Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Die Zukunft war früher auch besser!?

Prof. Dr. Andreas Kaapke 

Es war kein Geringerer als der ­bajuwarische Volksschauspieler Karl Valentin, der diesen Spruch prägte. Zum Ausdruck bringen wollte er sicher damit, dass Menschen dazu neigen, tendenziell eher Sorgen als Chancen mit der Zukunft zu verbinden.

Je dynamischer die Zeiten und je komplexer die Wirkungszusammenhänge sind, umso größer werden diese Empfindungen und demnach die Zukunftsängste. Es sind insbesondere makroökonomische und gesellschaftliche Bereiche, die sich dann auf den Mikrokosmos der Einzelperson niederschlagen. Schaut man auf Deutschland, Europa und die Welt, ist dies auch nachvollziehbar: Kirchen verlieren an Bedeutung, selbst die deutsche Fußballnationalmannschaft taugt nur noch eingeschränkt als gesellschaftlicher Kitt, der Staat marodiert in der Wahrnehmung der Bürger, die Einstellungen zu ihm werden negativer, die Einschätzung, dass der Staat seine Aufgaben gut wahrnehmen kann, eher unsicherer.

Bei Landtagswahlen gibt es praktisch keine absoluten Mehrheiten mehr, sondern Zweier-, Dreier- oder gar Viererbündnisse, und wie es im Bund wird, scheint alles andere als sicher. Mag man der SPD zugetan oder gerade nicht sein, jeder schaut mit Sorgen darauf, wie die Partei täglich an Relevanz verliert und den Begriff der Volkspartei zumindest gegenwärtig nicht ausfüllen kann. Und man macht sich etwas vor, wenn das Eindringen zum Beispiel linker, grüner oder gar wertkonservativer Parteien in die klassische CDU-, SPD- oder FDP-Wählerschaft als nicht dauerhaft bezeichnet wird. Es sind wieder die Per­sonen, die ziehen, weniger die Programme. Und kann man Europa trauen, den USA und gar Nordkorea, wohin entwickelt sich China und was passiert mit Russland mit oder nach Putin? Wohin steuern die Türkei oder Syrien?

Was sind dann die Ankerpunkte der Gesellschaft – Gemeinden, Dörfer, kleinere Gemeinschaften, Familien, Vereine und Freundschaften? Vermutlich alle!

In diesem Kontext stehen Apotheken als verlässliche Einheit gegenüber ihren Kunden da, auch wenn diese auch mal wildern, andere Vertriebskanäle nutzen oder Arzt und Apotheke zu umgehen ver­suchen. Nur wer übernimmt den Apotheken gegenüber die Verlässlichkeit in Sachen Zukunft? Ge­rade in regulierten Märkten muss sich der Regulierte auf den Regulierer verlassen können. Eine demnach volatile Politik in einer noch volatileren Welt macht dieses Bestreben nach Kontinuität nicht gerade besser. Zudem ist es eine kostspielige Sache, eine oder mehrere öffentliche Apotheken plus Warenbestand zu öffnen und zu unterhalten, was sich nicht per se innerhalb kurzer Zeit amortisiert. Und gelten die gesetzlichen Rahmenbedingungen von heute dann auch morgen oder übermorgen? Viele jetzt vor dem Eintritt in den Ruhestand und damit vor dem Verkauf ihrer Apotheke ­stehende Apothekerinnen und Apotheker dürften gerade leidvoll erfahren, dass sich die Bedingungen für einen Verkauf stark verändert haben und das Geschäfts­modell sich in eine etwas ungewissere, weniger komfortable Zukunft bewegt hat.

Müssen Apothekerinnen und Apotheker deshalb Zukunftsängste ­haben? Ich meine: Nein. Bei allem medizinischen Fortschritt: Menschen werden krank und benötigen Arzneimittel! Eine daran ausgerichtete Beratung und ein entsprechendes Dienstleistungsangebot kommen dazu. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird die Zahl der Personen mit signifikantem Arzneimittelbedarf steigen und nicht fallen. Ein punktueller Ärztemangel führt dazu, dass barrierefreie Zugänge zu medizinischen Produkten sehr gut von Apotheken geleistet werden können und müssen. Alle die, die bereit sind, die dafür notwendigen Wege mitzugehen, um den sich auch weiterhin ver­ändernden Anforderungen an die Distribution von Arzneimitteln effektiv und effizient zu begegnen, haben gute Chancen, vielleicht nicht per se am ursprünglich gewählten Standort. Hier müssen sich aber alle Händler und Dienstleister verändern. Eine Tankstelle ist auch von einem frequentierten Standort abhängig. Der Wille, die Bereitschaft und die Kraft zur Veränderung und zu lebenslangem Lernen werden demnach darüber entscheiden, ob Zukunftssorgen überflüssig oder berechtigt sind.

Die Zukunft war früher auch besser, war die Antwort des Komödianten Karl Valentin dazu. Der französische Schriftsteller Victor Hugo beantwortete die Frage deutlich positiver: Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte, für die Tapferen ist sie die Chance. „Nur Mut!“, gilt es den Apothekerinnen und Apothekern zuzurufen, „den Tapferen gehört die Zukunft!“ |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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