Gesundheitspolitik

ABDA im Krisenmodus

bro | Woran arbeitet die ABDA in Zeiten der Corona-Krise? Der Gesamtvorstand hat vergangenen Donnerstag getagt und die aktuellen Forderungen, Initiativen und Arbeitsschwerpunkte der Standesvertretung besprochen.

Die Chefinnen und Chefs der 34 Apothekerkammern und -verbände haben sich am 26. März in einer Video-Konferenz erstmals während der Corona-Krise ausgetauscht. Im Anschluss informierten ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz sowie Pressesprecher Reiner Kern über die aktuellen Forderungen, Initiativen und Arbeitsschwerpunkte der Standesvertretung der Apotheker. Rückblickend auf die vergangenen beiden Wochen sagte Schmidt, dass auf den Apotheken ein „ex­tremer Druck“ gelegen habe. Denn aufgrund eines „irrationalen Verhaltens der Kunden“ und wegen der inzwischen vielerorts installierten Eigenschutzmaßnahmen hätten die Apotheker wahnsinnig viel zu tun gehabt. Die Lage in den Apotheken habe sich in den vergangenen Tagen – auch wegen des Kontaktverbotes in der Öffentlichkeit – aber entspannt, so Schmidt.

Dank an die Kolleginnen und Kollegen

Um den Einsatz der Kolleginnen und Kollegen in Zeiten der Krise zu würdigen, fasste der Gesamtvorstand eine Entschließung, in der er den Teams ausdrücklich für ihren „unermüdlichen Einsatz“ dankt. „Sie haben Lieferengpässe ge­managt und in ihren Laboren Desinfektionsmittel hergestellt. Sie mussten Wege finden, das eigene Infektionsrisiko zu verringern. Sie müssen die verbleibenden Gesundheitsrisiken für sich selbst akzeptieren und haben mit der großen Verunsicherung weiter Bevölkerungsteile umzugehen. Dabei ­haben sie einmal mehr aufs Eindrücklichste den Wert und die Resi­lienz eines wohnortnahen und dezentralen Arzneimittelversorgungs­systems belegt“, heißt es darin.

Darüber hinaus informierte die ABDA-Spitze über die folgenden Forderungen und Maßnahmen:

Umgang mit möglichen Infektionen im Team

Schmidt erklärte, dass Apotheken­schließungen aufgrund von Infektionen vermieden werden müssten. Er wies darauf hin, dass das Bundesgesundheitsministerium die ABDA auf die neuen „Optionen zum Management von Kontaktpersonen unter medizinischem Personal bei Personalmangel“ des Robert Koch-Institutes (RKI) hingewiesen habe. Schmidt geht davon aus, dass diese Optionen auch für den Apothekenbetrieb gelten. Zur Erklärung: Das RKI hatte die Empfehlungen für medizinisches Personal, das Kontakt zu Corona-Infizierten hatte oder gar selbst infiziert ist, kürzlich gelockert. Demnach ist unter bestimmten Voraussetzungen und „in absoluten Ausnahmefällen denkbar“, dass auch positiv getestetes Personal weiter arbeitet, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Schmidt bezeichnete diese Umstellung als „sinnvoll“, weil es mit einer voranschreitenden Infektionswelle nicht mehr möglich sei, massenhafte Apothekenschließungen zu vermeiden, wenn weiterhin strikte Quarantäne-Regeln zu befolgen wären.

Schutzausrüstung

„Unbefriedigend“ findet es der ABDA-Präsident, dass die Apotheker in der Liste der Empfänger von neu beschaffter Schutzausrüstung (Masken, Kittel, Hauben etc.) erst sehr weit unten kämen. „Natürlich verstehen wir es, dass in der ersten Welle der Bestellungen nun Ärzte und Pfleger in den Kliniken versorgt werden. Wir weisen aber derzeit in unseren Gesprächen darauf hin, dass gerade die Apotheken häufig Kontakt mit noch unerkannten Infizierten haben.“

Desinfektionsmittel, Lieferengpässe, Rabattverträge

Die Herstellung von Desinfektionsmitteln ist laut Schmidt derzeit eine „Bewährungsprobe“ für die Apotheker. Was die Beschaffungsprobleme betrifft, sieht er die Großhändler am Zug. „Der Großhandel muss jetzt ran!“, sagte er. Nach Gesprächen mit den Grossisten gehe er aber davon aus, dass sich die Lage bald verbessere.

