerkenswerten Umsatzanstieg von 3,8 Prozent gegenüber dem Vormonat gemeldet. Doch der Vergleich mit anderen Datenauswertungen relativiert diesen angeblichen Erfolg. Die Destatis-Daten zur Zahl der Apotheken und der dort Beschäftigten legen sogar nahe, dass Destatis nicht nur Daten von Apotheken erfasst. Das gemeldete Umsatzwachstum von 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr für die Zeit von Januar bis August 2020 passt hingegen zu anderen Datenquellen.

In einer Pressemitteilung vom 22. Oktober erklärte Destatis, die Apotheken hätten im August 2020 „preis-, kalender- und saisonbereinigt“ 3,8 Prozent mehr als im Vormonat umgesetzt. Im Vergleich zum Vor-Corona-Monat Februar ergebe sich „preis-, kalender- und saisonbereinigt“ ein Umsatzzuwachs von 1,7 Prozent. Im Zusammenhang mit der Pandemie erinnert Destatis an den März 2020, als viele Geschäfte geschlossen waren. Für die Apotheken sei der März dagegen der umsatzstärkste Monat seit Beginn dieser Statistik im Jahr 1994 gewesen. Gegenüber dem März 2019 hätten sie ein preis­bereinigtes Umsatzplus von 18,5 Prozent verzeichnet. Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren habe ein Umsatzplus von 11 Prozent verbucht.

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3 Prozent Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr

Weniger spektakulär wirken die etwas längerfristigen Betrachtungen. Nach Angaben von Destatis hätten die Apotheken von Januar bis August 2020 real (also preis­bereinigt) 3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum umgesetzt. Daraus folgert Destatis, die Apotheken würden „geringfügig“ von der aktuellen Gesundheitskrise profitieren. Für den Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren weist Destatis im gleichen Zeitraum 5,1 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahres­zeitraum aus.

Die Daten über die Apotheken sagen allerdings wenig aus, weil nicht zwischen preisgebundenen Rx-Arzneimitteln und dem übrigen Sortiment unterschieden wird. Bei den Rx-Arzneimitteln ist zudem die Absatzentwicklung für die Erträge der Apotheken wichtiger als die Umsatzentwicklung. Denn der Ertrag hängt zum großen Teil vom Festzuschlag ab, der pro Packung fällig wird. Die Umsätze werden dagegen durch Hochpreiser verzerrt.

Irritierende Apotheken- und Beschäftigtenzahlen

Weitere Angaben in der jüngsten Pressemitteilung von Destatis werfen zudem Zweifel an der Datengrundlage auf. Destatis meldet, im Jahr 2018 habe es in Deutschland rund 21.000 Apotheken mit rund 248.000 Beschäftigten gegeben. Gemäß Angaben der ABDA bestanden Ende 2018 jedoch nur 19.423 Apotheken, in denen 159.141 Personen beschäftigt waren. Insbesondere bei den Beschäftigten ergibt sich eine enorme Diskrepanz. Möglicherweise erfasst Destatis auch weitere Unternehmen, die Apothekern gehören, beispielsweise Sanitätshäuser und Reformhäuser. Auf jeden Fall ist die Datengrundlage damit kritisch zu betrachten.

Verzerrung durch „Bereinigung“

Doch auch die Auswertungsmethode ist zu hinterfragen. Denn die Destatis-Daten über die Apotheken­umsätze im August passen nicht in das Bild, das sich beispielsweise aus dem „Rohertrags-Monitor“ ergibt. Die AZ hatte im „Rohertrags-Monitor August 2020“ (siehe AZ 2020, Nr. 42, Seite 4) auf der Grundlage von Daten des Marktforschungsunternehmens Insight Health einen Umsatz der Apotheken von 4.662,0 Millionen Euro gemeldet. Im Juli waren es dagegen noch 5.237,6 Millionen Euro (siehe AZ 2020, Nr. 36, Seite 4). Demnach wäre der Umsatz im August um 11 Prozent gegenüber dem Juli gesunken. Außerdem berichtete der „Rohertrags-Monitor“, dass der Apothekenumsatz im August 2020 um 3,5 Prozent und der Absatz sogar um 6,5 Prozent gegenüber dem August 2019 gefallen sei. Gemäß diesen Daten fiel der Absatz zulasten der GKV um 5,7 Prozent und im OTC-Markt um 9,3 Prozent.

So große Unterschiede zu den Destatis-Daten sind vermutlich zu einem erheblichen Teil durch die „Preis-, Kalender- und Saisonbereinigung“ bei Destatis zu erklären. Die tatsächlichen Daten und die üblichen Angaben der Marktforschungsinstitute schwanken stets aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der Werktage in den verschiedenen Monaten. Wenn ­Destatis dies „herausrechnet“, sind die Daten nicht mehr vergleichbar. Die Preisbereinigung durch Destatis dürfte zu weiteren Verzerrungen führen. Solche Monatsdaten können damit Verwirrung stiften.

Außerdem bezieht sich der Roh­ertrags-Monitor auf Vor-Ort-Apotheken, die Destatis-Daten erfassen dagegen alle Apotheken in Deutschland. Da alle deutschen Versandapotheken auch eine Offizin vor Ort haben müssen, kann Destatis das nicht trennen. Wenn sich die Umsätze im Versand besser entwickeln, steigen daher die Destatis-Angaben im Unterschied zu spezielleren Marktforschungsdaten.

Bessere Übereinstimmung bei größeren Zeiträumen

Gemäß den Daten des Marktforschungsunternehmens IQVIA für den gesamten Markt der Arzneimittel und apothekenüblichen Waren stieg der Umsatz im ge­samten Apothekenmarkt, also einschließlich Versand, in diesem Jahr bis zur 29. Kalenderwoche (also bis Mitte Juli) um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Absatz ging dagegen um 2,8 Prozent zurück (siehe den Beitrag „Kein kompletter Einbruch, aber einige ungünstige Signale“ auf DAZ.online vom 2. September 2020). Das passt recht gut zu den Daten von Destatis, nach denen der Apotheken­umsatz von Januar bis August um 3 Prozent gegenüber dem Vor­jahreszeitraum gestiegen ist. ­Solche längerfristigen Daten erscheinen aussagekräftiger, zumal sich dabei „Bereinigungen“ um Kalendereffekte erübrigen. Doch auch dabei bleibt offen, wie sich die Umsätze auf Vor-Ort-Apotheken und Versender verteilen. |

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