Gesundheitspolitik

Kommentar: Per eRezept zum Höhenflug

Christine Ahlheim

Betrachtet man die Umsatzentwicklung der EU-Versender infolge der Corona-Krise, so kann es einen als Apotheker nur grausen (s. S. 4). Dazu kommt die bevorstehende Einführung des eRezepts, die nicht nur von den Unternehmen selbst lautstark begrüßt wird, sondern auch deren Aktienkurse in freudiger Erwartung ansteigen lässt. So führte die Verabschiedung des Patientendaten-Schutzgesetzes, mit dem das eRezept ab 2022 zur Pflicht wird, zu einem Höhenflug der Papiere von Zur Rose und der Shop Apotheke, der lediglich durch Gewinnmitnahmen abgebremst wurde.

Dabei handelt es sich um ein Nullsummenspiel: Was die Versender mehr umsetzen, geht den Vor-Ort-Apotheken verloren. Und auch wenn der Rx-Anteil der Versender derzeit noch überschaubar ist, so dürfte das eRezept in Verbindung mit den Rx-Boni als Brandbeschleuniger dazu führen, dass auch hier die Umsätze explodieren.

Dass dieser Entwicklung Einhalt geboten werden muss, um die flächendeckende Arznei­mittelversorgung zu erhalten, hat man in Berlin erkannt und will das Gesetz zum Schutz der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) im September im Bundestag einbringen. Die Sommerpause sollten die Politiker nutzen, um über Folgendes nachzudenken: Was passiert, wenn die EU-Kommission das VOASG nicht – wie von der SPD gefordert – absegnet? Wird es dann dennoch im Bundestag weiterverfolgt? Oder kommt dann das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandverbot? Die schlechteste Lösung wäre, das Problem in die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Denn bis dahin wären wieder viele Hundert Apotheken den EU-Versendern zum Opfer gefallen.

Dr. Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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