Was Lieferengpässe angeht, ging der ABDA-Präsident insbesondere auf die Kommunikation des Pro­blems ein. Die Standesvertretung müsse hier einen schwierigen Spagat hinlegen. Schließlich müsse man der großen Öffentlichkeit in der Laienpresse vermitteln, dass Panik nicht angebracht sei. „Die Menschen müssen verstehen, dass sie nicht gefährdet sind.“ Gleichzeitig sähen die Apotheker in ihrem Alltag natürlich genau das Gegenteil – nämlich, dass immer mehr wichtige Wirkstoffe fehlen. Die ABDA müsse in beide Richtungen kommunizieren. In Richtung Apotheker teilte Schmidt mit, dass man derzeit insbesondere an bürokratischen Erleichterungen für sie arbeite. Er sei stolz darauf, dass die ABDA das Bundesgesundheitsministerium (BMG) „besonders früh“ auf negative Auswirkungen einer Pandemie auf die Lieferengpass-Situation hingewiesen habe. Schon damals habe man „Erleichterungen beim Austausch“ von Arzneimitteln gefordert. Inzwischen haben die meisten Kassen im Bundesgebiet auch ihre Rabatt­vertragsregelungen gelockert. Schmidt forderte allerdings, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jetzt von seinen neuen Verordnungsrechten Gebrauch mache und den Apothekern „Rechts­sicherheit“ gebe, indem er die Rabattverträge komplett aussetzt. Er sei optimistisch, dass dies „kurzfristig und schnell gelingt“. Außerdem müssten so schnell wie möglich „alle Regelungen zu Reimporten“ ausgesetzt werden.

Vergütung von Botendiensten

Die AOK Baden-Württemberg bietet seit dieser Woche eine Vergütung von 2 Euro pro Botendienst an. Schmidt sagte, er gehe davon aus, dass nach der Phase des jetzigen Kontaktverbotes Lockerungen für Nicht-Risikogruppen folgen werden. Allerdings müssten dann insbesondere die Risikogruppen geschützt werden, indem beispielsweise ältere Menschen weiterhin nicht in die Apotheke kommen sollen. „Große Teile unserer klassischen Klientel werden uns dann wegfallen“, sagte Schmidt. Die Vergütung der AOK sei daher nicht ausreichend, es müsse flächendeckend eine Ver­gütung für Botendienste geben, forderte der ABDA-Präsident.

Rx-Boni-Verbot, EU-Versender, Notfallplan

Weiterhin sprach Schmidt das Apotheken-Stärkungsgesetz an, das nach wie vor nicht in den Bundestag eingebracht wurde. Es enthält noch zwei elementare Forderungen der Apothekerschaft: die pharmazeutischen Dienstleistungen und das Rx-Boni-Verbot für den GKV-Markt. Zuletzt hatte es aus der Unionsfraktion Signale gegeben, dass man das Gesetz bald ins Parlament einbringen wolle. Schmidt geht nun aufgrund der Krise aber davon aus, dass das Gesetz nicht so schnell im Bundestag behandelt wird. Das wäre eine „Illusion“, so der ABDA-Präsident.

Im Blick hat die ABDA auch die EU-Versender. DAZ.online hatte am vergangenen Mittwoch berichtet, dass nun auch DocMorris und die Shop Apotheke ihre Paracet­amol-Verkäufe nach der Anordnung des BMG auf maximal eine Packung einschränken. Schmidt sagte, es gebe aber weiterhin „Meldungen und Berichte“, dass die vorgeschriebenen Höchstmengen dort nicht eingehalten würden. „Das BMG muss hier klarstellen, dass sich alle an die neuen Regeln halten müssen“, forderte er.

Auf die Frage, was passiert, wenn aufgrund von immer mehr Infektionen doch so viele Apotheken schließen müssen, dass die Versorgung beeinträchtigt ist, räumte Schmidt ein, keinen Notfallplan zu haben: „Nein, das können wir in Berlin nicht klären. Das müssen die Landesapothekerkammern vor Ort sicherstellen“, so der ABDA-Präsident.

Hilfe von Studierenden

Schmidt begrüßte zudem sehr, dass der Bundesverband der Pharmaziestudierenden eine Initiative gestartet hat, bei der Studenten den Apothekern ihre Hilfe anbieten. Der Präsident berichtete, dass er selbst eine Studentin derzeit in seiner Apotheke in die täglichen Abläufe einarbeite.

Öffentlichkeitsarbeit

Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, erklärte ABDA-Sprecher Kern, man habe eine „sehr, sehr intensive“ Pressearbeit betrieben, sodass die Apotheken nun vermehrt für ihre Arbeit in der Krise wahrgenommen würden. Als Beispiel nannte er die Titel-Geschichte in der „Bild am Sonntag“ vom 8. März, als Friedemann Schmidt und KBV-Chef Andreas Gassen gemeinsam mit Minister Jens Spahn ein Interview gaben. „Mit Verlaub, das war schon ein dickes Brett.“ Zusätzlich habe man nun eine Initiative auf Facebook gestartet, bei der die Apothekenteams Fotos von ihrer täglichen Arbeit an die ABDA schicken könnten und die ABDA diese dann in die Öffentlichkeitsarbeit einbinde. Und: Erst kürzlich habe man eine Kooperation mit dem Werbe-Vermarkter Ströer abgeschlossen. Anfang April seien „auf Tausenden Großflächen“ die Motive zu sehen, mit denen die ABDA auf die Mehrarbeit der Apotheker in der Krise hinweist.

ABDA-Wahlen im Dezember

Nicht zuletzt waren die im Dezember geplanten Vorstandswahlen Thema – denn die Amtsperiode der Spitzen vom DAV, Bundesapothekerkammer und des ABDA-Präsidiums laufen aus. Schmidt sagte, dass die Wahlen zur Not via Video-Schaltung stattfinden würden. Schon die Mitgliederversammlung im Juni solle virtuell stattfinden. |

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