Gesundheitspolitik

Eigenherstellung gegen Lieferengpässe

Krankenhausapotheker fordern Erhalt der Herstellungsbereiche / Bundeswehr: Basismedikamente wieder selbst produzieren

cha | Die Lieferengpässe haben sich durch die Corona-Krise nochmals deutlich verschärft. Die Eigenherstellung fehlender Medikamente könnte Notsituationen in Krankenhäusern lindern. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Herstellungsabteilungen in den Klinikapotheken nicht dem Rotstift zum Opfer fallen.

Da die Wirkstoffherstellung vieler kleiner Moleküle in den letzten Monaten im chinesischen Gebiet Hubei geruht hat, rechnet die Direktorin der Apotheke der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Irene Krämer, mit weiteren Lieferengpässen bei essenziellen Arzneimitteln. Daher wurden Wirkstoffe wie Paracetamol, Ibuprofen und Trimethoprim/Sulfamethoxazol bestellt, und diese werden nun verkapselt.

Vor diesem Hintergrund betont Krämer gegenüber der AZ, wie wichtig es sei, in den großen Krankenhausapotheken die Herstellungsbereiche zu erhalten. Denn wenn immer mehr Klinikapotheken abgerüstet würden, gingen Wissen und Fertigkeiten verloren, die Arzneimittel eigenherzustellen. Damit im Bedarfsfall die Ausstattung und die Erfahrung nicht fehlten, müsse die Herstellung aber auch ständig praktiziert werden. Zudem sei wichtig, dass in den Krankenhausapotheken die Möglichkeit zur Herstellung von sterilen Arzneimitteln nicht aufgegeben werde. Sinnvoll sei beispielsweise, regelmäßig Arzneimittel herzustellen, für die Standardzulassungen vorhanden sind.

In den USA haben sich, berichtet Krämer weiter, 500 Krankenhäuser zusammengetan und gemeinsam eine Non-Profit-Organisation zur Arzneimittelherstellung gegründet. In einem eigenen Herstellungsbetrieb werden Arzneimittel produziert, die von Lieferengpässen betroffen sind – ein Modell, das Krämer sich auch gut für Deutschland vorstellen kann.

Oberster Bundeswehrarzt fordert Eigenproduktion

Auch der oberste Arzt der Bundeswehr verweist auf die Bedeutung der Eigenproduktion von Medikamenten. Bei den Streitkräften habe man nach dem Kalten Krieg aus betriebswirtschaftlichen Gründen darauf weitgehend verzichtet, äußerte der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Ulrich Baumgärtner, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. In der Corona-Pandemie zeige sich aber schmerzlich der Mangel an bestimmten Arzneien. „In der Krise stehen wir bei ihrer Beschaffung in Konkurrenz mit der ganzen Welt“, so der Generaloberstabsarzt. Daher fordert er, bei der dringend notwendigen Versorgung der Soldaten umzudenken und auch bestimmte Basismedikamente wieder selbst herzustellen. Ziel müsse daher „der Aufbau einer robusten Fähigkeit zur Herstellung von Arzneimitteln durch eigene Herstellungsstätten sein“. |

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