Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Von anderen Branchen lernen

Der Sortimentsbuchhandel

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Nicht selten werden Parallelen zwischen Apotheken und dem Sortimentsbuchhandel gezogen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Preispolitik. Werden die Preise bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln vorgegeben, sind die Preise für Verlagserzeugnisse gleichwohl fixiert und dürfen vom Buchhandel nicht angepasst oder verändert werden, solange keine Ausnahmen wie modernes Antiquariat oder Mängelexemplare vorliegen. Diese sogenannte Preisbindung der zweiten Hand ist seit vielen Jahren in anderen Branchen des Einzelhandels abgeschafft. Mit der 2. Kartellnovelle aus den Jahren 1973/74 hatte der Gesetzgeber auch den Preiswettbewerb eröffnet, wo zuvor nahezu ausschließlich Qualitätswett­bewerb herrschte, nur im Buch­handel nicht. Von daher ergibt es durchaus Sinn, sich den Buch­handel genauer anzuschauen. Nur im Falle, dass Buchhändler auch sogenannte Non-Book-Artikel führen wie Schreibwaren, Spielwaren oder Süßigkeiten, können sie wie jeder andere Händler die Preise frei gestalten.

Auch bei der Warenbeschaffung ist der Buchhandel wie die Apotheken von starken Großhändlern abhängig. Im Buchhandel ver­ändert sich das Sortiment jedes Jahr signifikant. Das Verzeichnis lieferbarer Artikel ist demnach ständig zu aktualisieren, sodass sogenannte Barsortimente – also Buchgroßhändler – eine große Menge an Verlagserzeugnissen vorhalten müssen. Auch hier herrschen oligopolistische Marktstrukturen, nennenswerte Unternehmen mit Barsortimenten gibt es eine Handvoll. Ähnlich wie in Apotheken, werden nicht vorhandene Bücher vergleichsweise schnell beschafft. Ist das Buch lieferbar, ist es in der Regel am Folgetag da. Nun hören die Gemeinsamkeiten aber schon auf. Das Bedienpersonal sollte geschult sein, allerdings ist dies mit den pharmazeutischen Anforderungen an die Berufsgruppen in Apotheken nicht vergleichbar.

Werbung der Buchhändler ist demnach nicht auf Aktionspreise ausgelegt, sondern darauf, die Kundschaft fürs Lesen zu animieren. Daher spielt die gezeigte Auswahl an Büchern in Werbeprospekten die alles entscheidende Rolle, weniger der Preis. Hier kann der Buchhandel – ähnlich wie Apotheken – kaum glänzen, exklusive Sortimente sind nahezu ausgeschlossen oder nicht lohnend. Kein Verlag oder Autor würde sich ausschließlich auf eine Buchhandelskette stützen. Des­wegen sind ähnlich wie in Apotheken die Verfügbarkeit von Büchern, eine gute Auswahl, die freundliche und vor allem kompetente Fach­beratung, die kundenfreundlichen Öffnungszeiten, die gute Erreichbarkeit und eine dem Lesen zuträgliche Ladenatmosphäre die wesentlichen Treiber des Buchhandelserfolges.

Durch die Amazonisierung der Gesellschaft und durch den Umstand, dass das Buchsortiment der Ausgangspunkt für Amazon war, haben Buchhändler oft schon seit Jahren einen Bringdienst für nicht vorrätige Bücher. Gepaart mit der Nachhaltigkeitsdebatte, wird dies von manchen Händlern auch mit Fahrradkurieren erledigt, was insbesondere dem typischen gutbürgerlichen Publikum von Buchhändlern gut gefällt, Nachhaltigkeit hat Konjunktur.

Lesen und Buchkauf sind tendenziell rückläufig, eine Situation, die den gesamten Buchhandel zusammen mit den Verlagen zu Gemeinschaftsaktionen bewegt, insbesondere auch, um junge Menschen für das Lesen und das Buch zu begeistern. Derlei Aktivitäten schließen sich für Apotheken aus, denn die zusätzliche Einnahme von Arzneimitteln ist ethisch nicht vertretbar und gesellschaftlich nicht gewollt.

Doch kann man dennoch als Apotheke vom Buchhandel lernen. Die dort häufig gebotene Aufenthaltsqualität könnte für den einen oder anderen Apothekenumbau Pate stehen, die oft lockere, dennoch verbindliche Art in der Be­ratung zeigt, ohne den Beratungsbedarf in Apotheken zu bagatellisieren, wie man verbindlich und doch geschmeidig Fachgespräche führen kann, und die Art, wie ­Bücher platziert und präsentiert werden, könnte für den OTC- und Freiwahlbereich durchaus Impulse geben.

Noch ist die Gleichpreisigkeit der Bücher im Internet und im stationären Buchhandel gegeben, doch auch hier droht Ungemach. Seit rund 20 Jahren wird nun diskutiert, ob die Preisbindung der 2. Hand fallen soll. Befürchtet würde ein Ausbluten des Kulturgutes Buch, da dann mehr oder weniger nur noch gut verkäufliche, über Mengeneffekte deutlich billiger verkaufbare Werke den Ton angäben. Demnach dienen die Diskussionen im Buchhandel der Politik als Blaupause für Apotheken, denn dann würde, wie im Buchhandel zu befürchten, der Qualitätswettbewerb in einen Preiswettbewerb münden, was alles andere als erwünscht sein kann bei Arzneimitteln als Gütern der besonderen Art. |

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