Recht

COVID-19 als Berufskrankheit

Wann es welche Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung gibt

ks | Trotz Corona-Krise ist die ­Tätigkeit im Homeoffice für Apothekenmitarbeiter keine Option. Umso mehr sind die Apotheken beim Arbeitsschutz gefordert. Doch was ist, wenn sich ein Apothekenangestellter mit SARS-CoV-2 infiziert? Handelt es sich dann um eine Berufskrankheit? Und was bedeutet das für den Versicherungsschutz?

Grundsätzlich gilt: Beschäftigte in Apotheken und deren berufsständischen Kammern stehen ­aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) während ihrer Arbeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Selbstständige Apotheker unter­liegen diesem Schutz hingegen nur dann, wenn sie sich freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert haben.

Hat sich ein Apothekenmitarbeiter im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit mit SARS-CoV-2 infiziert, bezahlt die gesetzliche Unfallversicherung statt der Krankenver­sicherung die Behandlung und übernimmt auch weitere Leistungen, wenn sie nötig sind. Für die Anerkennung eines solchen Versicherungsfalles (Berufskrankheit oder Arbeitsunfall) müssen allerdings gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

Laut BGW kommt für die Anerkennung als Berufskrankheit allein die BK-Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) in Betracht. Diese Berufskrankheit ist wie folgt beschrieben: „Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.“

Es geht also darum, dass die ver­sicherte Person in einem Bereich arbeitet, in dem sie einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist. Apotheken, so die BGW, sind dem „Gesundheitsdienst“ im Sinne dieser Berufskrankheit zuzurechnen. Anders sieht es hingegen bei einer Beschäftigung in einer Apothekerkammer aus. In einem solchen Fall kann die Erkrankung aber unter gewissen Voraussetzungen als ­Arbeitsunfall anerkannt werden (siehe im Folgenden).

Besteht nun der begründete Verdacht, dass eine Berufskrankheit vorliegt, ist eine entsprechende ­Anzeige durch den behandelnden Arzt und/oder den Arbeitgeber zu erstatten. Begründet ist der Verdacht im Falle von COVID-19, wenn ein positiver Erregernachweis auf SARS-CoV-2 vorliegt oder der klinische Verdacht auf COVID-19 bei gleichzeitigem Verdacht auf konkrete Kontakte mit nachweislich infizierten oder infektverdächtigen Personen besteht (ein abschließendes Testergebnis muss dann nicht abgewartet werden).

Sodann muss noch der Verursachungszusammenhang zwischen dem erhöhten Infektionsrisiko und dem Krankheitseintritt nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist erbracht, wenn die berufliche Verursachung „überwiegend wahrscheinlich“ ist. Im hier genannten Fall ist er in der Regel ­gegeben, wenn der Apotheken­mitarbeiter während des infrage kommenden Ansteckungszeitraums bei seiner Tätigkeit

  • Kontakt zu mindestens einer nachgewiesenen Infektionsquelle (z. B. Kunden, Kollegen, Untersuchungsmaterialien usw.) hatte,
  • nach der Art des Kontaktes eine Infektionsübertragung dabei konkret möglich war und
  • Umstände aus dem privaten Bereich einem Schluss auf die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit nicht entgegenstehen.

Übrigens: Selbst wenn in der ak­tuellen Situation die persönliche Schutzausrüstung (PSA) knapp war und deshalb z. B. keine Atemschutzmaske getragen wurde, schließt dies im Falle einer beruflich erworbenen Infektion den Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht aus. Eine Apotheke, die in der Not keine PSA bieten kann, muss keinen Regress durch die BGW fürchten. Allerdings sollten Apotheken immer wieder versuchen, die nötige Ausrüstung zu beschaffen und dies auch dokumentieren, empfiehlt die BGW.

Bei Tätigkeiten, die nicht von der BK-Nr. 3101 erfasst werden (Stichwort: Apothekerkammer), kann eine COVID-19-Erkrankung die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls erfüllen. Hier ist der Nachweis eines konkreten unmittelbaren beruflichen Kontaktes zu einer infektiösen Quelle aber schwieriger: Es muss ein Vollbeweis (= mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) erbracht werden. Dieser kann durchaus problematisch sein, wenn auch private Infektionsrisiken bestanden haben.

Wurde die COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit oder als Arbeitsunfall durch den Unfallver­sicherungsträger anerkannt, erbringt dieser die Leistungen der Heilbehandlung. Ist der betroffene Mitarbeiter arbeitsunfähig, zahlt die Unfallversicherung nach Ablauf der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ein Verletztengeld, um den Verdienstausfall auszugleichen. Dies wird auch während einer medizinischen Rehabilitation gezahlt. Zudem sind ggf. Renten- und Pflegeleistungen sowie Leistungen an Hinterbliebene und Sterbegeld möglich. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.