Gesundheitspolitik

Kommentar: Abwiegeln und wegschauen

 Christine Ahlheim

Beim Kongress des Bundesverbands der Deutschen Versandapotheken (BVDVA) wurde es deutlich: Die Arzneimittelversender halten es für durchaus zeitgemäß, an der strikten Trennung zwischen Arzt- und Apothekerberuf zu rütteln. Walter Oberhänsli, Vorstandsvorsitzender der DocMorris-Mutter Zur Rose, hat mit der Übernahme des Telemedizin-Anbieters TeleClinic bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Zwar wiegelt er ab und bezeichnet das Geschäftsmodell lediglich als „Plattform, die Leistungserbringer mit Patienten ver­bindet“. Aber dennoch prophezeit er, dass die Grenzen verschwimmen werden. Man dürfe, so Ober­hänsli unter Anspielung an die von Friedrich II. verfügte Trennung von Arzt- und Apothekerberuf, „mit Fug und Recht“ nach der Relevanz einer Regelung fragen, die man vor 800 Jahren für richtig gefunden habe.

Der BVDVA-Vorsitzende Chris­tian Buse ging sogar so weit, dass er die Tätigkeit von ange­stellten Ärzten und angestellten Apothekern in privaten Krankenhäusern als Beispiel für eine bereits vollzogene Aufhebung der Grenzen zwischen den beiden Berufsgruppen heranzog. Dabei taugen die Verhältnisse im Krankenhaus überhaupt nicht als Vergleich, da der Klinikapotheker von einer vermehrten Verordnung von Medikamenten durch den Klinikarzt wirtschaft­lich nicht profitiert.

Der Politik, die sich bislang in Sachen Zur Rose/TeleClinic auf das im Patientendaten-Schutz-Gesetz verankerte Makelverbot verlässt, sollten solche Äußerun­gen die Augen öffnen. Wer jetzt noch wegschaut, ist entweder grenzenlos naiv oder absolut desinteressiert. Oder aber – und das wäre der schlimmste Fall – insgeheim ein Anhänger dieser Aufweichungsbestrebungen.

Dr. Christina Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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