Gesundheitspolitik

Kommentar: Mehr als hehre Absichten?

Christine Ahlheim

Die Corona-Krise ist noch nicht bewältigt, aber die Bereitschaft der Verantwortlichen ist bereits groß, entsprechende Lehren zu ziehen. So kündigte Bundeskanz­lerin Angela Merkel kürzlich an, dass die Gesundheitspolitik nicht vergemeinschaftet werden, sondern „weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben“ solle. Auch wenn man sich angesichts der bisherigen Eingriffe der EU ins Apothekenwesen über das „weiterhin“ wundert, so scheint es der Kanzlerin doch ernst damit zu sein, die hohen Standards des deutschen Gesundheitssys­tems vor EU-Gleichmache­rei zu schützen. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn dürfte aus den verschärften Lieferengpässen in der Corona-Krise gelernt haben und ein verstärktes Engage­ment zeigen, um die Produktion wich­tiger Arzneistoffe nach Europa zurückzuholen.

Das klingt sehr erfreulich. Doch was wird aus diesen hehren Absichten, wenn die Corona-Krise bewältigt und die Schreckensbilder aus den italienischen Krankenhäusern vergessen sind? Und niemand mehr Angst davor hat, wegen fehlender Intensivmedikamente keine adäquate Versorgung zu bekommen?

Spätestens dann wird, so ist zu befürchten, die EU-Kommission wieder versuchen, ihren Einfluss auf das deutsche Gesundheitssystem geltend zu machen. Und auch die Krankenkassen werden sich dagegen sträuben, mehr Geld für Arzneimittel aus heimischer Produktion auszugeben, wo doch die Herstellung in Asien viel günstiger ist.

Falls die Politik diesem Druck nicht standhält, muss man sie daran erinnern, was sie aus guten Gründen versprochen hat. Das könnte zur ersten Bewährungsprobe der dann neu gewählten ABDA-Spitze werden.

Dr. Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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